Kunstmuseum in New York

"The Met" eröffnet ungewöhnliche Dependance

Ex-Whitney - jetzt MET in New York
Das ehemalige Whitney Museum in New York. Jetzt die neue Dependance des Metropalitan Museum of Art. © picture alliance / dpa / Foto: Christina Horsten
von Jürgen Kalwa · 14.03.2016
Das Metropalitan Museum of Art in New York platzt aus allen Nähten, deshalb ist es jetzt in die "Festung aus Beton" gezogen, wie manche das ehemalige Whitney Museum nennen. Das "Met Breuer" ist eine Hommage an den Architekten und ein Zeichen für Denkmalschutz.
In der Architektur-Geschichte von New York waren Abreißen und neu Bauen lange so etwas wie ein regelrechtes Kontinuum. Das hat sich geändert. Das beste Beispiel der letzten Jahre: die stählerne, aufgeständerte High Line, die, umgenutzt als attraktive Parklandschaft, zu einem Magneten wurde unter anderem für die Wiederbelebung der benachbarten Straßenzüge.

Ein etwas kleineres Beispiel für Denkmalpflege New Yorker Couleur öffnet nun auf der Upper Eastside - erneut - seine Pforten. Das "Met Breuer". Gebaut als Heimstatt für das Whitney Museum, das jedoch vor kurzem auszog und den Bau dem überbordenden Metropolitan Museum überließ.

Viele Vergleiche, die sich beim Blick auf das ungewöhnliche Haus an der Madison Avenue aufdrängen, gehen ins Martialische. Manche nennen es eine "Festung aus Beton". Die Fassade hat nur wenige kleine Fenster. Und die unkonventionelle Form - unten kleiner, oben breiter und ausladender - mutet klobig an.

Ein außergewöhnliches Haus mit außergewöhnlichem Namen

Man kann es aber auch anders sehen: Denn im dicht gedrängten Häuser-Canyon von Manhattan wirkt das Gebäude eher gedrungen und eingeklemmt und entzieht sich dadurch einer simplen assoziativen Einordnung.

Dem Mann, der es in den sechziger Jahren als Heimstatt für das Whitney Museum for American Art entworfen hat, dürfte das ganz recht sein. Marcel Breuer hat seine Philosophie mal so formuliert: "Moderne Architektur ist kein Stil, sondern eine Haltung."
Thomas Campbell: "Es ist eines der großartigen, ikonenhaften Gebäude in New York. Mit phantastischen Ausstellungsflächen. Für moderne Kunst. Und für alte Kunst."

Thomas Campbell ist der Direktor des Metropolitan Museums, das jetzt in das Gebäude eingezogen ist. Das Breuer-Haus dient als Ausweichquartier, weil das Stammhaus am Central Park aus allen Nähten platzt. Ein Ort mit einem für den Kunstbetrieb ziemlich ungewöhnlichen, aber irgendwie auch folgerichtigen Namen. Es heißt jetzt "Met Breuer".

"Wir haben uns lange Gedanken gemacht, wie wir das Gebäude nennen wollen. 'Met on Madison Avenue' zum Beispiel. Aber je länger wir überlegt haben, desto mehr wollten wir mit dem Namen des Architekten herausstreichen, dass es uns um Kunst und Kreativität geht. Die Öffentlichkeit wird sich noch an den Namen gewöhnen und die Geschichte dahinter verstehen."

Vor allem dann, wenn sich die New Yorker nicht nur für das Haus selbst, sondern auch für sein neues Innenleben begeistern.
"Als ich vor acht Jahren Direktor wurde, war mir klar, dass unser Publikum großen Appetit darauf verspürt, dass wir unser Engagement im Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst ausbauen. Weil im Hauptgebäude dafür kein Platz war, haben wir überlegt, wie man die Situation verbessern kann."

Das Museum brütet etwas Unvollendetes aus

Der zunächst mal nur für acht Jahre angemietete und behutsam renovierte Breuer-Bau ist die dritte Dependance - neben dem Haupthaus und dem Cloisters an der Nordspitze von Manhattan. Wie man ihn nutzen will, deutet sich bereits mit der ersten Ausstellung an. Titel: "Unfinished: Thoughts Left Visible". Dr. Eva Reiffert, eine der Kuratorinnen der Ausstellung:

"Diese Ausstellung ist das, was nach zwei Jahren intensivster Überlegung und intensivsten Nachdenken als Konzept herausgekommen ist. Wir beginnen mit Renaissance, Barock - das ist eine chronologische Ausstellung. Dann haben wir hier den Bereich der Porträtkunst, für die die unfertige Ästhetik eine Frage des Fokussieren auf das Gesicht, auf die Hände ist.
Dann haben wir das 19. Jahrhundert, in dem wir jetzt gerade stehen. Sie gehen hoch in den vierten Stock und werden dort den Moment von Cézanne und Picasso erleben. Wir haben unfertige Drucke für die das ein ganz wichtiges Thema ist. Eine Fallstudie zu Turner hier noch im 19. Jahrhundert. Und nach Cézanne und Picasso kommt dieser große Moment von ab 1950, wo das "Non-Finito" konzeptualisiert wird als das infinite, das partizipatorische."

Im "Met Breuer" keimt beim Besucher der Eindruck, dass der Titel der Ausstellung - absichtlich oder unabsichtlich - ganz gut zu der Phase jener Neueorientierung passt, die sich das Metropolitan selbst verordnet hat. In Breuers dickem Betonmantel brütet das Museum ganz offensichtlich noch etwas ziemlich Unvollendetes aus.
Allerdings betrachtet Direktor Thomas Campbell den Vorgang nicht als "l’art pour l’art":
"Unser Publikum ist sehr daran interessiert, zu erfahren, wie wir mit moderner und zeitgenössischer Kunst umgehen. Nicht in einem eng gefassten Kontext, sondern mit einem breiten historischen und enzyklopädischen Horizont. Das sorgt für einen ganz anderen Widerhall."

Und das nicht nur, was die Kunst selbst betrifft, die im Met Breuer einen markanten Kontrast zum heiß gelaufenen Kunstmarkt und seinen oberflächlichen Kraftfeldern herstellen könnte. Als das Museum of Modern Art neulich ein Museumsgebäude in seiner Nachbarschaft übernahm, ließ man es schnöde einfach abreißen. Das Metropolitan zeigt mit Breuers Bau, dass es auch anders geht.
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