Kurverwaltung in Hamburg St. Pauli
Der Tourist reibt sich verwundert die Augen: „Kurverwaltung St. Pauli“. Das Hamburger Stadtviertel ist für vieles bekannt, aber „Zur Kur auf den Kiez“ – auf die Idee muss man erst mal kommen. Es gibt auch ein Kurtaxenheft, 60 Kurbetriebe und einen Kurschatten. Letzterer führt in jene Ecken, die der Besucher allein übersehen könnte.
Polizeisirene
Schäfer: Man hätte sich einen anderen Termin suchen sollen.
Polizeisirene
Benzner: Denn manchmal ist St. Pauli lästig laut.
Tröten
Schäfer: Manchmal ist St. Pauli recht ruhig ...
Benzner: ... abseits der üblichen Touristenströme, in den Seitenstraßen etwa oder in St.Pauli-Nord ...
Schäfer: ... aber heute ...
Benzner: ... ausgerechnet heute, an diesem für hiesige Verhältnisse frühen Abend ...
Schäfer: ... gegen 8 ...
Benzner: ... befand sich St. Pauli, das Heiligengeistfeld, der Millerntorplatz und die Reeperbahn ...
Schäfer: ... die abgesperrte Reeperbahn ...
Benzner: ... in einem Zustand der Vorhölle.
Lärm
Schäfer: Elf Männer und sechs Frauen, Betriebsräte auf Fortbildung, suchen ihren Kurschatten.
Benzner: Und der Hilfskurschatten macht auch nicht gerade Mut:
„Wunderbaren Tag ausgesucht, hähä. Ja, mein Kollege macht das, ich bin nur der Assi. Hallo ich bin Frank, ja. Das ist Ulf, das ist der Guide des heutigen Abends.“
Schäfer: Ulf, unser Kurschatten. So um die 50, Jeans, verwaschenes buntes Hemd, eher unscheinbar.
„Tach“
Benzner: Kur. Ärztlich verordnetes und kontrolliertes Heilverfahren mit Orts- und Klimawechsel unter Anwendung spezieller Heilmittel.
Schäfer: Kurschatten. Person, die sich während eines Kuraufenthaltes einem Kurgast des anderen Geschlechts anschließt.
„Okay, ich würde euch bitten, vielleicht so dicht dranzukommen wie eben möglich ist. Ich möchte euch ganz herzlich im Namen der Kurverwaltung hier auf St. Pauli zur Kur auf dem Kiez begrüßen. Ihr seht alle sehr kurbedürftig aus, sehr ermattet, sehr erschöpft ...“
Benzner: Ulf ist einer von 10 Kurschatten, die auf St. Pauli ihre Dienste anbieten.
Schäfer: Und Frank, der Assi, tut das seit 8 Jahren. Auf der Suche nach dem anderen Geschlecht ist er dabei bedingt.
„Meine Lieblingsgruppen sind hier so ältere Frauen, will heißen: Frauen so um die 60, weil die einfach so neugierig und interessiert sind, viele sich nicht alleine so nach St. Pauli getrauen. Und schön war so eine Tour, die hatte ich so im Jahr 2000 – das war der Landfrauenverein Hennstedt–Ulzburg. Sechs Frauen, die sagten, ja früher haben wir uns immer so zum Stricken getroffen und irgendwann haben wir denn gesagt, Mensch, hier, lass uns doch ein bisschen was anders unternehmen und haben jeden Monat einen Ausflug gemacht. Das war total spannend, wo die überall waren. Und dann war ich in diesem Montag halt dran und fragte: „Mensch, was habt ihr denn für ein Thema vor, was wollt ihr so alles erleben?“ Und die sagten, das Thema „Ausländer auf St. Pauli“ interessiert uns und danach wollen wir dann schön Kaffee trinken. Und ich dann so überlegt, Mensch, wo gibt’s den hier auf St. Pauli so ein Café, wo ich mit de Damen so hingehen kann? Aber auch das gibt’s auf St. Pauli mit dem Café Möller hier auf der Reeperbahn, wo man dann so Sahnetorte und ein Kännchen Kaffee nur draußen so serviert bekommt.“
Schäfer: Kaffee und Kuchen hätten dem jungen Mann neben uns in Schwarz-Rot-Gold auch gut getan. Die Bierflasche in der Hand, kippt er einfach um und bleibt auf dem Pflaster liegen.
Benzner: Und was machen wir jetzt?
„Also es ist die Frage, normalerweise ist es so, und das will ich heute auch machen, dass ich hier ne halbe Stunde was erzähle, mit meinem Unterlagen bewaffnet ein bisschen zeige, was die Reeperbahn eigentlich ist, St. Pauli und so. Und dann laufen wir normalerweise zwei bis drei Stunden über St. Pauli, gehen auch in Kneipen rein.“
Schäfer: Eine Trinkkur also.
„Aber das kann ich eben heute für überhaupt nicht(s) garantieren.“
Benzner: Mutter-Kind-Kur, Brunnenkur, Kneippp-Kur, Kuranstalt, Kurkarte, Milchkur, Schrotkur, Trinkkur...
