"Laurence Anyways"

Von Anke Leweke · 26.06.2013
In "Laurence Anyways" kann man lachen und leiden, weinen und sich freuen, während man Laurence bei seinem Kampf gegen äußere Widerstände und Vorurteile zuschaut. Auf dem Weg zur Geschlechtsumwandlung wird die Kinoleinwand zum Experimentierfeld der Gefühle umfunktioniert.
Er gilt als das Wunderkind der internationalen Filmautorenszene. Mit zarten 24 Jahren hat Xavier Dolan drei Filme gedreht, geschrieben und produziert, in seinen ersten zwei stand er zudem selbst vor der Kamera. Der Name dieses kanadischen Regisseurs wird nicht selten in einem Atemzug mit François Truffaut genannt.

Tatsächlich macht dieser Vergleich Sinn, funktioniert doch auch Dolan die Leinwand zum freizügigen Experimentierfeld der Gefühle um. Sei es der 16-jährige Hubert aus seinem autobiografischen Regiedebüt "Ich habe meine Mutter getötet", der für seine Homosexualität kämpft, seien es die beiden Freunde Marie und Francis, die sich in "Herzensbrecher" in ein und denselben Mann verlieben - stets geht es um Menschen, die nicht die vorgegebene Wege der Liebe beschreiten, sondern sich ihre eigenen suchen.

Die dafür bereit sind, sich auf verschlungenen Pfaden zu verirren, oder sich in Sackgassen oder Einbahnstraßen wiederzufinden. In seinem neuen Film "Laurence Anyways" folgt Dolan dem beliebten Literaturlehrer und Schriftsteller Laurence Alia (Melvil Poupaud) bei seinen zaghaften Gehversuchen, fortan in Stöckelschuhen durchs Leben zu schreiten. Nicht nur seine Freundin Fred (Suzanne Clément), auch der Zuschauer reagiert verblüfft, als Laurence seinen Wunsch einer Geschlechtsumwandlung kundtut - oder besser herausschreit. Er will mit Fred weiter zusammenleben, aber eben als Frau.

"Laurence Anyways" ist ein wagemutiger, knallbunter Genremix, der von einer Identitätsfindung erzählt. Die unterschiedlichen Ton- und Tempowechsel, Stilmischungen dienen dem Helden als Rückendeckung. Man kann lachen und leiden, weinen und sich freuen, während man Laurence bei seinem Kampf gegen äußere Widerstände und Vorurteile zuschaut, bei seinem Kampf, zu sich selbst zu finden, ohne überhaupt zu wissen, wer dieses Selbst ist und wie es fühlt.

Kanada/Frankreich 2012 – Regie: Xavier Dolan, Darsteller: Melvil Poupaud, Suzanne Clément, Nathalie Baye, 160 Minuten

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