"Lehmann hat Maßstäbe gesetzt"
Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Stefan Vesper, hat gefordert, dass sich der nächste Vorsitzende der Bischofskonferenz an seinem Vorgänger Kardinal Karl Lehmann orientiert. Sein Nachfolger solle die gleiche dialogische Form von Kirche in einer pluralen Gesellschaft und in einem demokratischen Staat weiterführen, sagte Vesper.
Birgit Kolkmann: Es sei Zeit für eine Wachablösung, für einen Generationswechsel, schrieb Kardinal Karl Lehmann an seine Mitbrüder in der Deutschen Bischofskonferenz und kündigte gestern seinen Rücktritt an – vor allem aus gesundheitlichen Gründen. Er habe sich in letzter Zeit übernommen, schreibt Lehmann. Kurz vor Weihnachten musste er wegen lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus und anschließend in die Rehabilitation. Im Februar wird er sein Amt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz niederlegen. Er bleibt aber Bischof in Mainz und will sich künftig in der Kirche Grundsatzfragen und auch der Ökumene widmen. – Wir sind jetzt verbunden mit Stefan Vesper, dem Generalsekretär des Zentralkomitees deutscher Katholiken. Schönen guten Morgen!
Stefan Vesper: Guten Morgen Frau Kolkmann!
Kolkmann: Herr Vesper, allenthalben wird dieser Rücktritt ja bedauert. Geht damit tatsächlich eine Ära in der katholischen Kirche zu Ende?
Vesper: Ja, ganz sicher. Karl Lehmann war ja länger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz als alle seine Vorgänger nach dem Krieg. Er hat das Amt prinzipienfest wie fromm, weltoffen wie fröhlich durchgeführt. Er war dialogisch. Wir haben mit ihm beste Erfahrungen gemacht und waren sehr froh über diese Amtszeit und freuen uns jetzt zunächst einmal, dass er bei uns bleibt als Bischof von Mainz und auch als wichtige Stimme im Katholizismus in Deutschland.
Kolkmann: Er galt ja vielen im Ringen mit Rom als Wortführer auch der Kritiker, als es zum Beispiel um die Schwangerenberatung ging, um eine Lockerung des Zölibats, was ja von vielen Katholiken in Deutschland auch als Forderung an ihn herangetragen wurde. Es ging um die Ökumene. War er aber nie wirklich so ein Wortführer der Kritiker?
Vesper: Ich weiß nicht, ob man das in diese Schablone pressen kann. Er war sicherlich eine Stimme des deutschen Katholizismus, die liberal zu kennzeichnen ist. Das ist aber eigentlich der Katholizismus in Deutschland über viele Jahrzehnte gewesen. Er hat eben vor allem ins Wort gebracht, was die Menschen hier bewegt und das kann ja nun nicht so falsch sein.
Kolkmann: Also ein Seelsorger im besten Sinne?
Vesper: Auf jeden Fall, denn wir haben beispielsweise mit ihm als Zentralkomitee sieben Katholikentage gemacht, von Berlin 1990 bis Saarbrücken 2006, und den ökumenischen Kirchentag, den großen ökumenischen Kirchentag zusammen mit den evangelischen Schwestern und Brüdern in Berlin 2003. Da war Karl Lehmann immer in Hochform zu sehen. Er ist von Veranstaltung zu Veranstaltung gegangen, hat große Vorträge, große Bibelarbeiten gehalten, war immer ansprechbar und hat mit uns immer den Schlussgottesdienst gefeiert und so bei den Katholikentagen für die katholische Kirche in Deutschland das Bild eines weltoffenen, aber frommen Katholizismus gezeichnet.
Kolkmann: Also ein liberaler und trotzdem integerer und loyaler Mann der Kirche und Roms?
Vesper: Auf jeden Fall. Wenn man versucht hat, Gegensätze aufzubauen zwischen Karl Lehmann und anderen Kardinälen oder auch den Päpsten in seiner Amtszeit, dann ist das immer falsch gewesen.
Kolkmann: Wer kann denn nun, wer wird ihn im Amt wahrscheinlich beerben?
Vesper: Das kann man natürlich heute nicht sagen und die Bischofskonferenz wird sich Ratschläge von außen oder von innen verbitten. Für uns ist wichtig, dass sein Wirken Maßstäbe gesetzt hat und dass der Nachfolger, der in diese großen Schuhe tritt, die gleiche dialogische Form von Kirche in einer pluralen Gesellschaft und im demokratischen Staat weiterführt, wie er es gemacht hatte. Die beste Orientierung oder der beste Auftrag, die beste Bitte auch an den Nachfolger ist, sich am Vorgänger zu orientieren.
