Lange Nacht über armenische Erinnerungswelten

Fern vom Ararat

Jerewan, im Hintergrund der Berg Ararat
Blick auf die armenische Hauptstadt Jerewan, im Hintergrund der Berg Ararat © AFP / STEPHANE DE SAKUTIN
Von Ruth Jung und Günter Liehr · 10.09.2016
"Die jüngere Schwester der jüdischen Erde", "das gelobte Land am Rande der Welt", in poetischen Bildern beschreibt der russisch-jüdische Dichter Ossip Mandelstam seine Eindrücke einer Reise durch die Republik Armenien. Es ist der Blick eines verfolgten Dichters auf ein uraltes christliches Kulturvolk, das seinerseits verfolgt und Opfer eines Genozids geworden war.
Mit der Verhaftung von über 200 armenischen Intellektuellen am 24. April 1915 im damaligen Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, setzte eine gezielte und geplante Tötungsmaschinerie ein, der nur wenige entkamen.
Auch 100 Jahre danach will die Türkei das Geschehen nicht als Völkermord anerkennen. Eine schwärende Wunde für die in der Diaspora lebenden Armenier: "Es gibt kein Familientreffen, keine Feier, wo dieses Thema nicht zur Sprache käme", sagt Mihran Dabag, Gründer des Instituts für Genozid- und Diasporaforschung in Bochum und selbst armenischer Herkunft, "Armenier teilen ihre Geschichte in vor dem Verbrechen und nach dem Verbrechen".
In einer Langen Nacht über armenische Erinnerungswelten kommen Armenier aus Deutschland wie auch aus Frankreich zu Wort, dem Land mit der größten armenischen Diaspora in Europa. Ganz unterschiedliche Lebensläufe, die doch alle eines gemeinsam haben: die über Generationen wachgehaltene Erinnerung an das Schicksal ihres Volkes. Wie es sich anfühlt, in Deutschland auf türkische Nationalisten und Genozid-Leugner zu treffen, auch darüber sprechen junge deutsche Armenier in dieser 'Langen Nacht'.