Landlust trotzt dem Krisenfrust

Von Michael Meyer |
Die Zeitschriftenbranche war von der Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr besonders betroffen: geringere Werbeeinnahmen, sinkende Auflagen. Doch in diesem Jahr blickten die Zeitschriftenverleger auf ihrer Jahrestagung optimistischer in die Zukunft. Das liegt vor allem am Erfolg solcher Zeitschriften wie „Landlust“ oder „Schöner wohnen“.
„Das Geschäft macht wieder Freude“, sagte der Geschäftsführer des Zeitungsverlegerverbands Wolfgang Fürstner heute in Berlin. Wenn Verleger in den vergangenen Jahren über ihre wirtschaftliche Lage berichteten, dann konnte man vor allem eines vernehmen: Das ewig gleiche Klagelied über sinkende Werbeeinnahmen, zurückgehende Auflagen, Werbeverbote aus Brüssel und die Konkurrenz der Öffentlich-Rechtlichen im Netz.

Das war auch heute nicht prinzipiell anders – jedoch haben die Zeitschriftenverleger zumindest etwas heiterere Mienen. Ein Prozent mehr Werbeeinnahmen in diesem Jahr, ebenso viel für nächstes Jahr erwartet man.

Allerdings: Die Zuwächse und Einbußen verteilen sich durchaus unterschiedlich. Während einzelne Segmente wie die Programmzeitschriften kontinuierlich an Auflage verlieren, gibt es einige Stars am Himmel, die sich verkaufen wie das sprichwörtliche geschnittene Brot: „Schöner Wohnen“ und „Landlust“ brechen Auflagenrekorde. Mit fast 750.000 Heften kratzt „Landlust“ schon fast an Auflagenrekorden, die sonst nur STERN oder SPIEGEL einfahren. Wie ist der Erfolg solcher Zeitschriften zu erklären?

Wolfgang Fürstner: „Meine Überzeugung ist, dass es in die Zeit passt, in der die Globalisierung uns die Themen weltweit ins Wohnzimmer bringt, das Bedürfnis nach Privatheit zunimmt, nach Vertrautheit und nach einer Welt, in der Sie sich ihre Zukunft vorstellen können und das macht gerade das Besondere eines Titels wie ‚Landlust‘ aus, genau dieses vermittelt er und ich könnte mir vorstellen, dass dieses Gefühl von Heimat und Vertrautheit ein Wesenselement dieses Erfolgs ist.“

Daneben sei natürlich immer ein möglichst originelles Konzept, eine klar konturierte Zielgruppe wichtig. Wer als erster am Markt ist, hat oft auch den meisten Erfolg. Die Nachmacher, die „Me-Too-Titel“ sind meistens im Hintertreffen – die gibt es im Falle von Landlust übrigens auch schon, und heißen „LandIdee“, „Liebes Land“ oder „Landleben“.

Manche Zeitschriftengattung wird es ohnehin in den nächsten Jahren schwer haben, wie etwa die Programmzeitschriften. Das Fernsehprogramm kann man sich eben auch aus dem Internet ziehen, und dennoch sei es zu früh, das Totenglöckchen zu läuten, meint Wolfgang Fürstner, womöglich werde das Segment aber schmaler werden.

Um den Anschluss an die jungen Leser nicht zu verlieren, haben Bertelsmann und Gruner und Jahr im Oktober einen elektronischen Kiosk namens „pubbles“ gegründet, „pubbles“ – ein Name, der eher an eine Limonade denken lässt, soll eine ganze Reihe von Zeitschriften auch auf dem Laptop oder dem I-Pad verfügbar machen. Bislang nutzen nur vier Prozent aller Leser Zeitschriften auf dem I-Pad oder Laptop. Das soll aber mehr werden, meint Fürstner, gerade bei Zeitschriften, die schnell konsumiert werden:

„Es wird bestimmte Gattungen geben, die besonders affin sind, alle Informationen, die genutzt und dann verbraucht sind und keine längere Zeit für sich in Anspruch nehmen, die die Leichtverderblichkeit in sich tragen, werden eher elektronisch gelesen werden als Themen, die nachhaltiger sind, für die man länger braucht, für die man die Entschleunigung braucht.“

Mit anderen Worten: Noble Zeitschriften wie „mare“ oder „GEO“ werden tendenziell weiterhin eher in der gedruckten Version, denn elektronisch konsumiert.

Trotz einer Erholung der wirtschaftlichen Situation der Zeitschriften und eines größer werdenden Online-Werbemarkts gehen bei den Verlegern noch immer die Alarmlampen an, wenn sie auf das Thema ARD und ZDF im Internet kommen. Die Verleger sehen in den Angeboten eine marktverzerrende Konkurrenz. Acht Thesen hat der VDZ zu dem Thema heute vorgestellt – keine einzige davon ist neu. Schlagworte wie „Expansiv“, „ungezügelt“, oder „ohne politische Kontrolle“ gehen den Verlegern schnell über die Lippen. Selbst der Umstand, dass ARD und ZDF Hunderttausende von Websites mittlerweile vom Netz genommen haben, reicht den Zeitschriftenverlegern nicht aus. Man fühlt sich von der Politik im Stich gelassen – wie die Verleger nun vorgehen wollen, ob sie etwa klagen wollen, ist bislang noch unklar.

Weiter ist man da schon beim Thema Leistungsschutzrecht. Dieses würde die Rechte von Autoren und Verlagen im Netz stärken und die kostenlose Weiterverwertung von Artikeln durch „Goolge News“ und andere Nachrichtenservices unterbinden. Kulturstaatsminister Bernd Neumann will das Leistungsschutzrecht, es ist auch im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb vorgesehen. Viele Politiker zweifeln jedoch daran, dass es praktisch umzusetzen ist. Man müsse dann, so die Befürchtung, eine hochbürokratische Internetbehörde gründen, die als eine Art Verwertungsgesellschaft kontrolliert, wer wo wann was im Internet veröffentlicht. Christoph Fiedler vom VDZ hält die Bedenken für unbegründet:

„Diese kollektive Verwertung ist etwas, was im digitalen Umfeld naheliegt, weil eben die vielen kleinen einzelnen Verleger doch in vielen Punkten Schwierigkeiten haben werden, es alleine zu machen, also liegt es nahe, eine Verwertungsgesellschaft zu gründen und dort den Ausschnitt der gewerblichen Vervielfältigung der Online-Presse einzubringen.“

Die Chancen einer Realisierung des Leistungsschutzrechts noch in dieser Legislaturperiode stehen in jedem Fall gut – auch wenn über die praktische Umsetzung noch umfangreich verhandelt werden muss.