Laschet: Länder stärker in die Pflicht nehmen
Der Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, hat von den Ländern mehr Engagement für die Eingliederung von Zuwanderern verlangt. Dabei müssten sich die Länder auf den Spracherwerb bei Kindern und Jugendlichen konzentrieren, sagte der CDU-Politiker vor dem am Donnerstag in Berlin beginnenden Integrationsgipfel.
Marcus Pindur: Nach dem Bildungsgipfel nun in dieser Woche der Integrationsgipfel. Der Bildungsgipfel hatte der Bundeskanzlerin die Kritik eingetragen, es werde zu viel beraten, zu viel geredet und zu wenig beschlossen. Ähnlich könnte es beim Integrationsgipfel aussehen, der am Donnerstag dieser Woche stattfinden soll. Die Eingliederungshilfen für Zuwanderer sind an sich nicht umstritten, aber, wie Kritiker sagen, vieles sei gut gewollt, aber nicht gut umgesetzt. Wir sprechen jetzt mit dem nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet. Guten Morgen, Herr Laschet.
Armin Laschet: Guten Morgen.
Pindur: Der Spracherwerb gilt als der Schlüssel zur Integration, weil eben Integration am besten über den Arbeitsmarkt erfolgt. Aber gerade die Sprachkurse gelten als unterfinanziert. Ist das auch in Nordrhein-Westfalen der Fall?
Laschet: Ich habe nicht den Eindruck, dass sie unterfinanziert sind, aber man muss natürlich auch fragen: An wen sind sie gerichtet? Viele Integrationsmaßnahmen, die der Bund vornimmt, sind ja an Neuzuwanderer gerichtet, also die, die mit dem Zuwanderungsgesetz nach Deutschland kommen, und das sind in der Tat nicht sehr viele.
Unser großes Problem ist ja, dass wir eine nachholende Integrationspolitik machen müssen, dass wir das, was wir die letzten 30, 40 Jahre versäumt haben, jetzt in sehr kurzer Zeit nachholen- insbesondere bei jungen Erwachsenen, bei Jugendlichen und natürlich beginnend jetzt auch bei den Kindern. Da sind mehr die Länder in der Pflicht, eigene Sprachförderung zu machen, ergänzend zu den Kursen, die der Bund macht.
Pindur: Lassen Sie mich noch einmal bei den Geldern für die Sprachkurse bleiben. Der Bund zahlt den Ländern 2,35 Euro pro Sprachkurs pro Teilnehmer. Die FDP im Bundestag hat kürzlich moniert, dass die Sprachlehrer teilweise weniger verdienen als die ALG-II-Empfänger, die sie unterrichten. Wie könnten denn die Länder stärker dazu beitragen?
Laschet: Das ist nicht so, wie die FDP das beschreibt, denn es kommt ja darauf an: Wie viele Menschen sind in einem Sprachkurs? Wie ist dieser ganze Sprachkurs angelegt? Wir hatten vor wenigen Tagen in Bonn eine große internationale Konferenz, die Metropolis-Konferenz mit 1000 Migrationsforschern aus der ganzen Welt, und da ist dieses deutsche Modell gelobt worden. Nirgendwo in der Welt fördert man Sprache. Wenn man in die Vereinigten Staaten geht, geht jeder wie selbstverständlich davon aus, dass der, der zugewandert ist, selbst Englisch lernt.
Insofern ist das schon ein besonderes Modell, dass der Bund sich hier engagiert, Sprachförderung macht und einen Zuschuss auch zu den Lehrern gibt, die ja meistens noch andere Tätigkeiten ausüben. Denn die Frage ist ja: Wer wird denn zu diesen Sprachkursen verpflichtet? Das sind Menschen, die in den Arbeitsmarkt wieder eingegliedert werden sollen. Aber der größte Teil der Sprache, der muss stattfinden ganz früh mit vier Jahren in den Kindertagesstätten. Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen beispielsweise verpflichtende Sprachtests für alle Vierjährigen eingeführt und die Gelder dafür von 7 Millionen auf 28 Millionen erhöht. Also das ist die Sprachförderung, die eigentlich in die Zukunft gerichtet ist.
Pindur: Also die Länder sind Ihrer Ansicht nach tatsächlich gefordert, dort in die Sprachförderung auch mehr Geld reinzugeben?
Laschet: Ja, das haben sie beim letzten Integrationsgipfel zugesagt, über den ja jetzt Bilanz gehalten wird, und auch beim Bildungsgipfel, dieses Modell, jedes Kind mit vier Jahren auf Sprachkompetenz zu testen, dann schon zwei Jahre im Kindergarten zu fördern - individuell. Das kostet natürlich eine Menge Geld und dazu haben sich die Länder auch verpflichtet mit dem Ziel, dass jedes Kind, das in die Schule kommt, zumindest die deutsche Sprache spricht und gleiche Startchancen hat.
Pindur: Wie erreichen Sie denn nun zum Beispiel diejenigen Migranten, die schon seit Jahren, manchmal Jahrzehnten in Deutschland leben und deren Sprachkenntnisse immer noch unzureichend sind?
