Kutterrudern

Die vergessene Sportart

Kutterrudern in der DDR
Kutterrudern der GST-Seesport (Gesellschaft für Sport und Technik in der DDR) in Grünau im Dezember 1976. © picture alliance/dpa/ZB-Archiv
Von Sandra Voß |
Früher war Kutterrudern Teil der militärischen Seemannsausbildung, sowohl im Kaiserreich als auch in der DDR. Es galt zu üben, ein Schiff zu rudern und zu bergen, wenn es in Seenot geraten war. Heute ist das Kutterrudern eine Spezialdisziplin des Seesportes mit eigenen Meisterschaften.
"Das ganze nennt man Kutter. 7,50 Meter lang, 2,15 Meter breit, eine Tonne schwer. Ohne Besatzung."
Stolz steht Uwe Schneider vor dem braun lackierten, top gepflegten, 50 Jahre alten Holzboot. Das Kutterrudern ist eine Disziplin des so genannten Seesports.
Dazu zählen neben gewöhnlichen sportlichen Betätigungen wie schwimmen und laufen auch kuriose Disziplinen wie Knoten und Leinen werfen. Alles das diente früher zur militärischen Grundausbildung der kaiserlichen Marine. Später, in der DDR, wurden von der GST, der Gesellschaft für Sport und Technik, extra Kutter gebaut, um die Jugend vormilitärisch auszubilden. So kam auch Uwe Schneider zum Kutterrudern. Heute ist der grauhaarige Sportler Steuermann und Trainer beim SSBG, dem Seesportclub Berlin Grünau.
"Ich habe 1978 angefangen bei der GST als junger Matrose und habe da Seesport gemacht bis 1984. Dann habe ich studiert, wie man Schiffe steuert. Dann kam die Wende, da habe ich nichts mehr gemacht und bin dann 2004 durch einen dummen Zufall wieder hier drauf gestoßen."

Freizeitvergnügen und Breitensport

Heute ist das Kutterrudern eher Freizeitvergnügen und Breitensport. Und eine gemeinschaftliche Kraftanstrengung. Denn bei voller Besatzung von zehn Personen sitzt jeweils zwei Menschen nebeneinander, erklärt Vanjo Tanchev, Schlagmann im Kutter Aqulio.
"Sportlich gesehen ist es vor allem, da wir nebeneinander sitzen, eine einseitliche
Belastung hat. Also, wir greifen beidhändig einen Riemen, ein Paddel und ziehen damit dann durch. Neben uns sitzt auch jemand, der das gleiche macht für die andere Seite."
Um im Wettkampf als Mixed-Team antreten zu können, müssen gleich viele Männer wie Frauen auf den dünnen Brettern oder Buchten, wie die Sportler sagen, sitzen. Beim Training sind drei Frauen dabei. Ihr "Arbeitsplatz" ist der leicht nach oben geschwungene Bug. Doch egal wo jeder sitzt, Kirstin Gissemann weiß: Anstrengend ist es auf jeder Position.
"Auf jeden Fall muss synchron gerudert werden. Das ist das allerwichtigste. Das man zur gleichen Zeit die Ruder eintaucht und auch wieder raus. Und der letzte kleine Zug muss mit einem Ruck gemacht werden, praktisch das ein Strudel entsteht, damit man einen schönen Vortrieb hat."

Kraft und Ausdauer sind gefragt

Zwei Minuten dauert ein Intervall-Training. Und nach jeder weiteren Einheit rinnt den Sportlern mehr Schweiß über die Stirn. Im Wettkampf heißt es sechs Minuten voll durchziehen. Da sind Kraft und Ausdauer gefragt. Beim Ausrudern tausche ich das Mikro gegen einen Riemen und probiere es selber mal aus. Schwierig ist, den Riemen im gleichen Takt wie der Vordermann zu bewegen. Und gleichzeitig auf all die anderen Dinge zu achten.
"Schön ruhig, bis es wieder vorne klemmt. Langen Arm nach hinten fallen lassen und dann rausziehen. Sehr schön. Weiter hoch. Im Prinzip bleibt es aufschwimmend. Ja, nicht reinditschen. Ja, so ist es besser."
Schon nach kurzer Zeit merke ich: Das geht ordentlich in die Arme. Doch mir macht es riesigen Spaß, gemeinsam mit den anderen im Boot zu sitzen und über die in der Abendsonne glitzernde Wasseroberfläche zu gleiten. Ich verstehe, wieso die Sportler sich das antun. Und alle sind sich einig. Neben dem geselligen Aspekt zählt die sportliche Herausforderung. Und für die Deutsche Meisterschaft hat das Mixed Team für die Strecke von 1000 Meter nur ein Ziel:
"Ja, beim Mixed, ja, also der erste Platzt ist eigentlich so, ja alles andere ist verloren."
"Ja, Sieg natürlich. Man fährt immer um den Sieg."