Läufer unter Dopingverdacht

Ist eine saubere Leichtathletik möglich?

Der jamaikanische Sprinter Usain Bolt (r.) schaut sich nach seinen Mitläufern um.
Der jamaikanische Sprinter Usain Bolt (r.) schaut sich nach seinen Mitläufern um. © picture alliance / dpa / Laurent Gillieron
Fritz Sörgel im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 03.08.2015
Jeder siebte getestete Lauf-Athlet ist dopingverdächtig. Das recherchierten Journalisten in der Blutproben-Datenbank des Weltleichtathletik-Verbandes IAAF. Fritz Sörgel überrascht das nicht. Merkwürdig findet der Experte für Doping-Fragen jedoch das Verhalten der World Anti-Doping Agency in dieser Angelegenheit.
Die ARD und die "Sunday Times" haben eine Liste mit 12.000 Bluttests von rund 5.000 Läuferinnen und Läufern ausgewertet. Sie stammen nach ARD-Angaben aus der Datenbank des Weltleichtathletikverbandes IAAF. Bei 800 – also jedem siebten – dieser Sportler sollen dopingverdächtige Werte festgestellt worden sein. Diese Athleten sind von 2001 bis 2012 bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften in den Disziplinen von 800 Meter bis zum Marathon gestartet.
Medaillen aberkennen?
Für Fritz Sörgel, Anti-Doping-Experte und Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung, ist diese Nachricht nicht überraschend: Mittel- und Langstrecken-Distanzen seien prädestiniert für Dopingvergehen. Bezüglich einer Aberkennung von Medaillen sagt er: "Wenn es schwere Vergehen sind, wird man sich das natürlich anschauen müssen. Insbesondere wird die World Anti-Doping Agency (WADA) gefordert sein, deren Rolle ich gerade durch die Vorgänge hier ein bisschen in Zweifel ziehen muss."
Er sei verwundert, "wenn ich das Interview des WADA-Präsidenten sehe, und der im zweiten Satz keine andere Sorge äußert, als dass man jetzt herausfinden müsse, wo da jetzt der Maulwurf oder eben ein Loch in der Sicherheit des IAAF ist." Er frage sich wirklich, was der Öffentlichkeit über Jahre eigentlich vorgespielt worden sei – "Wie gut die Zusammenarbeit zwischen WADA und den Verbänden ist"– , wenn es nun zu einem solchen Zwischenfall komme.
Eine neues Gesetz ermöglicht auch die Klage dagegen
Zum dem Vorstoß von Justizminister Heiko Maas (SPD) für ein neues Anti-Doping-Gesetz sagte Sörgel: So wichtig eine bessere Kontrolle auch sei, müsse doch bedacht werden, dass, "wenn es ein Anti-Doping-Gesetz gibt, dann gibt es auch die Möglichkeit für die Sportler, bei Gerichten einen Einspruch gegen die eine oder andere Maßnahme zu erheben. Und das kann dann schon schwierig werden."
Für ihn sei eine saubere Leichtathletik genauso unrealistisch wie ein sauberer Radsport, betonte Sörgel.

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