Lebenslügen und Familiengeheimnisse
Viele Frauen und Männer kommen zum Therapeuten, weil sie seit langem unter einer Familienlüge, einem tabuisierten Geheimnis leiden. Bis diese Menschen erkennen, dass das, was damals in der Kindheit geschah, die Ursache für die heutigen Probleme ist, vergehen meist Jahre harter Erinnerungs- und Erkenntnisarbeit. Doch richtiges Leben ist erst nach dem Ende der Lüge möglich, meint der Psychotherapeut Viktor Chu.
"Es gibt kein richtiges Leben im falschen…", formulierte 1951 der Philosoph Theodor W. Adorno in seiner berühmten Abhandlung "Minima Moralia". Das Falsche, von dem er sprach, besteht wohl auch im Aufstellen von lebenslangen Unwahrheiten, lllusionen und Täuschungen, vor denen ein wahres, also richtiges Leben kaum existieren kann.
Familien sind oft ein idealer Nährboden für das Gedeihen solcher Lügen. Doch während sich manche Menschen ihr Leben lang nicht aus den Verstrickungen der Familienlügen lösen, können andere irgendwann einfach nicht mehr. Sie wehren sich, und sprechen Familiengeheimnisse laut aus.
"Lebenslügen und Familiengeheimnisse" heißt das neue Buch des Arztes, Psychotherapeuten und Tai-Chi-Lehrers Dr. Viktor Chu.
Dr. Chu: "Ich habe mir Lebenslügen mal bildhaft vorgestellt wie ein Haus, das auf Sand aufgebaut ist. Man kann ein ganz kunstvolles, ein ganz solides Haus bauen, aber wenn das Fundament nicht stimmt, dann kommt immer etwas ins Rutschen. Es ist ja so, wenn wir uns was vorlügen, es bleibt ja meistens nicht bei einer Lüge, sondern auf die erste folgt die zweite, und so weiter, man fängt an, ein ganzes Lügengebäude aufzubauen, und irgendwann findet man sich in diesem Gebäude nicht mehr zurecht. "
Fast immer sind die heutigen Lügner die Belogenen von gestern. Anders gesagt sind die heutigen Täter fast immer die einstigen Opfer. Etwa die Hälfte des Buches ist diesem schicksalshaften Zustand gewidmet. So wird genau erklärt, was eigentlich eine Lebenslüge ist, wie sie entsteht, was Wahrheit ist und was Wahrhaftigkeit, und wie Gefühle die Wahrnehmung der Wirklichkeit verzerren können.
Eindringlich und leicht verständlich wird anhand von Beispielen und Zitaten beschrieben, wie fein, subtil und dicht man von der Lügenspinne eingewoben wird. Zu dem jahrtausendealten chinesischen Wissen bietet Viktor Chu eine andere Erklärung dessen an, was Lügen sehr konkret mit unseren Körper anstellen.
Dr. Chu: "Ich habe manchmal Patienten, Klienten, wo ich den Eindruck habe, die sind nicht mehr in ihrem Körper. Und dann ist es wichtig, ihnen ein bißchen nahezubringen, wie sie atmen, wie sie sitzen, wie sie stehen, wie sie gehen, dass sie zu sich selbst kommen. Weil wir eigentlich nur uns selbst haben, und natürlich auch die Rückmeldung durch unsere Umwelt, aber vor allem haben wir nur uns selbst, um eine Richtlinie zur Wirklichkeit zu haben. "
Manche Familiengeheimnisse, Tabus oder Lügen sind ungeheuerlich. Wie etwa jene, dass ein Vater irgendwann seinem Sohn ins Gesicht sagt, du bist ja garnicht mein Kind. Das kommt überall vor, auch in den sogenannten "besten" Familien. Und sowieso sind ja die "besten Familien" nicht selten hervorragende Trainingscamps für Lügen, Verschleiern oder Halbwahrheiten.
Macht dann eines der Familienmitglieder nicht mehr mit und steigt aus, bricht auch in den "besten" Familien" eine Welt zusammen. Wie sich das dann für den, der nicht mehr schweigt, anfühlt, beschreibt Viktor Chu beklemmend scharf. Denn er hat selbst erlebt, dass er als ein Verräter an dem System Familie dargestellt wurde.
Dr. Chu: "Man fühlt sich dann sehr falsch und man hat das Gefühl, vielleicht ist man verrückt, die anderen sind richtig, die anderen haben die richtige Meinung, den richtigen Glauben, die richtige Überzeugung. Und man selbst sei falsch. Man hat den Eindruck, ein Außenseiter zu sein. Man wird ja auch häufig zum Sündenbock gemacht, ist ausgeschlossen aus dem Familiensystem oder aus dem sozialen System. "
"Wahrheit", zitiert Viktor Chu Voltaire, "ist eine Frucht, die nur reif gepflückt werden soll." Wahrscheinlich ist man schon bei der "Wahrheitsernte", wenn man Herrn Chus Buch in die Hand nimmt. Man erkennt schnell, wie Lebenslügen funktionieren und einen daran hindern, "authentisch zu sein", wie man so sagt, und das richtige Leben zu leben. Am Ende des Buches wird im Kapitel: "Häutungen" viel von einer Maske gesprochen, die der Belogene oder der mit der Lüge maskierte nicht mehr braucht, wenn er den Weg geht, die Lüge aufzudecken.
Dr. Chu: "Und dann löst sich der Knoten und man merkt, dass das Leben weitergeht. Also, es geht mir als Psychotherapeut darum, dass das Leben weitergeht. Dass die Kinder und Kindeskinder ihr eigenes Leben leben können."
