Kunst - Stadt - Globalisierung
Die "Schwangere Auster" leuchtet an der Spree wieder in alter Pracht. Die als "Kongresshalle" 1957 eröffnete kühne Bogenkonstruktion wurde zwölf Monate lang behutsam renoviert. Nach der baulichen Runderneuerung sucht das Haus den inhaltlichen Anschluss an die politischen und kulturellen Veränderungen der Welt.
Die "Schwangere Auster" leuchtet an der Spree wieder in alter Pracht. Die als "Kongresshalle" 1957 eröffnete kühne, in der Tat bauchige Bogenkonstruktion des amerikanischen Architekten Hugh Stubbins, eines Schülers von Walter Gropius, wurde zwölf Monate lang sehr behutsam renoviert. An dem Meilenstein der Nachkriegsarchitektur sind von außen kaum Veränderungen zu erkennen. Im Innern wurde vor allem frisch gestrichen.
Bernd M. Scherer: " Das eine ist, dass das ursprüngliche Farbkonzept realisiert wurde, dass man die alten Farben in neuem Glanz sieht und plötzlich sieht, wie zeitgemäß das ist. Eigentlich sind es Farben, die, wenn Sie unsere Werbesprache sehen, die der angepasst ist und absolut modern. Das Zweite ist, dass das Foyer entkernt wurde, so dass man einen freien Blick in die Natur hat und dieses Wechselspiel zwischen Architektur und Natur neu erfahrbar wird."
Bernd M. Scherer ist seit kurzem der neue Leiter des "Hauses der Kulturen". Wie sein Vorgänger kommt Scherer aus dem Goethe-Institut, der Mittlerorganisation der auswärtigen Kulturpolitik. Nach der Renovierung des Gebäudes, das bereits Anfang der 80er Jahre einmal spektakulär eingestürzt und danach kurzzeitig vom Total-Abriss bedroht war, will er nun neue Akzente setzen. "Kunst-Stadt-Globalisierung" sind die Stichworte.
" Der eine Aspekt ist, dass wir deutlich machen wollen, dass die alte Einteilung in Europa- Nicht-Europa so nicht mehr existiert. Viele Künstler, die wir in der Vergangenheit eingeladen haben, die aus Palästina kommen, aus China oder Afrika , leben in Städten wie New York, Berlin, London. Deshalb ist die geografische Einteilung nicht mehr eine sinnvolle kulturelle Einteilung. "
Die Kongresshalle wurde als Symbol der deutsch-amerikanischen Freundschaft errichtet. Bis heute ist sie eines der markantesten Gebäude Berlins, bei weitem "moderner" und offener als das mittlerweile benachbarte Bundeskanzleramt. Für die Berliner war das "Geschenk" der westlichen Besatzer an die geteilte Stadt nicht nur architektonisch ein Hoffnungsträger, erläutert Jan Köhler, der zur Geschichte des Hauses zahlreiche Zeitzeugen befragt hat:
" Wir haben mit den älteren Westberlinern zu tun. Die haben hier Kennedy erlebt, die haben erlebt, wie das Gebäude eröffnet wurde, das wie ein UFO mitten im Tiergarten gelandet ist, ringsum alles in Ruinen, Wald existierte ja noch nicht, es gab Sand und in der Mitte stand diese Kongresshalle. Es gab da ne ganz große Dankbarkeit, son Glauben an bessere Zukunft, das war gut zehn Jahre nach dem Krieg. "
Das "Haus der Kulturen der Welt" – 1989 wurde der Kongresshalle dieser multikulturell angehauchte Name verpasst – hat sich mit häufig sehr erfolgreichen internationalen Festivals und Konferenzen vor allem den Ländern außerhalb Europas gewidmet. Jetzt, wo die Orange- und Braun-Töne, die den Schwung des muschelförmigen weißen Betondachs unterstreichen, wieder aufgefrischt wurden, soll auch die einstige Idee der Nachkriegszeit, nämlich der deutsch-amerikanische Dialog, wiederbelebt werden. Die Vorzeichen haben sich verändert.
Bernd M. Scherer: " Mit den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren gab es ja eine Reihe von Irritationen, wo man sich fragt, ist das noch das gleiche Wertesystem, oder gibt es da Differenzen. So dass mit dieser kulturellen Sensibilität für andere Kulturen wir auch auf unsere eigene, die westliche Kultur gucken. "
"Transatlantische Gespräche" mit Politikern und Wissenschaftlern sind für die kommenden Wochen geplant, ebenso ein umfangreiches Theater-, Tanz-, Film- und Literaturprogramm mit einem Großaufgebot an internationalen Gästen. Die Eröffnungsausstellung "New York – States of Mind" ist allerdings enttäuschend. Ein nur schwach strukturiertes Sammelsurium von Kunstwerken und Künstlern, deren gemeinsame Idee sich überwiegend darin erschöpft, dass sie alle in New York leben. Hervorstechend sind vielleicht allein die Arbeiten des in Taiwan geborenen Tehching Hsieh, der sein Leben als Obdachloser in New York verarbeitet hat – ein Projekt allerdings bereits aus den 80er Jahren. Sowie die Installation von Jon Kessler, der sich einen Albtraum aus Überwachungskameras und klickenden Schussautomaten zusammengebastelt hat.
