Leben mit sieben Kindern

Das Glück der Großfamilie

Die Leiterin des "Deutschen Kinderwagen Museums", Kristin Otto, steht im Schloss in Zeitz (Sachsen-Anhalt) neben einer Gruppe Zeitzer Kinderwagen aus der Zeit um 1900.
Wie lebt es sich in einer Großfamilie? © picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt
Von Rocco Thiede  · 20.12.2015
Sieben Kinder haben Cornelia und Harald Kretzschmar, vier eigene und drei Pflegekinder. Über das Leben in einer solchen Großfamilie, über die Bedeutung von Glück und den Wert des Glaubens haben wir mit ihnen gesprochen.
Cornelia und Harald Kretzschmar leben in Grünheide nicht weit vom südöstlichen Berliner Stadtrand. Sie sind Eltern von sieben Kindern, vier eigenen und drei ständigen Pflegekindern, die heute zwischen 12 und 26 Jahre alt sind. Cornelia macht den Haushalt und ist regelmäßig in der Kurzzeitpflege für Kinder in Not im Auftrag des Jugendamtes im Einsatz. Das bedeutet: In den vergangenen Jahren waren bei den Kretzschmars zusätzlich über 70 Pflegekinder auf Zeit zu Gast. Vater Harald arbeitet als Lehrer in Fürstenwalde. Die ersten Kinder, Lea, 26, Medizinerin mit zwei kleinen Kindern und Simon, 25, angehender Lehrer, sind schon aus dem Haus. Sie kommen aber immer wieder gern zu Besuch in das Haus ihrer Kindheit.
Zusammen mit ihren Eltern geben sie Auskunft über G wie Großfamilie, Glück, Glaube und mehr:
Glück
Harald: "Das ist so ein Glück, das nach und nach kommt. Das ist ja nicht mit einem Mal da und wenn man es planen würde, dann würde man vielleicht sagen, man plant sich das Glück, aber letztendlich ist es ja so, dass ein Kind nach dem anderen dazu kommt und von daher das Glück sich so nach und nach einstellt."
Cornelia: "Kinder bringen Glück. Was bei mehreren Kindern schön ist, ist einfach die Tatsache, dass die Kinder sich untereinander gut beschäftigen. Man wird irgendwann gelassener, weil man es gar nicht so perfekt hinbekommt, wie man es mit ein oder zwei Kindern machen möchte, alles durchgeplant, durchgestylt. Gerade diese Entspanntheit und Lockerheit, die man notwendigerweise dann ab drei und mehr Kindern haben muss, bewirkt, dass mehr Offenheit ist und dass die Kinder vielleicht auch mehr ausprobieren können."
Glaube
Harald: "Als Ehepaar sind wir beide aus christlichem Elternhaus gekommen. Es war natürlich auch unser Wunsch, unsere Kinder im christlichen Glauben zu erziehen. Und da spielen auch Werte mit eine Rolle, die wir versucht haben unseren Kindern weiterzugeben."
Simon: "Den Glauben habe ich als sehr wichtiges Element erlebt. Es war uns wichtig unseren Glauben mit anderen zu teilen und das war ein verbindendes Element und eine Sache, die ich nicht missen möchte."
Harald: "Es ist nicht eine Garantie, dass man einfach sagen kann, wenn ich an den lieben Gott glaube, dann passiert mir nichts, dann wird meiner Familie nur Gutes geschehen. Ich glaube, das ist einfach zu kurz gegriffen. Für uns gehört es sehr eng zusammen. Wir haben unter diesem Segen gestanden als Familie, und das war auch gut. Ich glaube aber nicht, dass man es verallgemeinern kann und als Rezept herausgeben kann: Alle großen Familien - im christlichen Glauben erzogene Familien - sind übernatürlich gesegnet."
Gemeinschaft
Cornelia: "Wir haben unheimlich viele Gäste und wir genießen es immer sehr, mit vielen Menschen Kontakt zu haben. Auch aus unterschiedlichen Ländern. Es bereichert einfach den Alltag. Es macht den Horizont offen und die Kinder lernen noch ganz andere Sichtweisen zu haben. Aber für uns spielt auch Gemeinschaft in der Gemeindeeine große Rolle. Man hat Austausch miteinander und ähnliche oder gleiche Ziele, das bereichert auch immer wieder. Es ist ein Grundsatz: Was man verschenkt, bekommt man auch ein Stück weit wieder."
Geschwisterbande
Lea: "Es war immer was los. Wir sind sehr eng zusammen aufgewachsen und ich habe das als sehr schön in Erinnerung und vermisse es jetzt auch teilweise, diesen Zusammenhalt, Austausch – das war eine schöne Bereicherung. Aber ich wüsste jetzt nicht genau, ob ich diesen gleichen Weg einschlagen würde. Das ist noch nicht so ganz sicher."
Simon: "Das ist wirklich sehr lustig, das geht ja exponentiell weiter mit den ganzen Enkelkindern. Zum Beispiel haben wir ein Familienhaus hier in Grünheide, das unter der Woche eigentlich relativ leer ist, wo die Großeltern sind, mit zwei jüngeren Pflegegeschwistern und am Wochenende sind es dann auf einmal zwanzig Leute mit drei, vier Enkelkindern, die dann auch ordentlich Geräusche und Stimmung machen im Haus. Es ist sehr schön, das erlebe ich schon als großes Fest immer wieder."
Geld
Harald: "Geld hatten wir, zumindest am Anfang sehr, sehr wenig. Geld war bei uns sehr knapp, weil meine Frau war zu Hause. Die hat auf die Kinder aufgepasst und ist nicht arbeiten gegangen und ich war noch teilweise in der Ausbildung gewesen und habe von daher auch wenig Geld gehabt. Wir haben dann Urlaube gemacht, die sehr einfach waren, die mit ganz wenig Geld hinzubekommen waren: Fahrradurlaub, Kanuurlaub und so was alles – wo man einfach sagt, da hat man viel Spaß und Freude, ist draußen in der Natur und kann trotzdem viel erleben auch mit ganz wenig Geld."
Gesellschaft
Cornelia: "Ich denke, dass vielleicht nicht ganz unbedingt die Gesellschaft dafür verantwortlich ist. Aber ich denke das Denken und was in der Öffentlichkeit an Meinungsäußerungen stattfindet und da vermisse ich sehr die Meinung, dass Kinder Glück sind, dass Kinder was Positives bedeuten, sondern es wird immer dargestellt, dass es ein Hemmnis ist, dass es eine Beschwerde ist, dass es Arbeit macht. Da würde ich mir wünschen, dass das positiv dargestellt wird."
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