Lächeln, bis die Mundwinkel schmerzen
Jutta Falke-Ischinger ist Journalistin, leitete die Berliner Redaktion der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" und ist die Ehefrau des Diplomaten Wolfgang Ischinger, der von 2001 bis 2006 deutscher Botschafter in Washington und als solcher auch bis 2008 in London war. Inzwischen lebt das Ehepaar in Berlin, und Jutta Falke-Ischinger macht das, was sie lieber tut als repräsentieren: schreiben. Ein Buch über ihren Alltag als Diplomatengattin.
Ausgerechnet der 11. September 2001 ist der erste Arbeitstag ihres Mannes als Botschafter in Washington. Jutta Falke-Ischinger sieht im Fernsehen wie die Flugzeuge ins World Trade Center steuern und fast gleichzeitig, wie sich der Himmel verdunkelt: Das dritte Flugzeug ist gerade ins Pentagon gestürzt. Sie scheucht das Personal in den Keller der Residenz.
Der Alltag einer Diplomatenehefrau sieht freilich anders aus: Repräsentieren, Nachmittagkaffee, Lächeln bis die Mundwinkel schmerzen, Small Talk in jeder Situation. Dafür ist die Autorin nicht geschaffen, stattdessen besitzt sie politisches Gespür und Ironie.
Sie nutzt beides, um gut lesbar, mal im Plauderton, mal mehr analytisch, aus dem Alltag in Washington und London zu berichten. Man erfährt so zum Beispiel wie prüde die Amerikaner sind und wie anzüglich es mitunter bei englischen Tischgesellschaften zugeht, wie weit der Patriotismus der Amerikaner reicht, warum man bei großen Gesellschaften kein Wild auftischt und wie das System des englischen Adels funktioniert.
Das ist nett, aber richtig gut wird Jutta Falke-Ischinger, wenn sie die Mechanismen der Macht in Washington beschreibt. Kontakte werden nach Wichtigkeit gesucht, denn man muss die richtigen Menschen kennen, Zirkel von Personen, die sich wie konzentrische Kreise um das Machtzentrum, das Weiße Haus, legen. Man muss Mitglied in bestimmten Clubs sein, in die man qua Amt oder durch Heirat aufgenommen wird und aus denen man aber auch sofort ausscheidet, wenn das Amt oder der Gatte nicht mehr vorhanden sind. Persönliche Loyalität gibt es da nicht.
Das ist gut beobachtet. Aber es schützt nicht. Jutta Falke-Ischinger kann sich dem Geruch von Macht und dem Spiel der Mächtigen nicht vollständig entziehen. Man merkt, dass sie selbst stolz darauf ist, den richtigen Kreisen angehört zu haben und sie verliert dabei ihre Ironie und den gebotenen journalistischen Abstand – die Farbfotos im Buch, die sie mit Berühmtheiten wie Bill Clinton und Prinz Charles zeigen, bestätigen das.
An anderen Stellen wiederum pflegt die ihre Distanz nahezu bewundernswert. Wenn sie schreibt, dass drei Diplomaten, die zusammenkommen, eher wenig über internationale Politik reden, aber viel über Besoldungsgruppen. Wenn sie über "public diplomacy" spricht.
Vor allem aber, wenn sie auf den letzten Buchseiten das System der Großbotschaften und Repräsentanzen innerhalb der EU-Staaten infrage stellt. Diese seien heute überflüssig, da vieles in direktem Kontakt der Regierungen geklärt werde und Weiteres in Brüssel. Bescheidenheit sei nötig und habe auch Vorteile für die Diplomaten selbst – der soziale Abstieg aus der Residenz ins Reihenhaus sei so besser zu verkraften.
Besprochen von Günther Wessel
Jutta Falke-Ischinger: Wo bitte geht’s zur Queen? Diplomatische Abenteuer in Engand und Amerika
Collection Rolf Heyne, München 2010
288 Seiten, 19,90 Euro
Der Alltag einer Diplomatenehefrau sieht freilich anders aus: Repräsentieren, Nachmittagkaffee, Lächeln bis die Mundwinkel schmerzen, Small Talk in jeder Situation. Dafür ist die Autorin nicht geschaffen, stattdessen besitzt sie politisches Gespür und Ironie.
Sie nutzt beides, um gut lesbar, mal im Plauderton, mal mehr analytisch, aus dem Alltag in Washington und London zu berichten. Man erfährt so zum Beispiel wie prüde die Amerikaner sind und wie anzüglich es mitunter bei englischen Tischgesellschaften zugeht, wie weit der Patriotismus der Amerikaner reicht, warum man bei großen Gesellschaften kein Wild auftischt und wie das System des englischen Adels funktioniert.
Das ist nett, aber richtig gut wird Jutta Falke-Ischinger, wenn sie die Mechanismen der Macht in Washington beschreibt. Kontakte werden nach Wichtigkeit gesucht, denn man muss die richtigen Menschen kennen, Zirkel von Personen, die sich wie konzentrische Kreise um das Machtzentrum, das Weiße Haus, legen. Man muss Mitglied in bestimmten Clubs sein, in die man qua Amt oder durch Heirat aufgenommen wird und aus denen man aber auch sofort ausscheidet, wenn das Amt oder der Gatte nicht mehr vorhanden sind. Persönliche Loyalität gibt es da nicht.
Das ist gut beobachtet. Aber es schützt nicht. Jutta Falke-Ischinger kann sich dem Geruch von Macht und dem Spiel der Mächtigen nicht vollständig entziehen. Man merkt, dass sie selbst stolz darauf ist, den richtigen Kreisen angehört zu haben und sie verliert dabei ihre Ironie und den gebotenen journalistischen Abstand – die Farbfotos im Buch, die sie mit Berühmtheiten wie Bill Clinton und Prinz Charles zeigen, bestätigen das.
An anderen Stellen wiederum pflegt die ihre Distanz nahezu bewundernswert. Wenn sie schreibt, dass drei Diplomaten, die zusammenkommen, eher wenig über internationale Politik reden, aber viel über Besoldungsgruppen. Wenn sie über "public diplomacy" spricht.
Vor allem aber, wenn sie auf den letzten Buchseiten das System der Großbotschaften und Repräsentanzen innerhalb der EU-Staaten infrage stellt. Diese seien heute überflüssig, da vieles in direktem Kontakt der Regierungen geklärt werde und Weiteres in Brüssel. Bescheidenheit sei nötig und habe auch Vorteile für die Diplomaten selbst – der soziale Abstieg aus der Residenz ins Reihenhaus sei so besser zu verkraften.
Besprochen von Günther Wessel
Jutta Falke-Ischinger: Wo bitte geht’s zur Queen? Diplomatische Abenteuer in Engand und Amerika
Collection Rolf Heyne, München 2010
288 Seiten, 19,90 Euro