Kunstauszeichnung in Berlin

Agnieszka Polska bekommt Preis der Nationalgalerie

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Ausgezeichnet: Agnieszka Polskas Installation: What the Sun Has Seen (Version II), 2017, Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart © © Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin / Jan Windszus / Courtesy Zak Branicka Galerie, Berlin and OVERDUIN & CO., LA
Von Carsten Probst · 21.10.2017
Der Preis der Nationalgalerie 2017 geht an die in Berlin lebende polnische Künstlerin Agnieszka Polska. Unser Kunstkritiker Carsten Probst begrüßt die Entscheidung: Polska habe als einzige der Nominierten einen völlig eigenständigen künstlerischen Stil hervorgebracht.
Stimmungsvoll ging es zu bei der Verleihung des Preises der Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof in Berlin, insbesondere als Jurymitglied Zdenka Badovinac von der Moderna Galerija in Ljubljana eigens auf die Bühne stieg, um zu Ehren jeder einzelnen Finalistin ein Ständchen zu singen.
Vier Finalistinnen – das hat es in der Endausscheidung zum Preis der Nationalgalerie bislang noch nie gegeben. Das hatte immer wieder für Nachfragen gesorgt, ob hier beim wichtigsten deutschen Preis für Gegenwartskunst womöglich eine missverstandene Political Correctness über die unbefangene Auswahl gesiegt habe. So war es Udo Kittelmann, Direktor der Neuen Nationalgalerie und selber Jurymitglied, zunächst ein Anliegen, zu versichern, dass die Qualität der vier künstlerischen Positionen das einzige Kriterium der Auswahl war.

Das schwierigste Werk wurde ausgezeichnet

Dann jedoch der mit Spannung erwartete Moment: Udo Kittelmann öffnet den ominösen Umschlag.
"Und der Preis geht an – Agnieszka Polska."
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Die in Berlin lebende polnische Künstlerin Agnieszka Polska.© ©Agniezka Polska
Agnieszka Polska, 1985 im polnischen Lublin geboren, lebt und arbeitet in Berlin. Hörte man sich während und nach der Preisverleihung im Publikum um, so erfuhr diese Jury-Entscheidung überwiegend große Zustimmung. Das ist bemerkenswert, denn Polskas Werk ist im Vergleich der vier Finalistinnen sicherlich das voraussetzungsreichste und schwierigste. Sie selbst sagt darüber:
"Meine Filme sind wie Gedichte aufgebaut. Ich thematisierte darin individuelle Verantwortung, die Figur der Sonne repräsentiert dieses Individuum das mit unterschwelligen Botschaften den Betrachter in den inneren Dialog mit diesem Sonne hineinziehen will."

Hören Sie zum Thema auch das Gespräch mit Carsten Probst in unserer Sendung "Fazit" vom 20.10.2017: Audio Player

Der Betrachter wird in ihrer preisgekrönten Videoinstallation mit zwei abwechselnd laufenden Filmen konfrontiert. Der eine zeigt eine große Sonne, die als Beobachterin der Erde und ihrer Geschichte fungiert und zugleich, wie auch die Erde in der zweiten Projektion, puppenhafte menschliche Züge annimmt mit großen Augen und Verhaltensweisen, mit denen sie verschiedene menschliche Emotionen imitieren und hervorrufen, ein Kaleidoskop menschlicher Empfindungen, die wie Begleitmelodien der Geschichte anmuten.

Bestandsaufnahme der Stellung des Menschen

Sheena Wagstaff vom Metropolitan Museum of Art in New York verliest die Begründung der Jury-Entscheidung:
"In ihrem ganzen Werk thematisiert Polska die drängenden Fragen unserer Zeit. In einer poetischen Beziehung zwischen akustischer und visueller Sprache in unserer digitalen Alltagswelt vereint sie wissenschaftliche Theorie, frühe Animationskunst und die Utopien der modernen Avantgarden."
Polskas Bestandsaufnahme der Stellung des Menschen ist die einzige Arbeit dieses Wettbewerbs, die einen völlig eigenen und eigenständigen künstlerischen Stil hervorgebracht hat.
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Die für den Preis der Nationalgalerie 2017 nominierten Künstlerinnen Jumana Manna, Sol Calero, Iman Issa und Agnieszka Polska (v. l. n. r.)© Foto: David von Becker
Die Arbeiten ihrer drei Konkurrentinnen hingegen bedienten sich durchaus schon geläufiger künstlerischer Methoden: Die Venezolanerin Sol Calero hat ein Shoppingcenter nachgebildet, in dem dem Besucher viele kulturelle Klischees über Lateinamerika begegnen. Iman Issa, in Kairo geboren, jedoch wie alle anderen drei Künstlerinnen auch in Berlin lebend, schuf eine Art eigenes Altertumsmuseum zum kulturellen Erbes des Mittelmeerraumes und bildete dies als eigene Skulpturen nach. Die Amerikanerin Jumana Manna hat palästinensische Wurzeln und hat mit überdimensionalen Hohlformen und darauf projizierten Filmen und mit Installationen die Machtgefüge in Geschichte und Gegenwart in den Blick genommen.
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