Schäfer: ...hatten wir...
Benzner: St.Pauli.
" (Frank)"Das ist ein bisschen was anderes als in Paderborn oder Berchtesgaden. Wo kommst du her?
(Frau) Aus Nienburg an der Weser,
(Frank) Nienburg an der Weser (lacht).
(Frau) Sehr bescheiden, sehr ruhig.“ "
Grölen
Schäfer: Da ist St.Pauli der bessere Ort für eine Kur, Luftveränderung inklusive, und die Luft hier auf der Reeperbahn ist zweifellos eine ganz andere.
„Ähm ja, St. Pauli, ein Kurort – da fragt man sich ja, wie ist das möglich, bei der Luft? Aber, also dieser Verein, der Kurverein St. Pauli, hat sich gegründet im Oktober 98, mit dem Hintergrund, dass jedes Jahr ungefähr 25 Millionen Touristen nach Hamburg kommen, die lassen ne Menge Geld hier. Aber das Geld, das fließt in die Kneipen und in den Brauereizyklus wieder rein. Und da haben wir uns gedacht, weil St. Pauli einer der ärmsten Stadtteile von Hamburg ist, zeigen wir mal gegen eine Kurtaxenspende Hintergründe von St. Pauli. Und von diesen Einnahmen, von diesen Kurtaxeneinnahmen, geht ein großer Teil an die Bewohner, die hier leben, an soziale Einrichtungen, wieder zurück.“
Schäfer: Einige Handtaschen der weiblichen Kurgäste sind mit dicken Vorhangschlössern versehen.
„Ähm, das ist nur das neueste In-Modell von Handtasche, was man haben muss, sogar auf dem Dorf in Nienburg.“
Benzner: Somit keine Diebstahlsicherung und trotzdem beeindruckend!
„Ja fand ich auch. Das gibt mir auch so ein gewisses Gefühl von Sicherheit, wenigstens die Tasche. Das nennt man Kompensation, ja.
Sonst bin ich ja fast perfekt ausgerüstet. Alles was man so braucht, habe ich dabei, hab ich auch mit hier in Hamburg: ich hab ne Fahne dabei, ich habe Schminke dabei, ne Tröte, ne Pfeife, ne Rassel...“
Schäfer: Dann doch Fußball? Fußball kann Erholung sein.
„Wir sind nicht inner Kur! Wir sind hier auf’m Lehrgang!
Doch, wir machen heute Abend eine Kur hier. Ooh manno!“
Benzner: Die Touren haben Titel: „Das Herz von St. Pauli“ etwa ...
Schäfer: ... St.Pauli hat ein großes Herz ...
Benzner: ... „Zur Kur auf dem Kiez“, oder, heute, „Matrosenmütze und Netzstrumpf“.
Schäfer: Und, wenn man Glück bzw. besonders gebucht hat, führen Marlene Jaschke, Jan Fedder, Lilo Wanders, Henning Voscherau und Erwin Ross, Maler, der „Rubens von St.Pauli“.
„Spannend ist hier, wir haben ein Altersspektrum von 25 bis 67. Günter ist schon Rentner und führt seit 20 Jahren über den Kiez, macht das auch sehr sehr charmant und kommt einfach so von der sozialen Schiene, so als Sozialarbeiter. Und ich komm mehr so von der Unterhaltungsschiene und mache gern die Tour: `You will never drink alone´ – 12 Kneipen in zwei Stunden.“
Benzner: Solch eine Tour kann mit 10 Teilnehmern beginnen und mit dreien enden.
Schäfer: Das Reizklima reizt intensiver als an der Nordsee, alle Synapsen schreien nach einer Pause: Ruhe, nur Ruhe. Und wo könnte man die finden?
Benzner: In einer Seitenstrasse. Zwischen Justine und de Sade. Zwischen dem „Club Justine“ und dem „Club de Sade“. Eine sehr blonde Tour-Teilnehmerin ärgert sich, dass beide Etablissements, spezialisiert auf Sadomasochismus, heute geschlossen sind.
„Schon nen Kurschatten gefunden? Wie meinste das jetzt? Hahahaha.“
Benzner: Na ja. Wenn man auf Kur geht...
„Dann hat man einen Kurschatten.“
Benzner: Eben. Aber:
„Ich hab’ meinen Kurschatten dabei, hahaha, der Schatten quasi, da muss ich keinen mehr suchen.“
Benzner: Und dieser Schatten, groß und breit, breit vor allen Dingen, wirft so viel desselben, dass die Dame keinen zweiten braucht.
„Ja, der wirft auch n bisschen Schatten, ja. Hahaha.“
Benzner: Selbst später, im Laufe des Abends... dat bleibt beim Mann.
„Dat bleibt beim Mann, ja.“
Benzner: Beim eigenen.
„Beim eigenen Mann. Hahaha.“
Benzner: Und wo könnte man noch Ruhe finden? Zwischen Wachsfiguren!
