Lee "Scratch" Perry auf der Leinwand

Rein im Geiste, erfolgreich in der Musik

Der jamaikanische Reggae-Musiker und -produzent Lee "Scratch" Perry bei einem Konzert in Moskau am 12. Juni 2013
Der jamaikanische Reggae-Musiker und -produzent Lee "Scratch" Perry © dpa / ITAR-TASS / Dzhavakhadze Zurab
Von Carsten Beyer · 24.03.2016
Lee "Scratch" Perry ist Philosoph und Clown, Dichter und Paradiesvogel, Guru und Hofnarr in einer Person. Er hat den Dub erfunden und den Sound des jungen Bob Marley geprägt. Jetzt hat Volker Schaner den genialen Produzenten auf die Leinwand gebracht.
Er nennt sich "Jah Lion", "Super Ape", "Pipecock Jakxon" oder einfach nur "The Upsetter". Lee "Scratch" Perry hat viele Namen – und viele Gesichter. Der Jamaikaner gilt als Erfinder und Wegbereiter des Dub, einer Produktionsmethode, bei der durch das Auseinanderschneiden und Verfremden einzelner Tonspuren völlig neue Klänge entstehen.
Über viele Jahre hat der deutsche Filmemacher Volker Schaner Lee "Scratch" Perry mit der Kamera begleitet. Er zeigt ihn inmitten seines bunten, fröhlichen, manchmal auch etwas verwirrenden Universums, in dem die Rastafari- Religion, das omnipräsente Ganja und natürlich die Musik die Hauptrollen spielen.
"This is a special night tonight because the master is in the place!”
"Lee Perry ist sowas wie der Großvater der modernen Tanzmusik. Es gibt ja mittlerweile ein unüberschaubares Kaleidoskop der verschiedensten Genres und Sub-Genres. Aber so wie die Äste einer großen Eiche gehen sie alle auf eine Wurzel zurück – auf den Dub und auf Lee Perry!"
Der britische Produzent Martin Glover ist einer der vielen Kollegen, Freunde und Weggefährten, die in diesem Film zu Wort kommen, um die musikalischen Verdienste von Lee "Scratch" Perry zu würdigen. Trotzdem ist "Vision of Paradise" kein klassischer Dokumentarfilm.

Rastaman mit Schweizer Wahlheimat

Um dem besonderen Charakter seines Protagonisten gerecht zu werden, hat sich Volker Schaner das Genre der "fairytale documentary" aus gedacht – eine Mischung aus Interviews, animierten Märchenszenen aus der Rasta-Mythologie und privaten Aufnahmen des Sängers auf Reisen und im Studio.
"This is Lee ‘Scratch’ Perry, hahaha… who conquer all the empires, who conquer all the vampires!"
"Dieser Beat ruft zum Frieden auf, zur Einheit und zur Zerstörung des Bösen – also viel näher an den Schöpfer kann man kaum rankommen."
Lee "Scratch" Perry ist Philosoph und Clown, Dichter und Paradiesvogel, spiritueller Guru und Hofnarr in einer Person. Wenn er mit einer großen Perücke auf dem Kopf in seiner Schweizer Wahlheimat die Kühe ansingt, wenn er sich in Jamaika aus schleimigen Meeralgen grüne Rastazöpfe bastelt, dann kann man kaum glauben, dass dieser Mann eine der wichtigsten Figuren in der Musikgeschichte des 20. Jahrhundert ist. Ein genialer Produzent, der in seinem legendären "Black Arc"-Studio in Kingston nicht zuletzt auch den Sound des jungen Bob Marley geprägt hat.

Rein im Geiste, erfolgreich in der Musik

Auch wenn sich die Arbeit von Lee "Scratch" Perry im Laufe seiner Karriere immer wieder verändert hat, seine Philosophie ist stets die gleiche geblieben. Nur wer rein im Geiste ist, wer sich an die Regeln der Rastafari-Bewegung hält, der kann als Künstler Erfolg haben, das ist seit über 50 Jahren sein Credo

"Wenn ein Musiker für die göttliche Sache arbeitet, dann wird er von Gott inspiriert. Und wenn er für den Teufel arbeitet, dann sagt ihm der Teufel, was er zu tun hat. So einfach ist das. Man sollte niemals denken, dass es Gott egal ist, was die Menschen singen."
"Vision of Paradise” ist ein schräger Film über einen schrägen Musiker. Doch auch wenn die Kamera manchmal wackelt und die Schnitte nicht immer ganz sauber sind – unterhaltsam ist Volker Schaners Dokumentation jederzeit. "Ordnung braucht nur der Dumme, das Genie beherrscht das Chaos." – hat Albert Einstein mal gesagt. Wenn man diesen Film gesehen hat, ist man fast geneigt, es zu glauben.
"God save me. The King."
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