LandGang

Berlins Lage ist nicht gerade als rosig zu bezeichnen. Ein "Notopfer Berlin" wäre vielleicht … Immerhin gab es das ja schon mal. Damals, 1949. Leider wurde die Notopfer-Briefmarke – plus zwei Pfennig für den Berliner – 1956 eingestellt. Vielleicht sollte man mal wieder … Natürlich nur von Nicht-Berlinern zu entrichten. Zum Beispiel, wenn irgendwo auf der Welt jemand das Wort Berlin in den Mund nimmt – und dazu fünf Cent gleich für Berlin ausspuckt.
Nun, bei der folgenden Sendung würde eine erkleckliche Notopfer Berlin-Summe zusammen kommen.

Keine Socken, aber Galoschen tragen – Berlin.
Die Themen für den LandGang liegen auf der Hand.

Wir absolvieren 200 Jahre Alexanderplatz im Schnellkurs,
werfen heimlich einen Blick in das Amtszimmer der Bundeskanzlerin,
bleiben immer schön sauber beim Berliner und seinem Dreck,
rühmen den legendären Kriegsberichterstatter Wippchen-Stettenheim,
und wundern uns nicht mehr über Leierkästen in Australien.

Trotz Wowi - es gibt keine Party. Keine Parade, keine Marschmusik, kein Grußwort. Der berühmte Berliner Alexanderplatz wird 200 Jahre alt – und keiner feiert das Jubiläum. Nun, der Alex gilt als hässliches Entlein unter den Plätzen der Hauptstadt. Gemütlich kann man ihn wahrlich nicht nennen, aber: der Platz im Zentrum der Stadt hat Geschichte erlebt. Manche sagen sogar: Weltgeschichte.
200 Jahre Alexanderplatz. Historie im Schnelldurchlauf.

Alexanderplatz im Schnellkurs
Von Jens Rosbach

Der Alexanderplatz entsteht Ende des 17. Jahrhunderts - außerhalb der Berliner Stadtmauern, vor dem damaligen Georgentor.

Die Bauern aus dem Umland verkaufen hier ihr Vieh. Rund um den so genannten Ochsenplatz wächst bald eine Vorstadt – mit großen Manufakturen, die Seide und Wolle verarbeiteten. Später findet hier regelmäßig Deutschlands wichtigste Wollmesse statt.

Auch das Militär nutzt das Areal – und zwar den südlichen Teil - zum Exerzieren. Im Oktober 1805 trifft ein hochrangiger Gast auf dem Paradeplatz ein: Zar Alexander der Erste. Ihm zu Ehren tauft König Friedrich Wilhelm der Dritte das Gebiet auf den Namen "Alexanderplatz" - am 2. November 1805.

Wenige Jahrzehnte später, im Frühjahr 1848, fließt Blut auf dem Platz. Die Märzrevolutionäre haben Barrikaden errichtet – und werden vertrieben.

In den Folgejahren wächst der Alex weiter. Ein Bahnhof und billige Mietskasernen werden gebaut.

Heinrich Zille zeichnet um 1900 die proletarischen Gestalten, die hier wohnen. Knapp 30 Jahre drauf veröffentlicht Alfred Döblin sein Buch "Berlin-Alexanderplatz". Der bis dato bedeutendste deutsche Großstadtroman beschreibt den Ort als Tummelplatz von Prostituierten, Kriminellen und Habenichtsen.

Im Zweiten Weltkrieg zerstören Bomben das Areal. Erst in den 60er Jahren wird die Fläche neu gestaltet; die DDR-Regierung lässt hier einen sozialistischen Vorzeigeplatz entstehen: mit Weltzeituhr, Centrum-Warenhaus, Interhotel und einem 365 Meter hohen Fernsehturm. Allerdings wirft die Sonne - völlig unerwartet - ein Lichtkreuz auf die Fernsehturm-Kugel. Das SED-Regime ärgert sich über das christliche Symbol, das weithin sichtbar ist.

Am 4. November 1989, kurz vor dem Mauerfall, protestieren eine Million Menschen auf dem Alex gegen die Diktatur: die größte Demo in der deutschen Nachkriegs-Geschichte.

Nach der Wiedervereinigung wird der graue Platz mit bunter Werbung versehen, ein Bankgebäude saniert und die Straßenbahn kommt.

