Lamentobass in der Musikgeschichte

Klagen, verführen und lieben

Statue von Johann Sebastian Bach
Auch Johann Sebastian verwendete den Lamentobass. © Deutschlandradio / Nicolas Hansen
Moderation: Ulrike Timm · 10.07.2016
Eine einfache, strenge Formel macht musikalisch Karriere: Monteverdi fügt der Verzweiflung in seinen Lamenti bisweilen einen kräftigen Schuss Erotik hinzu. Bach und Mozart verwenden den Lamentobass an den Gelenkstellen ihrer großen Messen. Schubert in Liedern und Streichquartetten, und Gustav Mahlers Musik trägt das alte Modell ins 20. Jahrhundert.
Kann man auf eine schlichte, absteigende Linie eine ganze musikalische Welt aufbauen? Man kann, Musik aus über 400 Jahren zeigt es uns.
Eigentlich ist es nichts als eine Floskel, ein Schema: der Lamentobass, ein Topos für Trauer, für Klage und für Schmerz. In vier zur Quarte absteigenden Tönen oder auch chromatisch als "passus duriusculus" gehört der Lamentobass zum stabilen Vokabular der Musikgeschichte.

Hörer kannten die rhetorische Figur

Die einfache Formel regte vor allem Komponisten der Barockzeit an, die Bekanntheit der rhetorischen Figur konnten sie bei ihren Hörern voraussetzen. Aber Lamento und Lamentobass werden weiter getragen, nicht zuletzt, weil gerade der strenge musikalische Grund erstaunlich viel Freiheit bei der Ausgestaltung der Musik lässt, die dieses Modell dann letztlich mit Leben erfüllt. Steht der Boden fest, wird die Fantasie "getragen".
Und so interessiert uns in dieser Sendung weniger die unterschiedliche Lesart eines bestimmten Werkes durch verschiedene Künstler, als vielmehr, wie sich Komponisten zu verschiedener Zeit dieser Formel annahmen – und wie verblüffend viel Freiheit ein Komponist sich schaffen kann, wenn er eine rhetorische Figur zur Grundlage seiner musikalischen Fantasie macht.
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