„Das hier ist das Panoptikum, und das ist die Bohrmaschine vom Panoptikum (alle lachen). Also der Beginn der Wachsfiguren ist eigentlich darin zu sehen, dass es früher nicht, wie heutzutage in jedem Klassenraum, ein Kunststoffskelett gab. Es mussten also von Hautkrankheiten, von Geschwüren, von was weiß ich was, mussten also Abdrücke oder Nachbildungen gemacht werden, die dann angehenden Ärzten zur Verfügung gestellt wurden. Und dann kam man irgendwann auf die Idee, dass man das doch auch zur allgemeinen Belustigung nehmen kann. Und daraus ist dann eben das Panoptikum entstanden oder überhaupt die Wachsfigurenbewegung, sag ich mal.“
Schäfer: Die Beatles, quasi die Kurkapelle, James Dean, Kohl und Genscher...
Benzner: ... Saumagen und süßer Wein ...
Schäfer: Dann die Davidwache ...
Benzner: ... im Original ...
Schäfer: ... dann die Davidstraße.
„Das ist der Friseursalon, Dietmar, von den Beatles. Da sind doch die Bilder, wo die Beatles damals ihre Pilzköpfe gekriegt haben. Da gibt’s noch Fotos im Schaufenster.“
Benzner: Die Frau kennt sich scheinbar aus.
„Ich hab die Führung schon ein paar Mal gemacht.
Warum? Ist es so erholsam? Erholsam?“
Schäfer: Und jetzt stehen wir vor einer Tätowierstube:
„Freistiche, wa?! (Ulf) Können wir uns hier noch mal neu formieren? Wir haben nämlich ein Abkommen mit denen, jeder zweite tätowiert wird ...
Ich bin schon tätowiert, aber ich wollte hier sowieso noch einen so am Unterarm haben. (Ulf) Ja, und ich geh als Dritter rein, nein, wir gehen da jetzt mal rein.“
Benzner: Eine Kur auf St. Pauli, das bedeutet Piercing und Tattoo statt Pediküre und Peeling.
Schäfer: Und Straßenstrich statt Kurpromenade.
„Die armen Mädchen, sag ich jetzt mal so, also das ist wirklich das Letzte, da wird einem nur speiübel, die Situation, ich mein so junge Mädchen, das ganze Leben verpfuscht. Wenn man sieht, wie sie sich an die Männer ranwerfen, das ist nur noch eklig. Schlimm.“
Benzner: Nicht nur die Frauen sind entsetzt ...
" (Mann)"Ich hab grad gesagt, also ich bin richtig erschrocken, das die so jung sind die Mädchen, also die sehen ja wirklich jung aus.
(Hammer) Also, die sind auf jeden Fall 18.
(Mann) Ja, okay, das ist klar, aber damit hab ich nicht gerechnet. Ich hab gedacht, viele so in unserem Alter oder 30, 25, aber das ....
... so, hier stehen wir jetzt genau gegenüber der Herbertstraße. Das ist eine Straße, wo die Prostitution schon seit Urzeiten erlaubt ist. Diese Sichtblende, die man dort sieht, die ist in den Dreißigern von den Nazis dort errichtet worden. Eigentlich wollte man die Prostitution ganz abschaffen, aber das ließ sich überhaupt nicht durchführen, im Gegenteil, der Bedarf war in der Zeit sogar noch größer. Und so hat man diesen Sichtschutz errichtet, um die oberen Heerführer sich ja ungestört dort in der Straße sich bewegen zu lassen ...
... In der Herbertstraße sollen mehr sein, die ein bisschen älter sind ...
... Dass die jetzt so jung sind, hatt’ mich gewundert.
Und vor allem sehen die aus wie die Mädels von nebenan.
Ja, die sind ja so jung.“ "
Benzner: Der Mann holt die Digitalkamera heraus.
„Ich hab auch für die Damen, die da leider in die Straße nicht rein dürfen, weil eben nur für Männer, für Herren vorgesehen ist, (Frau im Hintergrund) Was passiert denn, wenn? Ja, es kann passieren, dass man dort einen Aschenbecher an den Kopf kriegt, mit Inhalt, oder Schmutzwasser, Feudelwasser, mit Wasser gefüllte Präservative .... Also nichts Gutes. Für die Damen ist das hier also ein Foto, da kann man sehen, es ist eine Straße wie jede andere – mit Bürgersteig, kleinen Fenstern, kleinen Markisen darüber. In den Schaufenstern befindet sich mehr oder weniger gut abgehangenes Frischfleisch, was dann durch klopfen an die Fenster auf sich aufmerksam zu machen versucht. Dann kann es zu Verhandlungsgesprächen kommen. Oder auch nicht. Also ne ganz normale Straße im Prinzip, also wer schon mal in Amsterdam war, dort ist das Gleiche zu sehen, zu erleben wie hier, nur eben ohne Sichtschutz.“
Schäfer: Frank, der Assi, hat es eher mit der Kultur.
