Kunsthistoriker zum Streit um Uecker-Bild

Was Laien über Kunstfälschungen wissen sollten

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Günther Uecker Maler und Objektkünstler Günther Uecker bei seiner Ausstellung Zeichen Setzen bei der Langen Foundation in Neuss, Deutschland 2005.
Der Künstler Günther Uecker blickt auf ein großes Werk zurück. Ob ein gewisses Bild aus Sand dazugehört, sollen nun Gerichte klären. © imago images / United Archives / Wolfgang Kühn
Behrend Finke im Gespräch mit Julius Stucke |
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Ein Bild des Künstlers Günther Uecker stand für 15.000 Euro zum Verkauf. Doch vor Gericht sagt Uecker, das Bild sei gar nicht von ihm. Der Sachverständige Behrend Finke verrät, wie Kunstinteressierte sich vor Fälschungen schützen können.
Der Maler und Objektkünstler Günther Uecker, 90 Jahre alt und in den 1960er Jahren Mitglied der Künstlergruppe ZERO, hat in vielen Jahrzehnten mehrere Tausend Werke geschaffen. Bekannt wurde er vor allem für seine Nagelbilder mit komplexen rhythmischen Strukturen. Aber Uecker verwendete auch viele andere Materialien.

Künstler erkennt sein angebliches Werk nicht an

Über ein angeblich von ihm stammendes Sandbild auf Büttenpapier kam es nun zum Streit vor dem Landgericht Düsseldorf. Ein Kunsthändler hatte das Bild als Ueckers Werk deklariert. 15.000 Euro war eine Kundin bereit, dafür zu zahlen. Doch dann kamen ihr Zweifel an der Echtheit. Der als Zeuge zur Verhandlung geladene Künstler erkannte das Bild nicht als sein Werk an. Es entspreche nicht der Art und Weise, wie er in den 1980er Jahren mit Sand und Papier gearbeitet habe, sagte Uecker vor Gericht.
Auch fehlten an dem Bild gewisse Zeichen, mit denen Uecker alle seine Werke gekennzeichnet habe, so der Anwalt der Klägerin, die an den Kunsthändler bereits eine Anzahlung geleistet hatte. Die soll dieser ihr nun zurückerstatten, so das bisher noch nicht rechtskräftige Urteil.

Dubiose Kunsthändler sind erfinderisch

Für kunstinteressierte Menschen, die in dieser Preisklasse investieren wollen, vielleicht als Wertanlage, ist es nicht leicht festzustellen, was echt ist und was nicht. Worauf sollten sie besonders achten? Ein erster wichtiger Anhaltspunkt sei die Bekanntheit des Kunsthändlers in der Szene, sagt Behrend Finke, Kunsthistoriker und seit mehr als 35 Jahren öffentlich bestellter und vereidigter Kunstsachverständiger:
"Die Gefahr ist dann besonders groß, wenn Sie es mit einem Partner zu tun haben, der keine ladungsfähige Adresse hat, der keine Galerie führt, kein bestimmtes Renommee hat, das nachprüfbar ist." Hellhörig sollten Kaufinteressierte auch werden, wenn ein Werk zu einem besonders günstigen Preis angeboten werde. Um "Geschichten romanhafter Natur", die das erklären sollten, seien fragwürdige "Kunsthändler" nicht verlegen.
Günther Uecker sitzt an einem im Freien aufgestellten Tisch vor einem Mikrofon, unter dem Kinn trägt er wegen der Hygienebestimmungen während der Coronapandemie eine Mund-Nasen-Maske.
Günther Uecker auf einer Ausstellungseröffnung im Herbst 2020, anlässlich seines 90. Geburtstags© imago images / Oliver Langel
Dass ein Künstler selbst vor Gericht zum Verdacht einer Fälschung Stellung nehmen kann, scheint ein seltener Glücksfall zu sein. In Ueckers Fall allerdings zog der Anwalt des angeklagten Kunsthändlers daraufhin die Aussage des Künstlers in Zweifel: In Anbetracht von Ueckers über 60 Jahre währenden Schaffenszeit wäre es doch durchaus vorstellbar, "dass man ein einziges Bild mal nicht wiedererkennt".
Aus Behrend Finkes Sicht kein stichhaltiges Argument: Günther Uecker sei "sicherlich im Vollbesitz seiner geistigen und auch schöpferischen Kräfte". Sein Hinweis darauf, dass persönliche Erkennungszeichen fehlten, mit denen er seine Werke markiere, unterstreiche zusätzlich die Glaubwürdigkeit seiner Aussage.

Wie die falsche Note in einer Fuge von Bach

Manche Fälschungen seien so schlecht gemacht, dass man sie schon als skurril bezeichnen müsse, berichtet Finke. Aber wie steht es um besonders raffinierte Fälschungen, sollte man ihnen in manchen Fällen selbst den Rang eines Kunstwerks zuerkennen? Finke winkt ab. Ganz abgesehen davon, dass eine Fälschung "überhaupt nicht marktfähig" sei, machten sich viele Menschen nicht klar, dass Fälschungen geeignet seien, den Anspruch und die Qualität eines künstlerischen Gesamtwerks massiv zu beeinträchtigen.
"Das ist so, wie wenn Sie in eine Bachfuge falsche Noten rein schreiben", sagt Finke. Auch dass ein spektakuläres Gerichtsverfahren ein gefälschtes Kunstwerk am Ende aufwerten könnte, hält Finke für abwegig: "Wenn das Verfahren gegen den Anbieter und Verkäufer entschieden wird, muss er das bei sich aufhängen oder in eine Mappe tun. Etwas anderes bleibt ihm gar nicht übrig", so der Sachverständige. Denn ungeachtet jedes noch so spannenden Kunstkrimis, den ein gefälschtes Bild in Gang setze, sei sein Schicksal von vornherein besiegelt: "Es sollte aus dem Verkehr gezogen werden."
(fka)
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