Kunstwerke im Dienst der Kommunikation

Von Bettina Ritter · 19.05.2008
In seinen Werken führt der Däne Jeppe Hein Gegensätze zusammen: Feuer und Wasser, Mensch und Maschine prallen hier beispielsweise aufeinander. Der Betrachter soll die Arbeiten entdecken und erforschen und zum Dialog angeregt werden.
Ein Atelier in Berlin-Kreuzberg. Ein großer Raum, etwa 150 Quadratmeter. Es wird gesägt und gefeilt. In einem Nebenraum sitzt Jeppe Hein. Er trät schwarze Jeans, schwarzen Pulli und ein knallbunt kariertes Halstuch.

"Ich meine mehr, dass meine Kunstwerke ist eine Werkzeug für Kommunikation und Dialog. Das finde ich extrem interessant, dass man in die Dialog geht mit die Leute. Vielleicht versuche ich, diese Begrenzung, diese Distanz, das man auch zu Kunst hat, probiere ich, das in Frage zu stellen und wie kann man diese Distanz vielleicht aufheben."

Seine Werke beziehen den Betrachter immer ganz direkt in das Geschehen ein, ohne sie gäbe es seine Kunst gar nicht, meint Jeppe Hein. Zum Beispiel seine Wasserinstallationen auf öffentlichen Plätzen: Eng nebeneinander montierte, schmale Wasserfontänen schießen plötzlich aus der Erde und schließen die Menschen wie vier Wände in einen Raum ein. "Appearing Rooms" – "Erscheinende Räume", so der Titel. Oder seine Reihe von deformierten Bänken, bei denen sich der Besucher die Sitzfläche erst suchen muss.

"Ich finde es am meisten interessant, wenn man physisch auf seinen Körper was spürt, weil das oft ist etwas anderes, als was du erwartest in einem Museum, oder in einer Galerie oder in einem öffentlichen Raum. Und dann ist es auch nicht so wichtig, wenn die Leute sagen, es ist Kunst oder nicht. Viel wichtiger ist zu sehen, was passiert da eigentlich, zwischen uns, oder zwischen das oder zwischen die Raum, wenn das hier bewegt sich."

Schon von klein auf hat Jeppe Hein, geboren 1974, mit Kunst zu tun. Seine Eltern, beide Lehrer, trennen sich, als er fünf Jahre alt ist. Der neue Lebensgefährte seiner Mutter ist Maler. Außerdem ist Jeppe Hein mit dem dänischen Maler Asger Jorn verwandt, einem der Mitbegründer der Künstlergruppe Cobra, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg für eine freie, übernationale Bildsprache einsetzt. Als Kind ist er jedes Wochenende bei einer Ausstellungseröffnung dabei, und fühlt sich erst einmal abgestoßen.

"Extrem viel so Kunst-Hoo-Hai, Happenings und so, das waren so Fluxus-Sachen. Und da war ich ein bisschen erschrocken, glaub ich, da habe ich extrem Abstand gehalten von diese Kunstwelt, weil, ich fand das ziemlich snobbisch und unangenehm damals."

Er entscheidet sich mit 17 für eine Schreinerlehre. Gleichzeitig verfolgt er seinen Traum, Profi-Fußballer zu werden, trainiert fast jeden Tag. Auch heute noch wirkt der Künstler sportlich: 1,80 groß, schlank, braun gebrannt, sonnengebleichte, kurze Haare. Als Teenager macht er Party. Mehr interessiert ihn zu dieser Zeit nicht, erinnert er sich. Doch dann packt ihn ganz überraschend die Leidenschaft für die Kunst.

"Ich habe damals in meines Stiefvaters Atelier gewohnt, und er hat gesagt, du kannst malen, wann du Lust hast. Und ich hab gesagt: Ja gut, ich hatte gar keine Lust. Irgendwie ein Tag, komme ich zurück, und hatte extrem schlechte Laune in der Nacht, wegen irgendwas, auf Disco vielleicht, keine Ahnung. Und hatte da ein Aquarell gemalt. In 91 war das, und habe da einen extremen Kick gekriegt. Das hat dann alles angefangen. Da hab ich mehr und mehr gemalt."

An der Königlichen Kunsthochschule in Kopenhagen und der Städelschule in Frankfurt am Main lässt sich der Däne ausbilden und entwickelt seine ersten Installationen. Er hat schnell Erfolg, wird international ausgestellt, findet gute Galerien in Berlin, New York und Kopenhagen. Die Karriere läuft rasant. Er wird gelobt, aber auch kritisiert für seine Arbeit, die sich leichtfüßig und spielerisch hin zum körperlich Erfahrbaren bewegt. Sein Freund und Kollege, der isländisch-dänische Künstler Olafur Eliasson, rät ihm, Dänemark zu verlassen.

"Dänemark ist nicht die Kunstwelt. Das heißt, es ist extrem wichtig, dass man rausgeht und von außen Dänemark anschaut und guckt, wie es funktioniert. Dänemarks Kunstszene ist extrem klein, und man kennt diese 150 Leute. Und deshalb hat er mir immer empfohlen, irgendwo aufzubrechen."

Wie viele internationale Künstler liebt Jeppe Hein Berlin. Von hier aus könne man sich die internationale Kunstwelt einfach besser erschließen, außerdem schaffe der Kontakt mit vielen anderen Kollegen eine ganz besondere Energie. Aber nach acht Jahren will er jetzt doch wieder zurück in die Heimat, hat sich mit seiner deutschen Frau, einer Kulturmanagerin und Designerin, in Kopenhagen eine Wohnung gekauft. Der Grund: Seine zwei Jahre alte Tochter Alba.

"Ich vermisse extrem viel meine Familie und meine Freunde. Acht Jahre in einem anderen Land, jetzt probieren wir etwas Neues. Ich behalte mein Studio hier, ich behalte ein Zimmer hier und wir werden hin- und hergehen."

Schon vor einem guten halben Jahr hat Jeppe Hein in seiner alten Heimat zusammen mit seiner Schwester ein Restaurant eröffnet, das tagsüber ein Café und nachts eine Bar ist. Eingerichtet nur von Künstler-Kollegen, auch sein guter Freund, Olafur Eliasson, ist wieder dabei. Der Name steht als pinkfarbene Neon-Leuchtschrift neben der Eingangstür: "Karriere". Eine gute Wahl für die rosige Zukunft des Dänen.