„Ich finde auch die Kultur immer sehr spannend, die ganzen Theater und so. Was haben die Leute für ein Bild im Kopf und im Bauch, wenn sie St. Pauli so hören. Da sagt natürlich jeder, das ist Rotlicht, das ist Ficken, aber dass St. Pauli wesentlich mehr ist, das versuche ich halt auf meiner Tour zu vermitteln. Ich mach immer so den großen Spagat. Auf der einen Seite hier das Vier-Sterne-Design-Hotel EAST, das hier vor ein oder zwei Jahren eröffnet hat, und auf der anderen Seite hier so ne Hafenkaschemme wie Günther Jauch, in die wir gleich vielleicht gehen werden.“
Benzner: Nein, nicht der Günther Jauch, der ideale Kurschatten. Würden doch Deutschlands Frauen mit ihm angeblich am liebsten einen Seitensprung riskieren.
Schäfer: Der andere Günther Jauch, der mit der Kneipe in der Erichstraße.
Benzner: Davor sitzen zwei Männer wortlos auf einer alten Holzbank.
Schäfer: Mit ihren Prinz Heinrich Mützen und einer Flasche Astra in der Hand sehen sie aus, als habe die Kurverwaltung die beiden hier platziert.
„Diese ganze Bandbreite, das alles ist St. Pauli.“
Benzner: Manch einer bekommt gar nicht genug von der Kur auf dem Kiez!
" Seminarleiterin: Ich hab das am Anfang alleine gemacht und hab immer gedacht: oh Gott oh Gott, ich weiß gar nicht wo ich hingehen soll. Alles machte mir Angst und verunsicherte mich, wenn man sich nicht auskennt, ich war sehr unsicher. Und dann entdeckte ich das im Internet und war mit dieser Kur vollauf begeistert und zufrieden, weil die Teilnehmer völlig schmerzfrei und angstfrei sich hier bewegen konnten, unter guter Führung. Und noch viel Spaß hatten. "
Schäfer: Und den Kurschatten gefunden ...
„Nicht, nein, nein, nicht. Ich hab auch noch keine Trinkkur hier zu Ende gemacht. Und auch was die Massagetechniken angeht, habe ich bisher verzichtet (lacht). Keine Zeit, ich bin so im Stress, aber ich glaube, ich habe auch das falsche Geschlecht.“
Benzner: Wie gesagt, „Matrosenmütze und Netzstrumpf“ heißt die heutige Veranstaltung. Männerprogramm.
„Ich weiß es nicht, davon hat der Kurschatten noch nie was erzählt. Das wäre vielleicht noch mal `ne Idee: `ne Führung speziell für Frauen zu machen. Gute Anregung. Nee, ich fühl mich hier überhaupt nicht wohl. Wahrscheinlich bin ich zu sehr ein Landei. Das ist mir alles zu stressig hier, zu viel, zu viel Gewalt, also, finde ich einfach furchtbar.
Ist St. Pauli abschreckend für euch?
Ja, wir möchten eigentlich so ziemlich schnell wieder raus hier.
Wenn man in der Kleinstadt groß wird oder auf dem Land groß wird und dann die Fußballweltmeisterschaft und dann das noch dazu.
Man ist schon gestresst durch die Lautstärke. Und dann noch die Augen – es überfordert, es überfordert.“
„Man sagt, wenn es St. Pauli nicht geben würde, bräuchte Hamburg zwei Psychatrien mehr!“
Schrei
Schäfer: Ein Kurschatten kann sich durchaus positiv auf den Kurerfolg auswirken. Eine neue Beziehung in der zwanglosen Atmosphäre einer Kur hat bei vielen Menschen eine positive Wirkung auf die Psyche ...
Benzner: ... ähnlich einer Urlaubsaffäre. Denn alles, was der Psyche hilft, kommt letztlich der körperlichen Gesundheit zugute.
„Das orangefarbene Gebäude, wo wir jetzt drauf gucken, das war früher das Chicago. Das war eine Zuhälterkneipe, wo also ganz viele Harleys und amerikanische Straßenkreuzer vorgestanden haben. Ab und zu gab`s dann mal ne Schießerei, wo dann ein Mensch getroffen vom Hocker fiel. Aber seit das Ganze jetzt Frida B heißt, sind diese harten Zeiten auch vorbei.“
Schäfer: Und zu vergleichbaren Kontakten kann es auch auf Tagungen und Kongressen kommen.
„Hier kann man überall kuren, das ist Lebsaal für die Seele. Die Kurkapelle spielt in der 36 wenn Live-Musik ist. Der Kurpark ist hier überall auf den Straßen. Und erholen kann man sich auch überall. Und Trinkkuren gibt’s in der zweiten Kneipe hier.“
Benzner: Manche einer hat seinen Kurschatten gefunden.
Schäfer: Manche Geschichte ist in dem Buch „St.Pauli – Streifzüge auf dem Kiez“ durch Harry Rowohlt, Gunter Gerlach und anderen Hamburger Autoren fest gehalten.
Benzner: Gudrun Hammer von der Kurverwaltung:
„Hmmm, da muss ich jetzt, nee, so richtige Happy-End-Geschichten mit glücklichem Finden eines Kurschattens sind eigentlich nicht dabei, nein. Auch wenn es im Leben mal passiert, aber in den Geschichten nicht, nein.“
Benzner: Immerhin im Leben.
