Ladensterben in Innenstädten

"Jede Stadt muss ihr Wacken finden"

05:44 Minuten
Die leere Fussgängerzone in Bielefeld.
Leere Fußgängerzone während der Coronakrise in Bielefeld: In der Krise haben noch mehr Menschen gelernt, online zu kaufen. Für die Innenstädte ist das bedrohlich, findet Unternehmer Frank Rehme. © picture alliance / Robert B. Fishman
Frank Rehme im Gespräch mit Nicole Dittmer · 03.08.2020
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Die Coronakrise und der Onlinehandel machen Innenstädten zu schaffen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sucht Konzepte zu ihrer Wiederbelebung. Damit das gelingt, müssten Städte und Handel umdenken, sagt Unternehmer Frank Rehme.
Immer mehr Geschäfte in den Innenstädten haben mittlerweile kaum noch Kunden. Für viele ist das eine Existenzbedrohung. Die Coronakrise hat diese Entwicklung noch verschärft. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will deshalb Konzepte zur Wiederbelebung der Innenstädte entwickeln – und setzt dabei auch auf das Online-Shopping.
Auch Frank Rehme hält viele Innenstädte derzeit für gebeutelt: Sie hätten 30 bis 40 Prozent ihrer Besucher verloren. Rehme ist Unternehmer und Mitgründer des Blogs "Zukunft des Einkaufens".
In der Krise hätten noch mehr Menschen gelernt, online zu kaufen: "Das macht dem Handel natürlich zu schaffen." Hinzu komme, dass immer mehr große Kaufhäuser wie Karstadt und Kaufhof schließen würden. Für viele Innenstädte bedeutet das eine "starke Bedrohung", sagt Rehme.

Der Handel hat seine Versorgerrolle verloren

Menschen hätten heute ein "komplett anderes Kaufverhalten" als noch vor 20 oder 30 Jahren, meint der Unternehmer. Sie seien bereits mit allem versorgt. Der Handel habe also seine "Versorgerrolle verloren".
Um in Zukunft wieder Menschen in die Innenstadt zu locken, müsse man mehr auf Erlebnisse und Freizeitangebote setzen, meint Rehme. So könne man wieder Bedürfnisse wecken.
Dazu gehörten zum Beispiel Aufenthaltsmöglichkeiten: Jene Sitzbänke, die vor Jahren aus der Innenstadt entfernt wurden, müssten wieder zurückkehren, sagt Blogger Rehme. Menschen sollten wieder Lust haben, sich in der Stadt aufzuhalten.

Jede Stadt muss ihr Alleinstellungsmerkmal finden

Dazu müsse jede Stadt lernen, eine eine eigene, identitätsstiftende Geschichte zu erzählen.
Die Stadt Augsburg zum Beispiel fange gerade an, die Geschichten der Augsburger Puppenkiste in der Stadt abzubilden. Das sei genau der richtige Weg: "Jede Stadt muss ihr eigenes Wacken finden", sagt Rehme.
Wacken habe vor 30 Jahren kein Mensch gekannt. "Seitdem dort aber Heavy Metal-Konzerte sind, kennt man Wacken sehr gut." Dieses Alleinstellungsmerkmal müsse jede Stadt finden, um ihre Einkaufsstraßen wieder zu beleben.
(sed)
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