"Leichtes Licht"

Rezensent: Tilman Krause · 11.03.2005
Keine Spots und auch kein Flutlicht: bei Hans Pleschinski herrscht das "leichte Licht", die unspektakuläre Beleuchtung. Und so undramatisch, dafür aber gut verträglich ist auch die Geschichte, die der Münchner Autor uns dieses Mal erzählt.
Pleschinski gehört zu jener Generation der leider allzu oft übersehenen Autoren, die jetzt auch schon ein Werk vorzuweisen haben, obwohl sie immer noch als Nachwuchs firmieren. Er ist jetzt Ende 40, verdient sein Geld als Redakteur beim Bayerischen Rundfunk und hat vor allem mit seinen beiden großen Romanen "Brabant" und "Bildnis eines Unsichtbaren" gezeigt, dass er ein glänzender Stilist, ein fabulierfreudiger Erzähler, ein umfassend gebildeter Freund alles Schönen ist. Man weiß auch, dass er eine besondere Vorliebe für das 18. Jahrhundert hegt. Mehreren seiner Menschen hat er Bücher gewidmet, hat den Briefwechsel zwischen Voltaire und Friedrich dem Großen herausgegeben sowie die schreiberischen Hinterlassenschaften der Madame Pompadour.

Frankophil ist er also auch, wie man sieht. Finden sich die hier skizzierten Beschäftigungen und Vorlieben nun auch in seinem neuen Buch? Sie tun es. Das impressionistische Parlando seines Vorgängerromans "Bildnis eines Unsichtbaren" bildet auch den Grundduktus von "Leichtes Licht". Eine gewisse Grazie, etwas Genüssliches im Auskosten von Formulierungen, die manchmal das Pretiöse streifen, lässt den Charakter des irgendwie Französischen auch hier wieder aufscheinen. Die Fülle der Gestalten und Geschehnisse jedoch, die "Brabant" und "Bildnis eines Unsichtbaren" ausgezeichnet hatten, wird man hier vergeblich suchen.

In "Leichtes Licht" steht eine einzige Figur im Mittelpunkt. Und das ist eine Frau. Christine Perlacher hat es nach Hamburg verschlagen, und sie lebt dort jenes Leben der berufstätigen Single-Frau, das für unsere heutigen Großstadtbewohner so typisch ist: Sie hat sich eingerichtet in einer gewissen Einsamkeit, die aber immer wieder von heftigen Affären und von über die Jahre gleich bleibend intensiven Freundschaften unterbrochen und gemildert wird. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit, all das Stressige, missmutig Machende, Überfordernde, das unsere hässlichen Städte, rabiaten Arbeitsbedingungen, geschmacklosen Fernsehsendungen für uns bereithalten, empfindet die 42-Jährige sehr stark. Sie reflektiert es auch in diesem Buch in zahlreichen inneren Monologen. Aber sie will sich auch davon nicht unterkriegen lassen. Sie weiß sich auch im Alltag in Schönheit zu behaupten, und in diesem Buch erleben wir sie, wie sie in den Urlaub aufbricht beziehungsweise denselben eine Woche lang auf Teneriffa im Februar genießt.

Das Nichts von Handlung, das dieser kleine Roman bietet, entspricht der Stimmung seiner Hauptfigur: Süßes Nichtstun, Seele baumeln lassen ist Christine Perlachers Vorsatz. Und indem wir Leser ihr dabei zuschauen, ihre kleinen Erlebnisse am Flughafen, in der Maschine, auf den Gassen ihrer kanarischen Insel und am Strand zur Kenntnis nehmen, spannen wir selber auf die schönste Weise aus. Wir tanken Wohlgefühl. Wir schlürfen leichtes Licht, das uns für den Moment der Lektüre und auch noch recht lang danach wieder zum Leben sagen lässt: Es ist doch schön. Was hab ich’s gut!