Kunstfestival Transmediale in Berlin

Rückbesinnung auf die guten alten Zeiten

06:57 Minuten
Der künstlerische Leiter der Transmediale 2020, Kristoffer Gansig, steht vor einer verzierten Steinwand.
Kristoffer Gansing ist seit 2011 künstlerischer Leiter der Transmediale. Dieser Festivaljahrgang ist sein letzter Jahrgang. © transmediale / Laura Fiorio
Carsten Probst im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 27.01.2020
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Unter dem Titel "End to End" thematisiert die Transmediale 2020 die Bedeutung von Netzwerken seit dem Beginn des Internetzeitalters. Sie will reflektieren, wie aus Freiheit Kontrolle und Überwachung wurde.
Zum 33. Mal findet das Medienkunstfestival Transmediale in Berlin statt. Anfangs als Filmkunstfestival konzipiert, gehört es längst zu den wichtigsten Medienkunstfestivals in Europa. Im Haus der Kulturen der Welt werden Vorträge, Diskussionen und die Gruppenausstellung "The eternal network" präsentiert.

Das Internet als Netzwerk ohne Hierarchie

Mit ihrem Titel "End to End" signalisiere die Transmediale, dass sie in der eigenen Geschichte zurückgehen wolle, sagt unser Kulturredakteur Carsten Probst.
"Natürlich auch als Treffpunkt für die Gemeinde, die das Internet als großes hierarchiefreies Netzwerk begriff, ohne das irgendeine Überwachungsinstanz in die Kommunikation eintritt. Dass also die User selbst die Knotenpunkte dieses Netzes bilden."
Aus heutiger Sicht sei das natürlich eher naiv, so Probst. Der Leiter des Festivals, Kristoffer Gansing, habe deswegen erläutert, dass das Festival den kulturellen, philosophischen und technologischen Ballast, den der Netzwerkbegriff mittlerweile mit sich führe, reflektieren wolle.
Man wolle nachzeichnen, wie aus dem Begriff des Netzwerks - als Synonym für freie Kommunikation - fast das Gegenteil wurde: also Kontrolle, Überwachung oder Datenmining.
Diese Idee werde auch in der zum Festival gehörenden Ausstellung "The eternal network" umgesetzt: "im Sinne einer Zeitreise". Auf verschiedenen Text-Stelen finde man gleich am Eingang wichtige Stationen dieser historischen Entwicklung.
Der Begriff "eternal network" stammt aus den 1960er Jahren, als Künstler sich noch per Post austauschten und damit das Kommunikations-Muster definierten: "Einer sendet Nachrichten an eine Gruppe von Empfängern und diese senden dann ihre Antworten zurück – und so geht das immer weiter hin und her." Eine Fortsetzung habe es dann in den 90er Jahren in wissenschaftlichen und sozialen Netzwerken gegeben.

Der Computer bewältigt die Krise

In der Ausstellung gibt es kritische Zukunftsvisionen. So spielt die Klimakrise im Projekt "Asunder" eine Rolle, bei der ein Computer nach Analyse von Geodaten eigenständig umwelttechnische Maßnahmen vorschlägt. Das könne dann auch die Veränderung einer Küstenlinie oder die Umsiedlung ganzer Bevölkerungsteile bedeuten, so Probst. Eine computergenerierte Weltrettung wäre demnach genauso dramatisch wie die Folgen der Klimakrise, so das Ergebnis von "Asunder".
Im "Asunder"-Projekt, das auf der Transmediale 2020 gezeigt wird, sieht man eine Satellitenaufnahme eines Küstenstreifens der Erde.
Das "Asunder"-Projekt von Tega Brain, Julian Oliver und Bengt Sjölén betrachtet die Erde als vernetztes System, dessen Daten sich sammeln, analysieren und nutzen lassen, um kritische Umweltprobleme zu lösen.© trandsmediale 2020
Festivalleiter Gansing wolle die Kritik der 1990er Jahre an den Zuständen wiederbeleben, erläutert er. Dadurch würden auch Potentiale von Netzwerken aufgezeigt, die völlig verschieden seien von den Lösungen, die das Silicon Valley heute anbiete. Gansing wolle also "eine Art produktive Rückkehr mit dieser Transmediale erreichen", analysiert Probst.

Die Transmediale 2020 findet bis zum 1.März 2020 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt.

(mle)
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