„Kurschatten zu Kurschatten, ne.“
Schäfer: Und die Glocken von St.Pauli läuten dann dazu ...
Schäfer: Man hätte sich einen anderen Termin suchen sollen.
Polizeisirene
Benzner: Denn manchmal ist St. Pauli lästig laut.
Tröten
Schäfer: Manchmal ist St. Pauli recht ruhig ...
Benzner: ... abseits der üblichen Touristenströme, in den Seitenstraßen etwa oder in St.Pauli-Nord ...
Schäfer: ... aber heute ...
Benzner: ... ausgerechnet heute, an diesem für hiesige Verhältnisse frühen Abend ...
Schäfer: ... gegen 8 ...
Benzner: ... befand sich St. Pauli, das Heiligengeistfeld, der Millerntorplatz und die Reeperbahn ...
Schäfer: ... die abgesperrte Reeperbahn ...
Benzner: ... in einem Zustand der Vorhölle.
Lärm
Schäfer: Elf Männer und sechs Frauen, Betriebsräte auf Fortbildung, suchen ihren Kurschatten.
Benzner: Und der Hilfskurschatten macht auch nicht gerade Mut:
„Wunderbaren Tag ausgesucht, hähä. Ja, mein Kollege macht das, ich bin nur der Assi. Hallo ich bin Frank, ja. Das ist Ulf, das ist der Guide des heutigen Abends.“
Schäfer: Ulf, unser Kurschatten. So um die 50, Jeans, verwaschenes buntes Hemd, eher unscheinbar.
„Tach“
Benzner: Kur. Ärztlich verordnetes und kontrolliertes Heilverfahren mit Orts- und Klimawechsel unter Anwendung spezieller Heilmittel.
Schäfer: Kurschatten. Person, die sich während eines Kuraufenthaltes einem Kurgast des anderen Geschlechts anschließt.
„Okay, ich würde euch bitten, vielleicht so dicht dranzukommen wie eben möglich ist. Ich möchte euch ganz herzlich im Namen der Kurverwaltung hier auf St. Pauli zur Kur auf dem Kiez begrüßen. Ihr seht alle sehr kurbedürftig aus, sehr ermattet, sehr erschöpft ...“
Benzner: Ulf ist einer von 10 Kurschatten, die auf St. Pauli ihre Dienste anbieten.
Schäfer: Und Frank, der Assi, tut das seit 8 Jahren. Auf der Suche nach dem anderen Geschlecht ist er dabei bedingt.
„Meine Lieblingsgruppen sind hier so ältere Frauen, will heißen: Frauen so um die 60, weil die einfach so neugierig und interessiert sind, viele sich nicht alleine so nach St. Pauli getrauen. Und schön war so eine Tour, die hatte ich so im Jahr 2000 – das war der Landfrauenverein Hennstedt–Ulzburg. Sechs Frauen, die sagten, ja früher haben wir uns immer so zum Stricken getroffen und irgendwann haben wir denn gesagt, Mensch, hier, lass uns doch ein bisschen was anders unternehmen und haben jeden Monat einen Ausflug gemacht. Das war total spannend, wo die überall waren. Und dann war ich in diesem Montag halt dran und fragte: „Mensch, was habt ihr denn für ein Thema vor, was wollt ihr so alles erleben?“ Und die sagten, das Thema „Ausländer auf St. Pauli“ interessiert uns und danach wollen wir dann schön Kaffee trinken. Und ich dann so überlegt, Mensch, wo gibt’s den hier auf St. Pauli so ein Café, wo ich mit de Damen so hingehen kann? Aber auch das gibt’s auf St. Pauli mit dem Café Möller hier auf der Reeperbahn, wo man dann so Sahnetorte und ein Kännchen Kaffee nur draußen so serviert bekommt.“
Schäfer: Kaffee und Kuchen hätten dem jungen Mann neben uns in Schwarz-Rot-Gold auch gut getan. Die Bierflasche in der Hand, kippt er einfach um und bleibt auf dem Pflaster liegen.
Benzner: Und was machen wir jetzt?
„Also es ist die Frage, normalerweise ist es so, und das will ich heute auch machen, dass ich hier ne halbe Stunde was erzähle, mit meinem Unterlagen bewaffnet ein bisschen zeige, was die Reeperbahn eigentlich ist, St. Pauli und so. Und dann laufen wir normalerweise zwei bis drei Stunden über St. Pauli, gehen auch in Kneipen rein.“
Schäfer: Eine Trinkkur also.
„Aber das kann ich eben heute für überhaupt nicht(s) garantieren.“
Benzner: Mutter-Kind-Kur, Brunnenkur, Kneippp-Kur, Kuranstalt, Kurkarte, Milchkur, Schrotkur, Trinkkur...
Schäfer: ...hatten wir...
Benzner: St.Pauli.
" (Frank)"Das ist ein bisschen was anderes als in Paderborn oder Berchtesgaden. Wo kommst du her?
