"La Grande Bellezza - Die große Schönheit"

Von Hans-Ulrich Pönack · 24.07.2013
Der Film erzählt vom in die Jahre gekommenen Journalisten, Partylöwen und Müßiggänger Jep Gambardella, der sich durch eine merkwürdig leere Metropole Rom "treiben" ließ.
Hierzulande wurde der am 31. Mai 1970 in Neapel geborene Drehbuch-Autor und Regisseur durch seinen vierten Spielfilm "Il Divo" aus dem Jahr 2008 bekannt, der das Leben des mehrmaligen italienischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti und dessen mutmaßliche Mafia-Verbindungen beleuchtete. Auch in "La Grande Bellezza" steht wieder der in zwei Wochen 54 Jahre alt werdende Mime Toni Servillo im Blick- und Mittelpunkt - diesmal als in die Jahre gekommener römischer Journalist, Partylöwe und Müßiggänger Jep Gambardella.

"Treiben" lassen durch das nächtliche Rom
Vor mehr als 40 Jahren hat er einen Roman erfolgreich veröffentlicht ("Der menschliche Apparat"), sich aber diesbezüglich seitdem "verweigert". Viel lieber hat er sich auf seinen (ertragreichen) Lorbeeren ausgeruht. Hat sich "treiben" lassen. Durchs nächtliche Rom. Schreibt hin und wieder für ein Magazin, und lässt es sich ansonsten gut gehen. Veranstaltet gelegentlich zünftige Feten. Für Seinesgleichen. Für die Reichen, Schönen, Unbekannten. Mit Dekadenz-Atmosphäre. Doch nun, mitten im Leben, 65 - na und? - trifft ihn die Endlichkeit. Des Seins. Seines Lebens. Und er beginnt, vornehm natürlich, zu lamentieren.

Wo denn die "wahre Schönheit" wirklich sei und ob denn das, was er alles so bisher gedacht, getan, angestellt hat, richtig, wichtig oder überhaupt "etwas" von Bedeutung war? Oder ob er gar in seinem Dasein zu viel vergeudet habe? Denn nun plötzlich beginnt Senior Jep eine "gewisse Leere" zu spüren. über die ihn nun sogar seine – beliebten - zynischen Witze nicht mehr hinwegzuhelfen vermögen. Der immer mit bestem Zwirn ausgestattete elegante Filou wandelt traumatisch durch sein römisches Universum, um über vertane Chancen, alte Liebschaften und "Rest-Zeit" ironisch zu rezitieren. Ein desillusionierter Boulevard-Clown im Gemütstaumel und Abschiedsschmerz, eingefangen über spektakuläre Motive vom kulturintensiven Rom, mit seinen Pracht-Bauten und Gärten.

Natürlich: "La Dolce Vita" / "Das süße Leben": In Federico Fellinis schwarz-weißem Meisterwerk von 1960 zog der Boulevard-Journalist Marcello Rubini alias Macello Mastroianni durch das nächtliche Rom, erschöpft von der "süßen" Dekadenz des norditalienischen Nachkriegs- und Wirtschaftswunderlebens. Jep Gambardella ist ein Enkel in Gedanken,über die Brüche im römischen "Oberen"-Leben heute süffisant bilanzierend. Ein wunderschön bilderreiches, bisweilen satirisch angelegtes und darstellerisch ensemble-prächtiges Resümee. Von wegen Ratlosigkeit. In Sachen: Leben. Und was damit zu tun hat. Mit einem weisen Spötter des italienischen Kinos als melancholischer Grandseigneur. Mit erhabenem Dekadenz-Charme. Und lakonischer Alterswut: Toni Servillo und seine brillante Körperberedsamkeit sprühen von pointierter Vitalität.

Italien/Frankreich 2012; Regie: Paolo Sorrentino; Darsteller: Toni Servillo, Carlo Verdone, Sabrina Ferilli u. a., 142 Minuten

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