"Lebenslust - nach Einsatz des Lebens"

Er ist ein Mensch der Extreme: Reinhold Messner hat als erster Mensch der Welt 14 Achttausender bezwungen, 1978 bestiegt er ohne Sauerstoff den Mount Everest, 1990 durchquerte er zusammen mit Arved Fuchs die Antarktis. Auch mit 61 Jahren bleibt der Südtiroler mit dem charakteristischen Lockenkopf ein Mann, der seine körperlichen und mentalen Grenzen sucht. "Mein Interesse ist es, mich auszuliefern und zu sehen, wie ich funktioniere, wenn ich Angst kriege, wenn ich schwach bin, verzweifelt."
Im vergangenen Jahr erfüllte sich der Ausnahme-Bergsteiger einen lang gehegten Wunsch: Er ging 2000 Kilometer zu Fuß durch die Wüste Gobi, allein, ohne jegliche logistische Unterstützung. In seinem neuesten Buch "Gobi – Die Wüste in mir", das gerade im Verlag S. Fischer herausgekommen ist, schildert er seine Grenzerfahrungen in der Einsamkeit. "Die Längsdurchquerung der Gobi ist gelungen. Sie hat mich allerdings weder weise noch müde gemacht – sie hat mich nur alt aussehen lassen. Vor mir selbst. Nein, ich will nicht lamentieren. Auch die Kunst, mit dem eigenen Altern zurechtzukommen, will geübt sein: die einzige Herausforderung, die mir noch bleibt."

Reinhold Messner ist ein Mensch mit vielen Berufen und Berufungen: Mittelschulllehrer, Bergsteiger, Extremsportler, Buchautor und Politiker: 1999 kandidierte der wortgewaltige Umweltaktivist bei der Europawahl als Parteiloser für die italienischen Grünen und zog ins Straßburger Parlament ein.

Messner wäre nicht Messner, wenn er sich nicht auch für seine Domizile starke Plätze aussuchen würde, die er auch geschäftstüchtig zu vermarkten weiß: Seine Trutzburg ist Schoss Juval in der Nähe von Meran, mit Burg-Museum, Ökobauernhof, Weingut und Restaurant. Zurzeit baut er in der atemberaubenden Südtiroler Bergwelt das "Messner Mountain Museum" auf, einen Museumskomplex zum Thema "Mensch und Berg", in dem er die Geschichte des Bergsteigens, aber auch die Faszination und die Bedrohungen der Eis-und Bergwelt darstellen will.

Messner ist "einsamer Wolf" und "Familientier" zugleich. Sein Verhältnis zu Frauen beschreibt er gern so: "Wer mich haben will, muss mich gehen lassen."
Selbst das zweite von neun Kindern hat er mittlerweile drei Töchter und einen Sohn, mit dem er auch bereits eine Wüstenwanderung unternommen hat. Mit seiner Familie verbindet ihn aber auch seine schwerste Berg-Erfahrung: 1970 starb sein jüngerer Bruder Günther bei der Überquerung des Nanga Parbat, des neunthöchsten Berges der Welt, im Himalaja. Messner selbst verlor bei dieser Besteigung sechs Zehen. Jahrzehntelang bot das Schicksal des durch eine Lawine verschütteten Bruders Anlass zu Spekulationen. Messner ging gerichtlich gegen Behauptungen von Expeditionsmitgliedern vor, er habe seinen Bruder im Eis zurückgelassen, um seinen Rekord nicht zu gefährden. Erst 2005, nach 35 Jahren, wurden die sterblichen Überreste des Bruders nahe dem Biamir-Basislager in 4600 Metern Höhe gefunden. Auch sein Bruder Siegfried starb am Berg.

Nach all diesen Erfahrungen nennt er einen Schlüsselsatz für sein Leben: "Lebenslust - nach Einsatz des Lebens."
"Draußen will ich nach Hause – daheim treibt es mich fort". Der Grenzgänger und Visionär Reinhold Messner ist heute zu Gast bei Gisela Steinhauer, von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr in der Sendung "Radiofeuilleton – Im Gespräch" bei Deutschlandradio Kultur.

Informationen über Reinhold Messner unter: www.reinhold-messner.de