Leben zu viert
Das Streichquartett als Lebensform - darum geht es in Sonia Simmenauers Sachbuch "Muss es sein?". Es ist ein sehr persönliches Buch über die beglückenden und schwierigen Momente im Leben von Kammermusikern. "Es muss sein", ist die Antwort der Autorin auf die selbst gestellte Frage.
Das Streichquartett gilt als die Königsdisziplin der Kammermusik. Nicht nur, weil es enorme Anforderungen an seine Interpreten stellt und den Ruf hat, besonders "intellektuelle" Musik zu sein - Goethes berühmtes Urteil über das Streichquartett als "Unterhaltung zwischen vier vernünftigen Leuten" ist mittlerweile Allgemeingut. Herausragend ist die Gattung auch deshalb, weil viele Komponisten einige ihre bedeutendsten Werke für die vier Streicher geschrieben haben - allen voran Ludwig van Beethoven.
"Muss es sein?"- so heißt das berühmte Motto im Schlusssatz seines Streichquartetts Opus 135, dem letzten großen Werk Beethovens vor seinem Tod. Der Satz trägt die Bezeichnung "Der schwer gefasste Entschluß". Die Konzertagentin Sonia Simmenauer verwendet diese Frage "Muss es sein?" als Titel ihres sehr persönlichen Buchs über das Streichquartett als Lebensform - mit all seinen einzigartigen und beglückenden wie auch schwierigen oder profanen Momenten.
Lohnt es all die Mühen und Einschränkungen - das Leben zu viert? Muss es sein? Diese Frage beantwortet Sonia Simmenauer auf der letzten Seite ihres schmalen Bandes ganz schlicht und deutlich mit drei Worten: "Es muss sein."
Unprätentiös und klar werden Einblicke ins Leben eines professionellen Streichquartetts präsentiert. 27 lose, unverbundene Kapitel behandeln ganz verschiedene, durchaus auch handfeste und praktische Aspekte - quasi als Handbuch zum besseren Verständnis und Umgang mit der besonderen Spezies des homo streichquartetticus.
Die Kapitel lauten zum Beispiel: "Wieso ausgerechnet Streichquartett?" oder "Auf Tournee" oder "Probenarbeit"" oder "Namensgebung". Im angeregten feuilletonistischen Plauderton, mit fast psychologischer Genauigkeit, dabei ausgestattet mit profunden Kenntnissen und großem Insider-Wissen, verrät Sonia Simmenauer hier viele Geheimnisse aus dem Alltag von vier Menschen, die durch ihre frei gewählte kammermusikalische Besetzung auf Gedeih und Verderb - und manchmal über Jahrzehnte hinweg - aufeinander angewiesen sind.
Ob sich einer der Musiker den Finger bricht, um die Gesundheit seines Lebenspartners bangt oder sich gar mit dem Gedanken trägt, auszusteigen: immer sind alle vier Musiker betroffen.
Sonia Simmenauer schöpft in diesem Buch aus ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit Streichquartetten. Sie hat berühmte Ensembles wie das Alban Berg Quartett und das Guarneri-Quartett als Kammermusik-Agentin betreut und hält viele anschauliche, auch witzige Beispiele und Anekdoten aus dieser Zusammenarbeit bereit.
Sie zitiert aber auch Briefe und Aussagen wichtiger Musiker, allen voran Walter Lewin (vom LaSalle-Quartett) und Günther Pichler (Alban Berg Quartett), von denen sie viel gelernt hat - zum Beispiel, eine Konzerttournee so zu planen, dass genug Zeit zum Durchatmen bleibt.
Die Autorin verrät aber auch einiges von sich selbst, und gerade das macht dieses Buch so charmant und einzigartig. Als Kind einer deutsch-jüdischen Familie in der Nähe von Paris aufgewachsen, fühlte sie sich erst dann nicht mehr fremd, als sie zur Musik und Sprache ihres Elternhauses und konkret in die Heimatstadt des Vaters Hamburg zurückkehrte.