Laschet: Die muss man nicht erreichen. Ich finde, man muss bei den Kindern und den Jugendlichen ansetzen. Aber wenn sie sehen, dass jemand hier 30, 40 Jahre lang gearbeitet hat, der ist in den 60er-Jahren als Industriearbeiter hergekommen, häufig aus den bildungsfernsten Schichten, ist heute 60 oder 65 Jahre und spricht schlecht Deutsch, dem kann man das Angebot machen, an Sprachkursen teilzunehmen, aber man kann ihm nicht abverlangen, nun im hohen Alter noch einmal Deutsch zu lernen.
Nein, wir müssen auf die junge Generation setzen. Die hat noch ihre Berufsperspektive vor sich. Die muss gut ausgebildet sein. Die anderen haben ihre Lebensleistung vollbracht, und auch das muss man einmal anerkennen.
Pindur: Das will man sicherlich anerkennen, aber es gibt auch viele Migranten, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind und auf Dauer davon leben. Könnte man nicht auf diesem Umwege über Druck über die Arbeitsämter dort zu besseren Sprachkenntnissen führen?
Laschet: Das tut man ja, aber die haben meistens nicht Jahrzehnte hier gearbeitet. Wer Jahrzehnte gearbeitet hat, ist dann meistens schon Ende 50, 60, 65 Jahre und hat viele, viele Jahre Industriearbeit geleistet. Aber bei den Jungen, die Arbeitslosengeld beziehen, die müssen sich anstrengen. Denen kann man auch abverlangen, dass sie die Sprache lernen, und das geschieht auch schon in allen Arbeitsagenturen im ganzen Bundesgebiet.
Pindur: Neben den Sprachkursen gibt es auch noch weitere Integrationskurse - zum Beispiel die sogenannten Elternkurse. Was ist denn deren Ziel?
Laschet: Das ist auch eine ganz wichtige Maßnahme, dass man hier insbesondere Müttern anbietet, Sprache zu lernen, denn das haben wir auch in vielen Jugend- und Kindertageseinrichtungen gemerkt. Wenn die Mutter ebenfalls Deutsch spricht, dem Kind auch in der Schule dann helfen kann, ist das auch für das Kind eine ganz andere Bildungschance. Das kann einerseits gehen durch diese Sprachkurse, durch die Orientierungskurse ebenfalls, aber auch durch Elternarbeit in den Kindertagesstätten.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen Familienzentren geschaffen - die Bundeskanzlerin hat auf ihrer Bildungsreise eines davon besucht -, wo in der Zeit, in der die Kinder im Kindergarten sind, die Mütter Deutsch lernen. Das ist natürlich ebenfalls eine unter Bildungsgesichtspunkten ganz wichtige Maßnahme, die auch schon erste Erfolge zeitigt.
Pindur: Vielen Dank für das Gespräch.
Laschet: Bitte schön!
Pindur: Armin Laschet, Integrationsminister des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, im Deutschlandradio Kultur.
Armin Laschet: Guten Morgen.
Pindur: Der Spracherwerb gilt als der Schlüssel zur Integration, weil eben Integration am besten über den Arbeitsmarkt erfolgt. Aber gerade die Sprachkurse gelten als unterfinanziert. Ist das auch in Nordrhein-Westfalen der Fall?
Laschet: Ich habe nicht den Eindruck, dass sie unterfinanziert sind, aber man muss natürlich auch fragen: An wen sind sie gerichtet? Viele Integrationsmaßnahmen, die der Bund vornimmt, sind ja an Neuzuwanderer gerichtet, also die, die mit dem Zuwanderungsgesetz nach Deutschland kommen, und das sind in der Tat nicht sehr viele.
Unser großes Problem ist ja, dass wir eine nachholende Integrationspolitik machen müssen, dass wir das, was wir die letzten 30, 40 Jahre versäumt haben, jetzt in sehr kurzer Zeit nachholen- insbesondere bei jungen Erwachsenen, bei Jugendlichen und natürlich beginnend jetzt auch bei den Kindern. Da sind mehr die Länder in der Pflicht, eigene Sprachförderung zu machen, ergänzend zu den Kursen, die der Bund macht.
Pindur: Lassen Sie mich noch einmal bei den Geldern für die Sprachkurse bleiben. Der Bund zahlt den Ländern 2,35 Euro pro Sprachkurs pro Teilnehmer. Die FDP im Bundestag hat kürzlich moniert, dass die Sprachlehrer teilweise weniger verdienen als die ALG-II-Empfänger, die sie unterrichten. Wie könnten denn die Länder stärker dazu beitragen?
Laschet: Das ist nicht so, wie die FDP das beschreibt, denn es kommt ja darauf an: Wie viele Menschen sind in einem Sprachkurs? Wie ist dieser ganze Sprachkurs angelegt? Wir hatten vor wenigen Tagen in Bonn eine große internationale Konferenz, die Metropolis-Konferenz mit 1000 Migrationsforschern aus der ganzen Welt, und da ist dieses deutsche Modell gelobt worden. Nirgendwo in der Welt fördert man Sprache. Wenn man in die Vereinigten Staaten geht, geht jeder wie selbstverständlich davon aus, dass der, der zugewandert ist, selbst Englisch lernt.
