Laura Bushs Leben als Vorlage

15.12.2009
Der Roman der Erfolgsautorin Curtis Sittenfeld ist an die Biografie der ehemaligen First Lady Laura Bush angelehnt. Er erzählt vom Aufstieg eines Mädchens aus der Provinz, das sich in einen hemdsärmeligen Gouverneurssohn verliebt und dennoch seine politischen Ansichten nicht teilt.
Acht Jahre lang war Laura Bush für die Öffentlichkeit wie ein Phantom, versteckt hinter einer immer lächelnden Fassade. Zum Ende ihrer Zeit als First Lady begann aber die Washingtoner Bestseller-Autorin Curtis Sittenfeld über sie zu schreiben. Das Interesse für das Buch, das in den USA noch vor den Präsidentschaftswahlen 2008 unter dem vielsagenden Titel "American Wife" herauskam, war schon allein deswegen groß, weil Laura Bush – obwohl man wenig über sie wusste - die beliebteste Präsidentengattin seit Jacky Kennedy war.

Sie gilt als gebildet, liberal und kommunikativ, vor allem aber politisch eher den Demokraten zugeneigt. Die politischen Differenzen wie im fernen Kalifornien zwischen dem Gouverneur und der lokalen First Lady, Maria Shriver, öffentlich auszuhandeln, kam für die konservativen Kreise des Bush-Clans nicht infrage. Also blieb der Konflikt unter der Decke. Bei Curtis Sittenfeld heißt das Präsidentenpaar anders, auch viele Details wurden verändert, aber es ist Laura Bushs Geschichte: der Aufstieg eines Highschool-Mädchens aus der Provinz, das einen hemdsärmeligen Gouverneurssohn kennenlernt, sich verliebt und dennoch seine politischen Ansichten nicht teilt.

Im Laufe der Zeit lernt sie auch seine unangenehmen Seiten kennen, seine "Selbstsucht und kindischen Launen", seine "Schlüpfrigkeiten". Doch sie bleibt an seiner Seite, denn für ein Zurück ist es als First Lady zu spät, sie lernt Demut und Duldsamkeit, aber ohne sich zu entwürdigen. Dafür erinnert sie sich oft an ihre Jugend, das überbehütete Leben im Mittelstandshäuschen, die schrille Großmutter, die versucht im Amerika der frühen 60er ihr Lesbischsein zu leben, ihre erste große Liebe Andrew, der bei einem von ihr verschuldeten Verkehrsunfall ums Leben kommt - eine traumatische Erfahrung, die sie nie wieder loslässt und nach der sie Halt sucht. Den findet sie wiederum bei jenem Politaufsteiger, der später Präsident werden sollte.

Curtis Sittenfelds Roman durchzieht zwar eine gewisse Vorhersehbarkeit der Ereignisse, aber sie erliegt gleichzeitig nicht der Gefahr, die tatsächliche Biografie von Laura Bush erzählen zu wollen oder hier einen durchkomponierten Schlüsselroman vorzulegen, sondern sie nutzt Mrs. Bush nur als Vorlage, um ein differenziertes Sittenbild des Amerika der Nachkriegszeit zu zeichnen. Sie schafft dabei mit ihrer Hauptheldin, die aus ihrer eigenen Perspektive erzählt, eine nachvollziehbare Figur. Mit einer schlichten Sprache, die völlig im Dienst der Romangeschichte steht, gelingt Curtis Sittenfeld ein solider, lehrreicher, über weite Strecken spannend konstruierter Roman. Das Buch erfindet die Literatur nicht neu, aber es erzählt uns eine plausible und exemplarische Geschichte, und das ist schon sehr viel.

Besprochen von Vladimir Balzer

Curtis Sittenfeld: Die Frau des Präsidenten.
Roman, Aufbau Verlag,
Aus dem Amerikanischen von Gesine Schröder und Carina Tessari,
687 Seiten, 22,95 Euro