Streichquartett-Musik spielte in diesem Zusammenhang eine ganz besondere Rolle. Dieses so informative wie anregende Buch ist - mit seinem Titel gesprochen - natürlich ein Muss für alle Fans der Streichquartett-Musik. Aber es sei auch denjenigen ans Herz gelegt, die sich für den Alltag und für die Besonderheiten eines professionellen Musikerlebens interessieren.
Rezensiert von Olga Hochweis
Sonia Simmenauer: Muss es sein? – Leben im Quartett
Berenberg Verlag, Berlin 2008
140 Seiten, 19 Euro
"Muss es sein?"- so heißt das berühmte Motto im Schlusssatz seines Streichquartetts Opus 135, dem letzten großen Werk Beethovens vor seinem Tod. Der Satz trägt die Bezeichnung "Der schwer gefasste Entschluß". Die Konzertagentin Sonia Simmenauer verwendet diese Frage "Muss es sein?" als Titel ihres sehr persönlichen Buchs über das Streichquartett als Lebensform - mit all seinen einzigartigen und beglückenden wie auch schwierigen oder profanen Momenten.
Lohnt es all die Mühen und Einschränkungen - das Leben zu viert? Muss es sein? Diese Frage beantwortet Sonia Simmenauer auf der letzten Seite ihres schmalen Bandes ganz schlicht und deutlich mit drei Worten: "Es muss sein."
Unprätentiös und klar werden Einblicke ins Leben eines professionellen Streichquartetts präsentiert. 27 lose, unverbundene Kapitel behandeln ganz verschiedene, durchaus auch handfeste und praktische Aspekte - quasi als Handbuch zum besseren Verständnis und Umgang mit der besonderen Spezies des homo streichquartetticus.
Die Kapitel lauten zum Beispiel: "Wieso ausgerechnet Streichquartett?" oder "Auf Tournee" oder "Probenarbeit"" oder "Namensgebung". Im angeregten feuilletonistischen Plauderton, mit fast psychologischer Genauigkeit, dabei ausgestattet mit profunden Kenntnissen und großem Insider-Wissen, verrät Sonia Simmenauer hier viele Geheimnisse aus dem Alltag von vier Menschen, die durch ihre frei gewählte kammermusikalische Besetzung auf Gedeih und Verderb - und manchmal über Jahrzehnte hinweg - aufeinander angewiesen sind.
Ob sich einer der Musiker den Finger bricht, um die Gesundheit seines Lebenspartners bangt oder sich gar mit dem Gedanken trägt, auszusteigen: immer sind alle vier Musiker betroffen.
Sonia Simmenauer schöpft in diesem Buch aus ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit Streichquartetten. Sie hat berühmte Ensembles wie das Alban Berg Quartett und das Guarneri-Quartett als Kammermusik-Agentin betreut und hält viele anschauliche, auch witzige Beispiele und Anekdoten aus dieser Zusammenarbeit bereit.
Sie zitiert aber auch Briefe und Aussagen wichtiger Musiker, allen voran Walter Lewin (vom LaSalle-Quartett) und Günther Pichler (Alban Berg Quartett), von denen sie viel gelernt hat - zum Beispiel, eine Konzerttournee so zu planen, dass genug Zeit zum Durchatmen bleibt.
Die Autorin verrät aber auch einiges von sich selbst, und gerade das macht dieses Buch so charmant und einzigartig. Als Kind einer deutsch-jüdischen Familie in der Nähe von Paris aufgewachsen, fühlte sie sich erst dann nicht mehr fremd, als sie zur Musik und Sprache ihres Elternhauses und konkret in die Heimatstadt des Vaters Hamburg zurückkehrte.
Streichquartett-Musik spielte in diesem Zusammenhang eine ganz besondere Rolle. Dieses so informative wie anregende Buch ist - mit seinem Titel gesprochen - natürlich ein Muss für alle Fans der Streichquartett-Musik. Aber es sei auch denjenigen ans Herz gelegt, die sich für den Alltag und für die Besonderheiten eines professionellen Musikerlebens interessieren.
Rezensiert von Olga Hochweis
Sonia Simmenauer: Muss es sein? – Leben im Quartett
Berenberg Verlag, Berlin 2008
140 Seiten, 19 Euro