Doch nach wie vor gilt der Alex mit seinen tausenden Fahrgästen, die Tag für Tag auf dem U-, S- und Regionalbahnhof umsteigen, als karg und ungemütlich. An einem benachbarten Hochhaus prangt derzeit ein Döblin-Zitat: "Wiedersehen auf dem Alex. Hundekälte. Nächstes Jahre wird’s noch kälter."

Allerdings: Der Alex wird modernisiert. Seit einigen Wochen sanieren Bauarbeiter die U-Bahn-Eingänge und das alte Warenhaus; schräg gegenüber entsteht ein weiteres Center - das Alexa. Vor dem Hintergrund der Weltmeisterschaft bekommt auch der Fernsehturm ein neues Gesicht: seine Kugel wird zu einem pinkfarbenen Riesenfußball umgestaltet.


Der Anzug als solcher ist geblieben, ansonsten hat sich einiges geändert. Obwohl – sagt man jetzt Hausherrin oder Hausdame im Kanzlerinnenamt? Angela Merkel ist ja dort eingezogen. Allerdings nicht in die Privatwohnung im 7. Stock. Die braucht sie wohl nicht. Frau Merkel hatte schon ein Mietverhältnis, also eine feste Bleibe in Berlin. Aber ins Amtszimmer, da ist sie eingezogen. Ihr Vorgänger hatte sich dort geschmackvoll anspruchsvoll eingerichtet. Herr Schröder war für seinen Hang zur Kultur bekannt. Und nun? Wir haben recherchiert.

Das Amtszimmer der Bundeskanzlerin
Von Mandy Schielke

Zeit zum Einrichten im Büro hatte Angela Merkel noch nicht. Aber umgeräumt hat sie. Die dunkelgraue Sitzecke steht jetzt vor dem Fenster, der Besprechungstisch gleich bei der Tür.
Die vielen Pappkartons mit Utensilien aus dem Adenauer-Haus verschwanden pünktlich zum Besuch von Condolezza Rice, aus dem Raum. Der ARD-Kameramann, der beim Staatsbesuch beide Damen auf dem Sofa im Kanzlerbüro gefilmt hat, fand jedenfalls keine Kartons mehr vor. Kunst sei aber auch keine da gewesen, sagt er.
Und Henning Krumrey vom Hauptstadtbüro des Focus-Magazins? Auch er durfte rein – als einer der wenigen und etwas früher noch - in d-a-s Büro.

Krumrey: "In den Bücherregalen steht noch nicht sehr viel drin. Da gibt es ein großes Lexikon und ein paar der sonstigen Nachschlagewerke und auf dem Schreibtisch ist auch noch alles kahl."

Da soll aber das kleine Bildnis von Katharina der Großen hin. Katharina die Große - streng, mächtig, verführerisch. Das Bild stand schon auf Merkels Schreibtisch im Konrad-Adenauer-Haus.

Gerhard Schröder musste gehen. Und auch sein Schreibtisch sollte wandern. Ging aber nicht. Der Tisch ist fest im Fußboden verankert, seit vier Jahren. So wollte das der Architekt des Kanzleramtes.
Der Schreibtisch mit der geschwungenen Arbeitsplatte ist knapp vier Meter breit, wiegt 150 Kilogramm. Unverrückbar.
Als 2001 das Kanzleramt fertig wurde und Schröder einzog, da musste ein Kran ran, um das Möbelstück in die Kanzleretage zu hieven, in das Zentrum politischer Macht.

Kramer: "Dass einen jetzt dort so eine Aura des Mächtigen umfängt, das kann man eigentlich nicht sagen. Es ist ein tolles großes Büro - 140 Quadratmeter. Wenn man dort hinein tritt, ist es schon enorm, weil eben auch die Dimensionen so groß sind auch weil die Ausblicke toll sind. Aus dem einen Fenster schaut man genau auf den Reichstag und auf die Reichstagskuppel."

