Lebensmittel Nummer eins

Wem gehört das Wasser?

Kinder in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa tragen Wasserkanister.
In vielen Ländern ist sauberes Wasser Mangelware und der Zugang wird für arme Menschen immer schwieriger. © Imago / Xinhua
Moderation: Axel Rahmlow · 04.05.2018
Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist seit einigen Jahren ein Menschenrecht. Dennoch sind weltweit hunderte Millionen Menschen davon ausgeschlossen. Die Versorgung mit unserem wichtigsten Lebensmittel ist zudem längst ein großes Geschäft geworden.
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Seit 2010 gibt es das Menschenrecht auf den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Doch noch immer sind weltweit über 840 Millionen Menschen davon ausgeschlossen.
Die Vereinten Nationen befürchten, dass bereits 2025 nur noch die Hälfte der Weltbevölkerung ausreichend mit der Ressource versorgt werden kann. Zudem ist Wasser zum großen Geschäft geworden – auch für die Lebensmittelkonzerne. Marktführer für Flaschenwasser ist Nestlé. Das Schweizer Unternehmen betreibt 95 Produktionsstandorte in 34 Ländern, darunter Südafrika, Pakistan und Äthiopien.

Protest gegen kommerzielle Nutzung

Immer mehr Menschen protestieren dagegen, dass ausgerechnet in wasserarmen Regionen Quellen angezapft werden, um sie kommerziell zu nutzen. Gleichzeitig beklagen Umweltorganisationen die steigende Wasserverschwendung in den Industriestaaten und durch die globale Landwirtschaft.

Über diese Fragen diskutieren im Wortwechsel:
Achim Drewes, der Leiter des Bereichs Public Affairs bei Nestlé Deutschland zu den Vorwürfen gegen Nestlé:
"Wir nehmen Menschen kein Wasser weg; auch das Abfüllen von Wasser führt nicht dazu, dass andere Menschen keinen oder einen schlechten Zugang zu Wasser haben. Wir haben eine ganz klare Prämisse: Die Regulierung von Wasser ist eine hoheitliche Aufgabe. Die Nutzung von Wasser für den menschlichen Konsum – sei es durch leitungsgebundene Versorgung, sei es durch Mineralwasser oder durch den Anbau von Nahrungsmitteln – ist eine hochwertige Verwendung. ( ...) Und wir versuchen, diese Bedürfnisse zu erfüllen, ohne allerdings in Rechte oder Bedürfnisse anderer Menschen einzugreifen."

Illusorische Ziele

Wilfried Bommert, der Sprecher des Instituts für Welternährung Berlin zum Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser:
"Bis 2030 sollen alle Menschen auf der Welt eine vernünftige, sichere und saubere Wasserversorgung haben. Das ist ein schönes Ziel – ich persönlich halte es für total illusorisch. Der wachsende Bevölkerungsdruck – vor allem in Asien und Afrika – und der Klimawandel werden dazu führen, dass die Wasser-Ressourcen immer weiter reduziert werden. Gleichzeitig werden sie immer weiter verdreckt; das, was wirklich sauber ist, wird immer knapper – und damit entsteht ein Markt.
Und in diesen Markt springen Unternehmen wie Nestlé, die Geld verdienen wollen. Das sind Shareholder-Unternehmen, die wollen Profite machen! Dafür sind sie da, die sind nicht da, um die Caritas zu ersetzen. Dass man da so viel Geld verdienen kann, liegt am deutlichen Versagen der Regierungen, die wir national da vorfinden – und am deutlichen Versagen der internationalen Gemeinschaft."
Eine pakistanische Frau füllt Gefäße mit Trinkwasser an einem Brunnen.
Eine pakistanische Frau füllt Gefäße mit Trinkwasser an einem Brunnen.© AFP/Arif Ali

Wasser als Allgemeingut

Martin Häusling, der agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament zur Problematik der Privatisierung von Wasser:
"Erst durch die Initiative ´right2water` konnte ja auch die EU davon abgebracht werden, tatsächlich Wasser in vielen Bereichen zu privatisieren. Und daraus haben sich zahlreiche politische Initiativen entwickelt. Und ein Teil dessen ist eine Initiative des Europäischen Parlaments, die auch den globalen Aspekt dabei betrachtet und also nicht nur in Europa das Wasser als Allgemeingut betrachtet, sondern auch in Ländern des globalen Südens.
Nur leider hält sich die EU-Kommission nicht daran. Wir verlängern jetzt das Abkommen mit Chile; wir haben ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten – also Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay – da spielt das Thema Privatisierung oder das Recht auf Zugang zu natürlichen Ressourcen überhaupt keine Rolle. Das haben wir auch kritisiert. Sondern da spielt das Geschäft mit Agrargütern eine Riesenrolle."

Verantwortung für den Fußabdruck

Benjamin Adrion, der Gründer der Wasserinitiative "Viva con Agua" zur Verantwortung jedes Einzelnen:
"Wir leben die Probleme ja vor, und die anderen laufen uns ja nach. Der unnachhaltige Fußabdruck, den haben vor allem wir – und die anderen kopieren das jetzt. Und daher trifft uns eine besondere Verantwortung, andere Dinge zu etablieren. Und natürlich geht es dabei nicht darum, das Wasser zu sparen beim Zähneputzen; damit kann ich das globale Thema rund um das Wasser nicht lösen. Aber natürlich die Frage: Was konsumiere ich? Wo kommen die Produkte her, was haben die für einen Fußabdruck – und in welchen Regionen hinterlassen die einen kritischen Fußabdruck? Das ist schon für uns alle möglich."
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