(Frau) Aus Nienburg an der Weser,
(Frank) Nienburg an der Weser (lacht).
(Frau) Sehr bescheiden, sehr ruhig.“ "
Grölen
Schäfer: Da ist St.Pauli der bessere Ort für eine Kur, Luftveränderung inklusive, und die Luft hier auf der Reeperbahn ist zweifellos eine ganz andere.
„Ähm ja, St. Pauli, ein Kurort – da fragt man sich ja, wie ist das möglich, bei der Luft? Aber, also dieser Verein, der Kurverein St. Pauli, hat sich gegründet im Oktober 98, mit dem Hintergrund, dass jedes Jahr ungefähr 25 Millionen Touristen nach Hamburg kommen, die lassen ne Menge Geld hier. Aber das Geld, das fließt in die Kneipen und in den Brauereizyklus wieder rein. Und da haben wir uns gedacht, weil St. Pauli einer der ärmsten Stadtteile von Hamburg ist, zeigen wir mal gegen eine Kurtaxenspende Hintergründe von St. Pauli. Und von diesen Einnahmen, von diesen Kurtaxeneinnahmen, geht ein großer Teil an die Bewohner, die hier leben, an soziale Einrichtungen, wieder zurück.“
Schäfer: Einige Handtaschen der weiblichen Kurgäste sind mit dicken Vorhangschlössern versehen.
„Ähm, das ist nur das neueste In-Modell von Handtasche, was man haben muss, sogar auf dem Dorf in Nienburg.“
Benzner: Somit keine Diebstahlsicherung und trotzdem beeindruckend!
„Ja fand ich auch. Das gibt mir auch so ein gewisses Gefühl von Sicherheit, wenigstens die Tasche. Das nennt man Kompensation, ja.
Sonst bin ich ja fast perfekt ausgerüstet. Alles was man so braucht, habe ich dabei, hab ich auch mit hier in Hamburg: ich hab ne Fahne dabei, ich habe Schminke dabei, ne Tröte, ne Pfeife, ne Rassel...“
Schäfer: Dann doch Fußball? Fußball kann Erholung sein.
„Wir sind nicht inner Kur! Wir sind hier auf’m Lehrgang!
Doch, wir machen heute Abend eine Kur hier. Ooh manno!“
Benzner: Die Touren haben Titel: „Das Herz von St. Pauli“ etwa ...
Schäfer: ... St.Pauli hat ein großes Herz ...
Benzner: ... „Zur Kur auf dem Kiez“, oder, heute, „Matrosenmütze und Netzstrumpf“.
Schäfer: Und, wenn man Glück bzw. besonders gebucht hat, führen Marlene Jaschke, Jan Fedder, Lilo Wanders, Henning Voscherau und Erwin Ross, Maler, der „Rubens von St.Pauli“.
„Spannend ist hier, wir haben ein Altersspektrum von 25 bis 67. Günter ist schon Rentner und führt seit 20 Jahren über den Kiez, macht das auch sehr sehr charmant und kommt einfach so von der sozialen Schiene, so als Sozialarbeiter. Und ich komm mehr so von der Unterhaltungsschiene und mache gern die Tour: `You will never drink alone´ – 12 Kneipen in zwei Stunden.“
Benzner: Solch eine Tour kann mit 10 Teilnehmern beginnen und mit dreien enden.
Schäfer: Das Reizklima reizt intensiver als an der Nordsee, alle Synapsen schreien nach einer Pause: Ruhe, nur Ruhe. Und wo könnte man die finden?
Benzner: In einer Seitenstrasse. Zwischen Justine und de Sade. Zwischen dem „Club Justine“ und dem „Club de Sade“. Eine sehr blonde Tour-Teilnehmerin ärgert sich, dass beide Etablissements, spezialisiert auf Sadomasochismus, heute geschlossen sind.
„Schon nen Kurschatten gefunden? Wie meinste das jetzt? Hahahaha.“
Benzner: Na ja. Wenn man auf Kur geht...
„Dann hat man einen Kurschatten.“
Benzner: Eben. Aber:
„Ich hab’ meinen Kurschatten dabei, hahaha, der Schatten quasi, da muss ich keinen mehr suchen.“
Benzner: Und dieser Schatten, groß und breit, breit vor allen Dingen, wirft so viel desselben, dass die Dame keinen zweiten braucht.
„Ja, der wirft auch n bisschen Schatten, ja. Hahaha.“
Benzner: Selbst später, im Laufe des Abends... dat bleibt beim Mann.
„Dat bleibt beim Mann, ja.“
Benzner: Beim eigenen.
„Beim eigenen Mann. Hahaha.“
Benzner: Und wo könnte man noch Ruhe finden? Zwischen Wachsfiguren!
