Kurt Weill Fest Dessau

Nachdem mit „Berlin im Licht“ ein erfolgreicher Auftakt des klingenden Städte-Dreisprungs zu den Lebens- und Arbeitsstationen von Kurt Weill gelungen ist, lädt das 20. Kurt Weill Fest 2012 in die pulsierende Metropole Paris ein, die zugleich einer der zentralen Fluchtpunkte im Europa des 20. Jahrhunderts war.
Keine andere europäische Stadt hat über einen so langen Zeitraum Menschen auf der Flucht, Menschen im Exil eine zumindest vorübergehende Heimstatt geboten, wie die Metropole an der Seine. So auch für Kurt Weill, der nach seiner Flucht aus Nazi-Deutschland von März 1933 bis September 1935 in Paris lebte. Die Haltung von Kurt Weill zu seiner Vertreibung aus Berlin und Deutschland eröffnet einen ungewohnten Blick auf die Frage von Exil und Heimat: Es habe sich, so sagt er später in einem Interview, ohnehin die Frage einer Luftveränderung gestellt – die Nazis seien ihm nur zuvorgekommen. Ganz bestimmt überspielt dies auch die Betroffenheit, die eigenen Werke im eigenen Land auf einem Scheiterhaufen brennen zu sehen; denn den Menschen fern zu sein, die sein Publikum waren, war Kurt Weill alles andere als gleichgültig.

Und doch zeugt diese Aussage auch von einer unbändigen Kraft, sich nicht zu unterwerfen, sich nicht aufzugeben, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen und, gleich an welchem Ort, eine möglichst große Nähe zu der jeweils gegebenen Zuhörerschar zu schaffen. Kurt Weill wird so wieder unser Reisebegleiter in die Zeit der 30er Jahre sein, wird uns Augen und Ohren öffnen für die Lebensumstände, für die Musik der damaligen Zeit.

Als Artist-in-Residence wird die gefeierte Sopranistin Ute Gfrerer dem Kurt Weill Fest 2012 besonderen Glanz verleihen. Gilt die Sängerin schon seit vielen Jahren international als eine führende Interpretin der Werke von Kurt Weill, so hat Ute Gfrerer spätestens seit ihrer „Venus“ in der umjubelten Festspiel-Produktion von „One Touch of Venus“ im Jahr 2010 beim Kurt Weill Fest eine eigene Fangemeinde. Im Rahmen der vier Konzerte umfassenden Residenz gestaltet die in Boston lebende Sängerin am 8. März, begleitet von Christian Koch, „Lebenswege – Voyages à Paris“.

Zuerst sind es tragische Schicksale, machen die Lebenswege der vielen Menschen, die vor der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten fliehen mussten, betroffen und fassungslos. Und doch haben viele der Künstler auch im Exil ihre Sprache nicht verloren – haben vielleicht sogar eine weitere dazu gewonnen, haben sich nicht einem dumpfen Schicksal ergeben, sondern dagegen angeschrieben, komponiert, gesungen und gespielt.

Ute Gfrerer lässt diese Verfolgten, deren Schuld darin bestand, als Juden die Menschen mit Ihrer Kunst glücklich zu machen, mit ihrer wunderbaren Musik zu Wort kommen und zeichnet Lebenswege nach, die nach Paris führten. Wie den von Norbert Glanzberg, der unvergessene Chansons für die Piaf schrieb, oder wie Kurt Weill, der in Paris so unvergessliche Lieder komponierte wie „Yukali“, „Le grand Lustucru“ oder „J'attends un navire“. Begleitet wird sie dabei von Christian Koch, der auch beim Broadway-Weill-Abend „One Life to live“ im Festspieljahr 2009 am Klavier saß.
www.kurt-weill.de



Kurt Weill Fest
Bauhaus Dessau
Aufzeichnung vom 8.3.12
Lebenswege – Voyages à Paris
Lieder von
Francis Poulenc
Vernon Duke
Cole Porter
Jerome David Kern
Dave Frishberg
Kurt Weill
Norbert Glanzberg
Hermann Leopoldi
Joseph Beer

Ute Gfrerer, Gesang
Christian Koch, Klavier

ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Stefan Lang im Gespräch mit Ute Gfrerer