Fazit also ist: ein hilfreiches Buch, das für jene Menschen geschrieben ist, die endlich Schluß machen wollen mit dem Falschen in ihrem Leben. Es macht Mut, gerade zu bleiben, wenn man sich wehrt. Denn man versteht, dass es anderen auch so gegangen ist, die nicht mehr weiterlügen, oder sich nicht mehr weiter belügen lassen wollten.
Viktor Chu: "Lebenlügen und Familiengeheimnisse"
229 Seiten, ist im Mai 2005 im Verlag Kösel, München, erschienen
Familien sind oft ein idealer Nährboden für das Gedeihen solcher Lügen. Doch während sich manche Menschen ihr Leben lang nicht aus den Verstrickungen der Familienlügen lösen, können andere irgendwann einfach nicht mehr. Sie wehren sich, und sprechen Familiengeheimnisse laut aus.
"Lebenslügen und Familiengeheimnisse" heißt das neue Buch des Arztes, Psychotherapeuten und Tai-Chi-Lehrers Dr. Viktor Chu.
Dr. Chu: "Ich habe mir Lebenslügen mal bildhaft vorgestellt wie ein Haus, das auf Sand aufgebaut ist. Man kann ein ganz kunstvolles, ein ganz solides Haus bauen, aber wenn das Fundament nicht stimmt, dann kommt immer etwas ins Rutschen. Es ist ja so, wenn wir uns was vorlügen, es bleibt ja meistens nicht bei einer Lüge, sondern auf die erste folgt die zweite, und so weiter, man fängt an, ein ganzes Lügengebäude aufzubauen, und irgendwann findet man sich in diesem Gebäude nicht mehr zurecht. "
Fast immer sind die heutigen Lügner die Belogenen von gestern. Anders gesagt sind die heutigen Täter fast immer die einstigen Opfer. Etwa die Hälfte des Buches ist diesem schicksalshaften Zustand gewidmet. So wird genau erklärt, was eigentlich eine Lebenslüge ist, wie sie entsteht, was Wahrheit ist und was Wahrhaftigkeit, und wie Gefühle die Wahrnehmung der Wirklichkeit verzerren können.
Eindringlich und leicht verständlich wird anhand von Beispielen und Zitaten beschrieben, wie fein, subtil und dicht man von der Lügenspinne eingewoben wird. Zu dem jahrtausendealten chinesischen Wissen bietet Viktor Chu eine andere Erklärung dessen an, was Lügen sehr konkret mit unseren Körper anstellen.
Dr. Chu: "Ich habe manchmal Patienten, Klienten, wo ich den Eindruck habe, die sind nicht mehr in ihrem Körper. Und dann ist es wichtig, ihnen ein bißchen nahezubringen, wie sie atmen, wie sie sitzen, wie sie stehen, wie sie gehen, dass sie zu sich selbst kommen. Weil wir eigentlich nur uns selbst haben, und natürlich auch die Rückmeldung durch unsere Umwelt, aber vor allem haben wir nur uns selbst, um eine Richtlinie zur Wirklichkeit zu haben. "
Manche Familiengeheimnisse, Tabus oder Lügen sind ungeheuerlich. Wie etwa jene, dass ein Vater irgendwann seinem Sohn ins Gesicht sagt, du bist ja garnicht mein Kind. Das kommt überall vor, auch in den sogenannten "besten" Familien. Und sowieso sind ja die "besten Familien" nicht selten hervorragende Trainingscamps für Lügen, Verschleiern oder Halbwahrheiten.
Macht dann eines der Familienmitglieder nicht mehr mit und steigt aus, bricht auch in den "besten" Familien" eine Welt zusammen. Wie sich das dann für den, der nicht mehr schweigt, anfühlt, beschreibt Viktor Chu beklemmend scharf. Denn er hat selbst erlebt, dass er als ein Verräter an dem System Familie dargestellt wurde.
Dr. Chu: "Man fühlt sich dann sehr falsch und man hat das Gefühl, vielleicht ist man verrückt, die anderen sind richtig, die anderen haben die richtige Meinung, den richtigen Glauben, die richtige Überzeugung. Und man selbst sei falsch. Man hat den Eindruck, ein Außenseiter zu sein. Man wird ja auch häufig zum Sündenbock gemacht, ist ausgeschlossen aus dem Familiensystem oder aus dem sozialen System. "
"Wahrheit", zitiert Viktor Chu Voltaire, "ist eine Frucht, die nur reif gepflückt werden soll." Wahrscheinlich ist man schon bei der "Wahrheitsernte", wenn man Herrn Chus Buch in die Hand nimmt. Man erkennt schnell, wie Lebenslügen funktionieren und einen daran hindern, "authentisch zu sein", wie man so sagt, und das richtige Leben zu leben. Am Ende des Buches wird im Kapitel: "Häutungen" viel von einer Maske gesprochen, die der Belogene oder der mit der Lüge maskierte nicht mehr braucht, wenn er den Weg geht, die Lüge aufzudecken.
Dr. Chu: "Und dann löst sich der Knoten und man merkt, dass das Leben weitergeht. Also, es geht mir als Psychotherapeut darum, dass das Leben weitergeht. Dass die Kinder und Kindeskinder ihr eigenes Leben leben können."
Fazit also ist: ein hilfreiches Buch, das für jene Menschen geschrieben ist, die endlich Schluß machen wollen mit dem Falschen in ihrem Leben. Es macht Mut, gerade zu bleiben, wenn man sich wehrt. Denn man versteht, dass es anderen auch so gegangen ist, die nicht mehr weiterlügen, oder sich nicht mehr weiter belügen lassen wollten.
Viktor Chu: "Lebenlügen und Familiengeheimnisse"
229 Seiten, ist im Mai 2005 im Verlag Kösel, München, erschienen