„Das hier ist das Panoptikum, und das ist die Bohrmaschine vom Panoptikum (alle lachen). Also der Beginn der Wachsfiguren ist eigentlich darin zu sehen, dass es früher nicht, wie heutzutage in jedem Klassenraum, ein Kunststoffskelett gab. Es mussten also von Hautkrankheiten, von Geschwüren, von was weiß ich was, mussten also Abdrücke oder Nachbildungen gemacht werden, die dann angehenden Ärzten zur Verfügung gestellt wurden. Und dann kam man irgendwann auf die Idee, dass man das doch auch zur allgemeinen Belustigung nehmen kann. Und daraus ist dann eben das Panoptikum entstanden oder überhaupt die Wachsfigurenbewegung, sag ich mal.“
Schäfer: Die Beatles, quasi die Kurkapelle, James Dean, Kohl und Genscher...
Benzner: ... Saumagen und süßer Wein ...
Schäfer: Dann die Davidwache ...
Benzner: ... im Original ...
Schäfer: ... dann die Davidstraße.
„Das ist der Friseursalon, Dietmar, von den Beatles. Da sind doch die Bilder, wo die Beatles damals ihre Pilzköpfe gekriegt haben. Da gibt’s noch Fotos im Schaufenster.“
Benzner: Die Frau kennt sich scheinbar aus.
„Ich hab die Führung schon ein paar Mal gemacht.
Warum? Ist es so erholsam? Erholsam?“
Schäfer: Und jetzt stehen wir vor einer Tätowierstube:
„Freistiche, wa?! (Ulf) Können wir uns hier noch mal neu formieren? Wir haben nämlich ein Abkommen mit denen, jeder zweite tätowiert wird ...
Ich bin schon tätowiert, aber ich wollte hier sowieso noch einen so am Unterarm haben. (Ulf) Ja, und ich geh als Dritter rein, nein, wir gehen da jetzt mal rein.“
Benzner: Eine Kur auf St. Pauli, das bedeutet Piercing und Tattoo statt Pediküre und Peeling.
Schäfer: Und Straßenstrich statt Kurpromenade.
„Die armen Mädchen, sag ich jetzt mal so, also das ist wirklich das Letzte, da wird einem nur speiübel, die Situation, ich mein so junge Mädchen, das ganze Leben verpfuscht. Wenn man sieht, wie sie sich an die Männer ranwerfen, das ist nur noch eklig. Schlimm.“
Benzner: Nicht nur die Frauen sind entsetzt ...
" (Mann)"Ich hab grad gesagt, also ich bin richtig erschrocken, das die so jung sind die Mädchen, also die sehen ja wirklich jung aus.
(Hammer) Also, die sind auf jeden Fall 18.
(Mann) Ja, okay, das ist klar, aber damit hab ich nicht gerechnet. Ich hab gedacht, viele so in unserem Alter oder 30, 25, aber das ....
... so, hier stehen wir jetzt genau gegenüber der Herbertstraße. Das ist eine Straße, wo die Prostitution schon seit Urzeiten erlaubt ist. Diese Sichtblende, die man dort sieht, die ist in den Dreißigern von den Nazis dort errichtet worden. Eigentlich wollte man die Prostitution ganz abschaffen, aber das ließ sich überhaupt nicht durchführen, im Gegenteil, der Bedarf war in der Zeit sogar noch größer. Und so hat man diesen Sichtschutz errichtet, um die oberen Heerführer sich ja ungestört dort in der Straße sich bewegen zu lassen ...
... In der Herbertstraße sollen mehr sein, die ein bisschen älter sind ...
... Dass die jetzt so jung sind, hatt’ mich gewundert.
Und vor allem sehen die aus wie die Mädels von nebenan.
Ja, die sind ja so jung.“ "
Benzner: Der Mann holt die Digitalkamera heraus.
„Ich hab auch für die Damen, die da leider in die Straße nicht rein dürfen, weil eben nur für Männer, für Herren vorgesehen ist, (Frau im Hintergrund) Was passiert denn, wenn? Ja, es kann passieren, dass man dort einen Aschenbecher an den Kopf kriegt, mit Inhalt, oder Schmutzwasser, Feudelwasser, mit Wasser gefüllte Präservative .... Also nichts Gutes. Für die Damen ist das hier also ein Foto, da kann man sehen, es ist eine Straße wie jede andere – mit Bürgersteig, kleinen Fenstern, kleinen Markisen darüber. In den Schaufenstern befindet sich mehr oder weniger gut abgehangenes Frischfleisch, was dann durch klopfen an die Fenster auf sich aufmerksam zu machen versucht. Dann kann es zu Verhandlungsgesprächen kommen. Oder auch nicht. Also ne ganz normale Straße im Prinzip, also wer schon mal in Amsterdam war, dort ist das Gleiche zu sehen, zu erleben wie hier, nur eben ohne Sichtschutz.“
Schäfer: Frank, der Assi, hat es eher mit der Kultur.
„Ich finde auch die Kultur immer sehr spannend, die ganzen Theater und so. Was haben die Leute für ein Bild im Kopf und im Bauch, wenn sie St. Pauli so hören. Da sagt natürlich jeder, das ist Rotlicht, das ist Ficken, aber dass St. Pauli wesentlich mehr ist, das versuche ich halt auf meiner Tour zu vermitteln. Ich mach immer so den großen Spagat. Auf der einen Seite hier das Vier-Sterne-Design-Hotel EAST, das hier vor ein oder zwei Jahren eröffnet hat, und auf der anderen Seite hier so ne Hafenkaschemme wie Günther Jauch, in die wir gleich vielleicht gehen werden.“
Benzner: Nein, nicht der Günther Jauch, der ideale Kurschatten. Würden doch Deutschlands Frauen mit ihm angeblich am liebsten einen Seitensprung riskieren.
