Kuriositäten aus Fauna und Flora

Rolf Froböse interessiert sich für die Merkwürdigkeiten der Natur, die er wie Herbstlaub zu einem bunten Blättergewimmel auslegt. Mit exotischen Mikroben beginnt er, kommt dann zu Wasserstoff produzierenden Algen, Kugelblitzen, Raketenantrieben bei Meerestieren, chemischen Keulen bei Pflanzen, Zitteraalen und breitet sich über extreme Wetterereignisse aus.
Windhosen sind wie Staubsauger. Sie ziehen im Eiltempo über den Boden und schlürfen alles auf, was dort kreucht und fleucht. Gelegentlich ist auch allerhand Kleingetier darunter. Und das regnet dann irgendwo wieder ab. Wenn also Frösche vom Himmel fallen, so nicht als alttestamentarische Plage, sondern als meteorologische Rarität.

Das ist es, was Rolf Froböse interessiert: der Frosch-Schauer und viele andere Merkwürdigkeiten der Natur und ihre wissenschaftliche Erklärung. In erster Linie faszinieren den gelernten Chemiker "die verrücktesten Naturphänomene", die ihm fachlich nahe stehen. Froböse kümmert also nicht, wie es Kaiserpinguine anstellen, bei minus 80 Grad im antarktischen Winter zu überleben, oder wie es Wale mit ihren Lungen fertig bringen, in 1500 Metern Meerestiefe nach Beute zu jagen. Vielmehr schaut er durchs Mikroskop und findet winzige Lebensformen da, wo seine Leser mit ihrer Alltagserfahrung längst nichts mehr vermuten: Leben im Eis, in Vulkanen, in tödlicher radioaktiver Strahlung, unter geradezu atemberaubendem Druck, in Salz und Säure, in Gestein ...

Immer will er wissen, wie diese Mikroorganismen in einer Umwelt zurechtkommen, die der Mensch für lebensfeindlich hält. Da weitet sich quasi von allein der Blick, ob bei der häufig ungewohnten Vielfalt an irdischen Lebensformen nicht vorstellbar ist, dass derartige Organismen auch anderswo im Planetensystem vorkommen. Aber Froböse bleibt immer nah am Beispiel, und man vermisst den etwas allgemeineren Ausblick auf die Wissenschaft, die gerade in den letzten Jahrzehnten den Erkenntnishorizont über die Reichweite des Lebendigen gewaltig ausgedehnt hat. Ein kleiner Seitenblick auf die Erfolge der Astronomie und ihre jüngsten Entdeckungen erdähnlicher extrasolarer Planeten ergäbe nämlich durchaus neue Perspektiven über das Leben im All.

Aber so ist Froböses Buch nicht angelegt. Er spannt nämlich nicht einen großen durchgehenden thematischen Bogen über die Vielfalt an Mikroorganismen, sondern legt vielmehr wie Herbstlaub ein buntes Blättergewimmel aus zu tausenderlei verschiedenen mehr oder weniger erstaunlichen Naturerscheinungen. Mit exotischen Mikroben beginnt er nur, kommt dann zu Wasserstoff produzierenden Algen, Kugelblitzen, Raketenantrieben bei Meerestieren, chemischen Keulen bei Pflanzen, Zitteraalen und breitet sich über extreme Wetterereignisse aus. Als ob Hurrikane, Tornados, Hagelgewitter und Sandstürme fern der Sahara heute nicht medial allgegenwärtig wären.

Anschließend ein 20-Zeilen-Abstecher zu eisfreien Oasen in der Antarktis. Von da aus stürzt sich der Autor in die Tiefsee, taucht in vulkanische Gegenden mit ihren 400 Grad heißen Gewässern und stößt auf eigentümliche Lichtquellen. Danach wird es endgültig beliebig: Tsunamis, Salzpfannen, Lotuseffekt, an der Decke spazierende Geckos, künstliche Spinnenfäden, noch ein Mal Bakterien, natürliche Kraftwerke, Gift spritzende Käfer und so weiter. Für die eine Kuriosität hat er nur wenige Zeilen übrig, obgleich sie einen vielleicht etwas nähere interessiert hätte, für andere konstruiert er dafür einen ganzen Krimi.

Erfreulich ausführlich führt er seine Recherchen zu den Kugelblitzen vor, die im Januar 1994 in Neuruppin vorgekommen sind. Ein höchst seltenes Naturereignis, nach Froböse keine Legende, denn die Quellen, auf die er sich beruft, sind seriös.

Manches ist also wirklich überraschend, Anderes durch Tagesaktualität längst im öffentlichen Bewusstsein, gelegentlich kann der Autor seine eigene Verblüffung nicht recht auf den Leser übertragen. Zu konsumieren ist diese Loseblattsammlung von Naturkuriositäten wie die Blätter eines Tageskalenders: täglich eine Seite.


Rezensiert von Florian Hildebrand

Rolf Froböse: Wenn Frösche vom Himmel fallen. Die verrücktesten Naturphänomene
Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2007 240 Seiten, 24,90 Euro