Kolkmann: Da steht ja nun Bischof Reinhard Marx auch zur Debatte als ein möglicher Nachfolger. Er wäre einer aus der Riege der jüngeren. Da gäbe es ja noch mehr zu nennen, auch den Aachener Bischof. Wäre das eine mögliche Entwicklung und welche Chancen hat vor diesem Hintergrund überhaupt der konservative Flügel in der katholischen Kirche?
Vesper: Ich kann noch mal sagen, ob es konservative Flügel und liberale Flügel gibt, muss man sehr differenziert betrachten. Ich glaube der Vorsitzende der Bischofskonferenz muss zusammenführen. Er muss Spannungen ansprechen, aber auch dazu beitragen, dass unterschiedliche Sichtweisen die Bischofskonferenz nicht zerreißen. Das hat der Kardinal Lehmann vorbildlich gemacht. Das würde sicherlich auch Reinhard Marx können. Das ist aus meiner Sicht klar. Wir haben mit Bischof Marx beim Katholikentag in Saarbrücken 2006 beste Erfahrungen gemacht wie auch mit allen Bischöfen, mit denen wir den Katholikentag durchgeführt haben. Das wichtige ist aber, dass man als Bischofskonferenz zusammenarbeitet, und wir fordern oder bitten schon seit längerer Zeit darum, dass wir uns noch einmal stärker auf der Bundesebene gemeinsam verabreden, wie wir missionarisch Kirche sein wollen in diesem Land. Die Bistümer haben das in längeren Prozessen in den letzten Jahren getan. Auf der Bundesebene meinen wir, wäre eine stärkere Verabredung miteinander möglich, im Rahmen der Bischofskonferenz mit den Laien, so dass wir gemeinsam eine überzeugende Katholische Kirche und eine einladende Kirche in dieser Zeit sind.
Kolkmann: Können Sie sich vorstellen, dass sich da in den nächsten Jahren auch eine ganze Menge tut an weiteren Entwicklungen in der katholischen Kirche, was zum Beispiel auch die Rollen der Frauen angeht?
Vesper: Es sind ja die Fragen der richtigen Einbeziehung, der stärkeren und auch würdigeren Einbeziehung der Frau in die katholische Kirche wie auch andere Fragen, die die Amtszeit von Kardinal Lehmann bewegt haben. Das ist die Ökumene. Das ist auch die Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Eucharistie. Diese Fragen sind zum großen Teil noch offen und sie drängen. Es gibt Fragen, die nicht allzu lange unbearbeitet gelassen werden sollen, und diese gehören sicher dazu.
Stefan Vesper: Guten Morgen Frau Kolkmann!
Kolkmann: Herr Vesper, allenthalben wird dieser Rücktritt ja bedauert. Geht damit tatsächlich eine Ära in der katholischen Kirche zu Ende?
Vesper: Ja, ganz sicher. Karl Lehmann war ja länger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz als alle seine Vorgänger nach dem Krieg. Er hat das Amt prinzipienfest wie fromm, weltoffen wie fröhlich durchgeführt. Er war dialogisch. Wir haben mit ihm beste Erfahrungen gemacht und waren sehr froh über diese Amtszeit und freuen uns jetzt zunächst einmal, dass er bei uns bleibt als Bischof von Mainz und auch als wichtige Stimme im Katholizismus in Deutschland.
Kolkmann: Er galt ja vielen im Ringen mit Rom als Wortführer auch der Kritiker, als es zum Beispiel um die Schwangerenberatung ging, um eine Lockerung des Zölibats, was ja von vielen Katholiken in Deutschland auch als Forderung an ihn herangetragen wurde. Es ging um die Ökumene. War er aber nie wirklich so ein Wortführer der Kritiker?
Vesper: Ich weiß nicht, ob man das in diese Schablone pressen kann. Er war sicherlich eine Stimme des deutschen Katholizismus, die liberal zu kennzeichnen ist. Das ist aber eigentlich der Katholizismus in Deutschland über viele Jahrzehnte gewesen. Er hat eben vor allem ins Wort gebracht, was die Menschen hier bewegt und das kann ja nun nicht so falsch sein.