Schäfer: Der andere Günther Jauch, der mit der Kneipe in der Erichstraße.
Benzner: Davor sitzen zwei Männer wortlos auf einer alten Holzbank.
Schäfer: Mit ihren Prinz Heinrich Mützen und einer Flasche Astra in der Hand sehen sie aus, als habe die Kurverwaltung die beiden hier platziert.
„Diese ganze Bandbreite, das alles ist St. Pauli.“
Benzner: Manch einer bekommt gar nicht genug von der Kur auf dem Kiez!
" Seminarleiterin: Ich hab das am Anfang alleine gemacht und hab immer gedacht: oh Gott oh Gott, ich weiß gar nicht wo ich hingehen soll. Alles machte mir Angst und verunsicherte mich, wenn man sich nicht auskennt, ich war sehr unsicher. Und dann entdeckte ich das im Internet und war mit dieser Kur vollauf begeistert und zufrieden, weil die Teilnehmer völlig schmerzfrei und angstfrei sich hier bewegen konnten, unter guter Führung. Und noch viel Spaß hatten. "
Schäfer: Und den Kurschatten gefunden ...
„Nicht, nein, nein, nicht. Ich hab auch noch keine Trinkkur hier zu Ende gemacht. Und auch was die Massagetechniken angeht, habe ich bisher verzichtet (lacht). Keine Zeit, ich bin so im Stress, aber ich glaube, ich habe auch das falsche Geschlecht.“
Benzner: Wie gesagt, „Matrosenmütze und Netzstrumpf“ heißt die heutige Veranstaltung. Männerprogramm.
„Ich weiß es nicht, davon hat der Kurschatten noch nie was erzählt. Das wäre vielleicht noch mal `ne Idee: `ne Führung speziell für Frauen zu machen. Gute Anregung. Nee, ich fühl mich hier überhaupt nicht wohl. Wahrscheinlich bin ich zu sehr ein Landei. Das ist mir alles zu stressig hier, zu viel, zu viel Gewalt, also, finde ich einfach furchtbar.
Ist St. Pauli abschreckend für euch?
Ja, wir möchten eigentlich so ziemlich schnell wieder raus hier.
Wenn man in der Kleinstadt groß wird oder auf dem Land groß wird und dann die Fußballweltmeisterschaft und dann das noch dazu.
Man ist schon gestresst durch die Lautstärke. Und dann noch die Augen – es überfordert, es überfordert.“
„Man sagt, wenn es St. Pauli nicht geben würde, bräuchte Hamburg zwei Psychatrien mehr!“
Schrei
Schäfer: Ein Kurschatten kann sich durchaus positiv auf den Kurerfolg auswirken. Eine neue Beziehung in der zwanglosen Atmosphäre einer Kur hat bei vielen Menschen eine positive Wirkung auf die Psyche ...
Benzner: ... ähnlich einer Urlaubsaffäre. Denn alles, was der Psyche hilft, kommt letztlich der körperlichen Gesundheit zugute.
„Das orangefarbene Gebäude, wo wir jetzt drauf gucken, das war früher das Chicago. Das war eine Zuhälterkneipe, wo also ganz viele Harleys und amerikanische Straßenkreuzer vorgestanden haben. Ab und zu gab`s dann mal ne Schießerei, wo dann ein Mensch getroffen vom Hocker fiel. Aber seit das Ganze jetzt Frida B heißt, sind diese harten Zeiten auch vorbei.“
Schäfer: Und zu vergleichbaren Kontakten kann es auch auf Tagungen und Kongressen kommen.
„Hier kann man überall kuren, das ist Lebsaal für die Seele. Die Kurkapelle spielt in der 36 wenn Live-Musik ist. Der Kurpark ist hier überall auf den Straßen. Und erholen kann man sich auch überall. Und Trinkkuren gibt’s in der zweiten Kneipe hier.“
Benzner: Manche einer hat seinen Kurschatten gefunden.
Schäfer: Manche Geschichte ist in dem Buch „St.Pauli – Streifzüge auf dem Kiez“ durch Harry Rowohlt, Gunter Gerlach und anderen Hamburger Autoren fest gehalten.
Benzner: Gudrun Hammer von der Kurverwaltung:
„Hmmm, da muss ich jetzt, nee, so richtige Happy-End-Geschichten mit glücklichem Finden eines Kurschattens sind eigentlich nicht dabei, nein. Auch wenn es im Leben mal passiert, aber in den Geschichten nicht, nein.“
Benzner: Immerhin im Leben.
„Kurschatten zu Kurschatten, ne.“
Schäfer: Und die Glocken von St.Pauli läuten dann dazu ...