"Adler Partitur 3" heißt das Gemälde von Georg Baselitz, das beim Altkanzler hinter dem Schreibtisch hing. Das Bild ist bekannt: Ein stürzender oder auch abstürzender Bundesadler – je nach Sichtweise. Das Gemälde war nur ausgeliehen. Jetzt hat es der Künstler zurück.
Angela Merkel wollte nun hinter dem Schreibtisch eigentlich das Portrait Konrad Adenauers aufhängen. Konrad Adenauer von Oskar Kokoschka. Aber das wirkt wohl zu klein hinter dem Riesenschreibtisch, findet Henning Krumrey.


Der Berliner will oft etwas loswerden. Sprüche zum Beispiel. Gelegentlich auch Dreck. Der ist im Unterschied zu den Sprüchen handfest. Obwohl, die Sprüche sind es eigentlich auch. Egal, hier und jetzt geht es um den real existierenden Dreck, der in der Wohnung Schmutz heißt. Und da der Berliner seinen Dreck bekanntlich nicht sehr gerne alleine wegräumen mag, hält er sich die Stadtreinigung. Die dann bei selbiger arbeiten, sind hauptamtliche Kehrbürger und brechen regelmäßig zur bemannten Räumfahrt auf.
Immer schön sauber bleiben. Eine kleine Philosophie der Saubermänner.


Berlin und der Dreck
Von Ulrike Timm

Sprechender Mülleimer: "dufte Leistung Kumpel, danke, echt knorke"

Der Berliner braucht eben ein Extralob – das erzieht.

"ick hab noch 20.000 Kollegen in Berlin"

Gestatten … das Lob kam vom Papierkorb.

Der kann nämlich reden. Und bedankt sich für den Dreck. Leider reden nicht alle 20.000 Papierkörbe in Berlin – vielleicht wäre das Problem Dreck dann keines mehr.

Die sprechenden Papierkörbe nämlich, die die BSR zu besonderen Anlässen einsetzt, wurden so gerne befüllt, dass sie sich fast überfraßen. Und ihnen der Solarstrom zum Reden schnell wieder ausging.

"Keen Quatsch"

Natürlich nicht. Schließlich ist die Berliner Stadtreinigung, inzwischen bundesweit berühmt für ihre pfiffigen Kampagnen. Seit die Saturday-night-Feger in einem Werbefeldzug zur bemannten Räumfahrt aufbrachen und die Stadt wissen ließen: we kehr for you.

Mann: "Dat muss so sein, wir sind ne Weltmetropole."

Seitdem ist Sauberkeit zwar in Berlin weiterhin nicht in, aber die Stadtreinigung deutlich beliebter. Jedenfalls meistens. Also morgens in der Früh meistens eher nicht.

Mann: "Wenn man um 7 Uhr durchs Wohngebiet fährt, wird man eher mit Blumentöpfen beschmissen als das man gelobt wird."

Will sagen, die städtischen Putzkolonnen leben dafür manchmal gefährlich.

Mann: "Wenn dat man Bananenschalen wären aber Schränke oder Blumentöpfe werden geschmissen."

Dafür kriegen die Männer in orange, die den städtischen Müllabwurf in geregelte Bahnen zu lenken versuchen, ordentlich was zu sehen.

Mann: "Couchgarnitur, alles, man kriegt auch Jugendstilmöbel nicht im schönsten Zustand aber es wird allet weggeschmissen - alles was man sich vorstellen kann."

Sprechender Mülleimer: "Das muss so sein, wir sind ne Weltmetropole."

Macht doch auch keiner. Der Berliner Dreck ist schließlich kein Pappenstil: zusammengenommen würde er eine Kolonne von 2800 Sattelschleppern bilden, 50 km lang, insgesamt beladen mit 90.000 Tonnen Abfall. Weltmetropolen … scheiden eben aus … Wie wäre das, kleine Utopie: ein völlig reinliches Berlin, jede Kippe, jede Bierflasche und jeder Hundekötel findet seinen vorgesehenen Ort.

Mann: "Na da wären wir arbeitslos. Das ist ne Utopie die nei passiert. Dat is auch unser Job und unser Brot. Komplett saubere Stadt iss sowieso ein Irrglaube."

Immerhin, Sperrmüll riecht nicht. Dagegen:

Mann: "Ganz großes Problem: die Hundekotbeseitigung."

So 500.000 Würstchen täglich sind schon drin in Berliner Kötern, hat ein Statistiker fein säuberlich ausgerechnet….