Insofern ist das schon ein besonderes Modell, dass der Bund sich hier engagiert, Sprachförderung macht und einen Zuschuss auch zu den Lehrern gibt, die ja meistens noch andere Tätigkeiten ausüben. Denn die Frage ist ja: Wer wird denn zu diesen Sprachkursen verpflichtet? Das sind Menschen, die in den Arbeitsmarkt wieder eingegliedert werden sollen. Aber der größte Teil der Sprache, der muss stattfinden ganz früh mit vier Jahren in den Kindertagesstätten. Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen beispielsweise verpflichtende Sprachtests für alle Vierjährigen eingeführt und die Gelder dafür von 7 Millionen auf 28 Millionen erhöht. Also das ist die Sprachförderung, die eigentlich in die Zukunft gerichtet ist.
Pindur: Also die Länder sind Ihrer Ansicht nach tatsächlich gefordert, dort in die Sprachförderung auch mehr Geld reinzugeben?
Laschet: Ja, das haben sie beim letzten Integrationsgipfel zugesagt, über den ja jetzt Bilanz gehalten wird, und auch beim Bildungsgipfel, dieses Modell, jedes Kind mit vier Jahren auf Sprachkompetenz zu testen, dann schon zwei Jahre im Kindergarten zu fördern - individuell. Das kostet natürlich eine Menge Geld und dazu haben sich die Länder auch verpflichtet mit dem Ziel, dass jedes Kind, das in die Schule kommt, zumindest die deutsche Sprache spricht und gleiche Startchancen hat.
Pindur: Wie erreichen Sie denn nun zum Beispiel diejenigen Migranten, die schon seit Jahren, manchmal Jahrzehnten in Deutschland leben und deren Sprachkenntnisse immer noch unzureichend sind?
Laschet: Die muss man nicht erreichen. Ich finde, man muss bei den Kindern und den Jugendlichen ansetzen. Aber wenn sie sehen, dass jemand hier 30, 40 Jahre lang gearbeitet hat, der ist in den 60er-Jahren als Industriearbeiter hergekommen, häufig aus den bildungsfernsten Schichten, ist heute 60 oder 65 Jahre und spricht schlecht Deutsch, dem kann man das Angebot machen, an Sprachkursen teilzunehmen, aber man kann ihm nicht abverlangen, nun im hohen Alter noch einmal Deutsch zu lernen.
Nein, wir müssen auf die junge Generation setzen. Die hat noch ihre Berufsperspektive vor sich. Die muss gut ausgebildet sein. Die anderen haben ihre Lebensleistung vollbracht, und auch das muss man einmal anerkennen.
Pindur: Das will man sicherlich anerkennen, aber es gibt auch viele Migranten, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind und auf Dauer davon leben. Könnte man nicht auf diesem Umwege über Druck über die Arbeitsämter dort zu besseren Sprachkenntnissen führen?
Laschet: Das tut man ja, aber die haben meistens nicht Jahrzehnte hier gearbeitet. Wer Jahrzehnte gearbeitet hat, ist dann meistens schon Ende 50, 60, 65 Jahre und hat viele, viele Jahre Industriearbeit geleistet. Aber bei den Jungen, die Arbeitslosengeld beziehen, die müssen sich anstrengen. Denen kann man auch abverlangen, dass sie die Sprache lernen, und das geschieht auch schon in allen Arbeitsagenturen im ganzen Bundesgebiet.
Pindur: Neben den Sprachkursen gibt es auch noch weitere Integrationskurse - zum Beispiel die sogenannten Elternkurse. Was ist denn deren Ziel?
Laschet: Das ist auch eine ganz wichtige Maßnahme, dass man hier insbesondere Müttern anbietet, Sprache zu lernen, denn das haben wir auch in vielen Jugend- und Kindertageseinrichtungen gemerkt. Wenn die Mutter ebenfalls Deutsch spricht, dem Kind auch in der Schule dann helfen kann, ist das auch für das Kind eine ganz andere Bildungschance. Das kann einerseits gehen durch diese Sprachkurse, durch die Orientierungskurse ebenfalls, aber auch durch Elternarbeit in den Kindertagesstätten.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen Familienzentren geschaffen - die Bundeskanzlerin hat auf ihrer Bildungsreise eines davon besucht -, wo in der Zeit, in der die Kinder im Kindergarten sind, die Mütter Deutsch lernen. Das ist natürlich ebenfalls eine unter Bildungsgesichtspunkten ganz wichtige Maßnahme, die auch schon erste Erfolge zeitigt.
Pindur: Vielen Dank für das Gespräch.
Laschet: Bitte schön!
Pindur: Armin Laschet, Integrationsminister des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, im Deutschlandradio Kultur.