Kolkmann: Also ein Seelsorger im besten Sinne?
Vesper: Auf jeden Fall, denn wir haben beispielsweise mit ihm als Zentralkomitee sieben Katholikentage gemacht, von Berlin 1990 bis Saarbrücken 2006, und den ökumenischen Kirchentag, den großen ökumenischen Kirchentag zusammen mit den evangelischen Schwestern und Brüdern in Berlin 2003. Da war Karl Lehmann immer in Hochform zu sehen. Er ist von Veranstaltung zu Veranstaltung gegangen, hat große Vorträge, große Bibelarbeiten gehalten, war immer ansprechbar und hat mit uns immer den Schlussgottesdienst gefeiert und so bei den Katholikentagen für die katholische Kirche in Deutschland das Bild eines weltoffenen, aber frommen Katholizismus gezeichnet.
Kolkmann: Also ein liberaler und trotzdem integerer und loyaler Mann der Kirche und Roms?
Vesper: Auf jeden Fall. Wenn man versucht hat, Gegensätze aufzubauen zwischen Karl Lehmann und anderen Kardinälen oder auch den Päpsten in seiner Amtszeit, dann ist das immer falsch gewesen.
Kolkmann: Wer kann denn nun, wer wird ihn im Amt wahrscheinlich beerben?
Vesper: Das kann man natürlich heute nicht sagen und die Bischofskonferenz wird sich Ratschläge von außen oder von innen verbitten. Für uns ist wichtig, dass sein Wirken Maßstäbe gesetzt hat und dass der Nachfolger, der in diese großen Schuhe tritt, die gleiche dialogische Form von Kirche in einer pluralen Gesellschaft und im demokratischen Staat weiterführt, wie er es gemacht hatte. Die beste Orientierung oder der beste Auftrag, die beste Bitte auch an den Nachfolger ist, sich am Vorgänger zu orientieren.
Kolkmann: Da steht ja nun Bischof Reinhard Marx auch zur Debatte als ein möglicher Nachfolger. Er wäre einer aus der Riege der jüngeren. Da gäbe es ja noch mehr zu nennen, auch den Aachener Bischof. Wäre das eine mögliche Entwicklung und welche Chancen hat vor diesem Hintergrund überhaupt der konservative Flügel in der katholischen Kirche?
Vesper: Ich kann noch mal sagen, ob es konservative Flügel und liberale Flügel gibt, muss man sehr differenziert betrachten. Ich glaube der Vorsitzende der Bischofskonferenz muss zusammenführen. Er muss Spannungen ansprechen, aber auch dazu beitragen, dass unterschiedliche Sichtweisen die Bischofskonferenz nicht zerreißen. Das hat der Kardinal Lehmann vorbildlich gemacht. Das würde sicherlich auch Reinhard Marx können. Das ist aus meiner Sicht klar. Wir haben mit Bischof Marx beim Katholikentag in Saarbrücken 2006 beste Erfahrungen gemacht wie auch mit allen Bischöfen, mit denen wir den Katholikentag durchgeführt haben. Das wichtige ist aber, dass man als Bischofskonferenz zusammenarbeitet, und wir fordern oder bitten schon seit längerer Zeit darum, dass wir uns noch einmal stärker auf der Bundesebene gemeinsam verabreden, wie wir missionarisch Kirche sein wollen in diesem Land. Die Bistümer haben das in längeren Prozessen in den letzten Jahren getan. Auf der Bundesebene meinen wir, wäre eine stärkere Verabredung miteinander möglich, im Rahmen der Bischofskonferenz mit den Laien, so dass wir gemeinsam eine überzeugende Katholische Kirche und eine einladende Kirche in dieser Zeit sind.
Kolkmann: Können Sie sich vorstellen, dass sich da in den nächsten Jahren auch eine ganze Menge tut an weiteren Entwicklungen in der katholischen Kirche, was zum Beispiel auch die Rollen der Frauen angeht?
Vesper: Es sind ja die Fragen der richtigen Einbeziehung, der stärkeren und auch würdigeren Einbeziehung der Frau in die katholische Kirche wie auch andere Fragen, die die Amtszeit von Kardinal Lehmann bewegt haben. Das ist die Ökumene. Das ist auch die Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Eucharistie. Diese Fragen sind zum großen Teil noch offen und sie drängen. Es gibt Fragen, die nicht allzu lange unbearbeitet gelassen werden sollen, und diese gehören sicher dazu.