Sprechender Abfalleimer: "Keen Quatsch."

Jedes á 100 bis 180 Gramm, das variiert je nach Hunderasse. In manchen Vierteln erkennt man den erfahrenen Hauptstädter am gesenkten Kopf. Da sucht er dann unverdrossen nach seinem Parcours und umkurvt wacker Tretmine um Tretmine …
Die Dänen jedenfalls haben mal in einer kleinen Aktion jeden Hundehaufen mit ihrer Fahne, dem Danebrog, markiert. Okay, Fahnenmarkierung hinterlässt in Deutschland eher ungute Gefühle. Aber wie wär's, wenn man die Häufchen, statt sie mit den Nationalfarben zu flaggen, mit bunten Luftballons markiert, jeder mit einer kleinen Aufschrift versehen: "Shit happens……!"?


Er hat den Krieg auf die Feder genommen und den Nerv der Zeit ins Gesicht getroffen. Wippchen. Kein Kriegstheater war ihm zu fern, als das er es nicht in Tinte goss. In Bernau nahe Berlin nahm Wippchen sein Hauptquartier, um hautnah von den Fronten der Welt zu berichten. Die Redaktion in der Hauptstadt danke es ihm nicht immer, aber der Leser goutierte die Depeschen von Wippchen. Der Schlachtenlärm lenkte seine Feder, die ihm die Welt bedeutete. Und die Welt suchte - wie eh und je – den Frieden auf dem Schlachtfeld. Wippchen, wir erinnern uns, ist vergessen.


Der Kriegsberichterstatter Wippchen-Stettenheim
Von Claus Stephan Rehfeld

"Ich gedenke, Ihnen täglich eine größere Schlacht zuliefern."

3. Mai 1877. Die Bedingungen in Bernau sind günstig. Bier und Tabak gibt es so reichlich wie Kriege. Und Wippchen ist Spezialist für Scharmützel, denn er hat bereits mehrere Eröffnungen von Bockbierausschanks mitgemacht. Die Leser warten schon schmerzlich auf seine Berichte.

"Das war ein blutiger Tag. Mit dem ersten Hahnenschrei des Sonnengottes verfügte ich mich auf das zu erwartende Feld der Ehre."

Als Kriegsschauplatzer kennt Wippchen seine Oblügenheiten, eilt von Scharmützel zu Gemenge, wo

"der Tod seine Hippe (schwingt), von deren Ufern kein Wanderer wiederkehrt."

Ermattet schließt Wippchen manches Kabel nach Berlin, die Redaktion weicht keine Zeile zurück, fordert

"umgehend einen der blutigsten Zusammenstöße aus Ihrer geschätzte Feder,"

ansonsten … so mancher werte Kollege habe sich schon empfohlen. Nun, Wippchen wird die Stellung in Bernau tapfer halten und 30 Jahre lang die Lunte an die Kriegspfeife legen - immer im Kampf mit der Heimatredaktion um einen Vor-Schuss.

"Sie wissen, wie viele Kriege ich … unter der Feder hatte, wie manchen Feind ich aufs Papier warf. Manchen Bogen Papier bedeckte ich mit Leichen, und oft genug habe ich die eisernen Würfel kein Auge schließen lassen."

Eine Mutter hatte Wippchen nie, ein Vater sandte ihn auf den Metaphernberg: Julius Stettenheim. Redakteur der "Berliner Wespen". Und wie das Wochenblatt ein Satiriker von Format. Berlin amüsierte sich wie Bolle ob der herbeigefaselten Kriegsgründe und wahrhaft erlogenen Frontberichte. Amtlichen Heroismus und gespreizte Sprache führte Stettenheim-Wippchen am Nasenring vor.

"Keiner entkam; ich befinde mich unter denselben."

Wippchen ließ Flotten ins Seegras beißen und Generäle ohne Beine nicht schwanken. Stettenheim griff die Kriegslüsternheit bei der Locke und drehte der Dummheit ein Haar.

"Solange es Haare gibt, werden sich die Völker in denselben liegen."

Das Publikum hat die Berichte verschlungen, aber nicht verdaut. Es war schon schwerhörig.

"Die Kanonendonner war schrecklich. Bumm! Bumm! Aber viel lauter!"

Auf den Krieg ist Verlass. Und Wippchen hält seine Feder beim Wort.

"C´est la guerre! Nächstens mehr."


Irgendwann will er sich mal auf dem Festspielhügel in Bayreuth aufstellen. Und den Wagnerian die Drehorgel spielen. Natürlich mit einem Stück aus des Meisters Hand. Ob die Kostümträger das toll finden werden? Ihm ist es egal, ob jeder so viel Humor hat, er jedenfalls fände es toll. Er heißt Axel Stüber und spielt meisterlich auf seinem Instrument, der Drehorgel. Und ständig dreht er mal an diesem, mal an jenem Teil. Und so kommt es, dass auch im fernen Australien Berliner Gassenhauer ertönen. Bitte, Meister.


Leierkästen in Australien
Von Christoph Richter

Kennt fast jeder. Paul Linke.

Fast jeder. In Berlin, in Deutschland.

Und immer mehr auch in Australien.

Ihn – Axel Stüber.

Den Meister Eder des Drehorgelbaus.

Und die Berliner Hymne. Die blauen Augen von Deutschlands Drehorgelkönig leuchten. Wegen der Musik, wegen der Orgel. Seinem Prunkstück!

Eine 31 er Trompetenorgel. Die besteht, wie der Name schon sagt, aus 31 Pfeifen, die einen sehr mächtigen, voluminösen und fast triumphierenden Klang erzeugen.

Beim Drehen der stolzen Kurbel hält’s den kleinen, gerade mal ein Meter siebzig großen Mann fast nicht mehr auf der Stelle. Der ganze Oberkörper schwingt - Meister Stüber ist in seinem Element.

Und seit 30 Jahren der Drehorgel verfallen. Obwohl: Eine Drehorgel ist eine Drehorgel und kein Leierkasten.

"Also ein Leierkasten ist eine verstimmte Drehorgel, und das ist für ein Orgelbauer schon ein Problem. Es waren in der Vergangenheit ja zumeist Leute, die nicht das notwendige Kleingeld hatten um ständig ihr Instrument einer guten Pflege unterziehen zu können. Und dann klangen die eben leierig. Zudem gab es oft Drehorgelspieler, die wenig musikalisch waren. Und wenn man der Drehorgel nicht genug Schwung gibt, dann hat sie eben zuwenig Wind und die Töne klingen leierig."

Hier nicht – tief im Osten von Berlin, in einem kleinen Reihenhaus. Inmitten 25-geschössiger Plattenbauten in Berlin Marzahn.
In einer kleinen Kellerwerkstatt wird die Kunst und Drehorgelbautradition des weltberühmten italienischen Drehorgelbauers Bagicalupo für die Nachwelt am Leben erhalten.
Er war es, der vor mehr als 100 Jahren über die Alpen gen Berlin zog, kam und blieb. In der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg eine Werkstatt eröffnete, und seine Drehorgeln baute.

14 Tage brauchen Meister Stüber und seine Mitarbeiter für den Bau einer Orgel, für das ganze komplizierte Kunstwerk einer großen Orgel mit Pfeifen, Register und Blasebalg, untergebracht in einem gerade mal Umzugskisten großen Holzkasten - ohne Elektronik, also mit Papierstreifen, Blasebalg und Pfeifen.

Der unverwechselbare Klang eroberte Berlin, Straße für Straße, Hof um Hof. Und dann den Rest des Landes.

Die Auftragsbücher von Orgelbaumeister Stüber sind voll. Vom Musikliebhaber mit kleinen Geldbeutel bis zum mächtigen Aufsichtsrat in Fernost - Stübers Orgeln stehen in aller Welt.

"Dies Jahr hatten wir Neuseeland, Japan, Korea, USA, Kanada, Schweiz. Insgesamt haben wir dieses Jahr in 23 Länder inzwischen unsere Instrumente exportier."

45 klingende Kästen verlassen jährlich die kleine Kellerwerkstatt.

Auch Mozart, Haydn oder gar Beethoven haben Musikstücke für Drehorgeln, oder wie es damals hieß "selbst spielende Orgelwerke", komponiert.
Seine Lieblingsmelodie: Das Seemannslied aus dem Fliegenden Holländer! Selbstgedreht, versteht sich.