Die Stadt, die Welt des 21. Jahrhunderts ist von Kontrolle und Terrorangst geprägt. Eine Entwicklung, die auch das frisch renovierte Haus der Kulturen umtreibt.
" Wir werden das fortsetzen mit einem großen Pogramm zum Mittleren Osten, mit der Frage, was ist aus dem 11. September geworden, was bedeutet er für die Welt. Und natürlich hat er im Mittleren Osten zentral die Gesellschaften verändert. "
Angst und Konfrontation - ein Geist, dem die "freiheitliche" Architektur der Kongresshalle ursprünglich entgegenstand.
Jan Köhler: " Die Kongresshalle war auch eine Halle des Volkes, ein Palast des Volkes, in den ersten zwei, drei Jahren sind hier Hunderttausende Leute hergekommen. Es ist ja offen nach allen Seiten, steht ja für Demokratie, Transparenz, Freiheit, Offenheit (…). Willy Brandt spricht, und da stehn 20. 000 Berliner. Das erreicht man heute ja gar nicht mehr. "
Die "Schwangere Auster" war – und ist - eine Ikone der Moderne und des Aufbruchs. Das "Haus der Kulturen der Welt" sucht nach der baulichen Runderneuerung den inhaltlichen Anschluss an die politischen und kulturellen Veränderungen der Welt.
Bernd M. Scherer: " Das eine ist, dass das ursprüngliche Farbkonzept realisiert wurde, dass man die alten Farben in neuem Glanz sieht und plötzlich sieht, wie zeitgemäß das ist. Eigentlich sind es Farben, die, wenn Sie unsere Werbesprache sehen, die der angepasst ist und absolut modern. Das Zweite ist, dass das Foyer entkernt wurde, so dass man einen freien Blick in die Natur hat und dieses Wechselspiel zwischen Architektur und Natur neu erfahrbar wird."
Bernd M. Scherer ist seit kurzem der neue Leiter des "Hauses der Kulturen". Wie sein Vorgänger kommt Scherer aus dem Goethe-Institut, der Mittlerorganisation der auswärtigen Kulturpolitik. Nach der Renovierung des Gebäudes, das bereits Anfang der 80er Jahre einmal spektakulär eingestürzt und danach kurzzeitig vom Total-Abriss bedroht war, will er nun neue Akzente setzen. "Kunst-Stadt-Globalisierung" sind die Stichworte.
" Der eine Aspekt ist, dass wir deutlich machen wollen, dass die alte Einteilung in Europa- Nicht-Europa so nicht mehr existiert. Viele Künstler, die wir in der Vergangenheit eingeladen haben, die aus Palästina kommen, aus China oder Afrika , leben in Städten wie New York, Berlin, London. Deshalb ist die geografische Einteilung nicht mehr eine sinnvolle kulturelle Einteilung. "
Die Kongresshalle wurde als Symbol der deutsch-amerikanischen Freundschaft errichtet. Bis heute ist sie eines der markantesten Gebäude Berlins, bei weitem "moderner" und offener als das mittlerweile benachbarte Bundeskanzleramt. Für die Berliner war das "Geschenk" der westlichen Besatzer an die geteilte Stadt nicht nur architektonisch ein Hoffnungsträger, erläutert Jan Köhler, der zur Geschichte des Hauses zahlreiche Zeitzeugen befragt hat:
" Wir haben mit den älteren Westberlinern zu tun. Die haben hier Kennedy erlebt, die haben erlebt, wie das Gebäude eröffnet wurde, das wie ein UFO mitten im Tiergarten gelandet ist, ringsum alles in Ruinen, Wald existierte ja noch nicht, es gab Sand und in der Mitte stand diese Kongresshalle. Es gab da ne ganz große Dankbarkeit, son Glauben an bessere Zukunft, das war gut zehn Jahre nach dem Krieg. "
Das "Haus der Kulturen der Welt" – 1989 wurde der Kongresshalle dieser multikulturell angehauchte Name verpasst – hat sich mit häufig sehr erfolgreichen internationalen Festivals und Konferenzen vor allem den Ländern außerhalb Europas gewidmet. Jetzt, wo die Orange- und Braun-Töne, die den Schwung des muschelförmigen weißen Betondachs unterstreichen, wieder aufgefrischt wurden, soll auch die einstige Idee der Nachkriegszeit, nämlich der deutsch-amerikanische Dialog, wiederbelebt werden. Die Vorzeichen haben sich verändert.
Bernd M. Scherer: " Mit den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren gab es ja eine Reihe von Irritationen, wo man sich fragt, ist das noch das gleiche Wertesystem, oder gibt es da Differenzen. So dass mit dieser kulturellen Sensibilität für andere Kulturen wir auch auf unsere eigene, die westliche Kultur gucken. "
"Transatlantische Gespräche" mit Politikern und Wissenschaftlern sind für die kommenden Wochen geplant, ebenso ein umfangreiches Theater-, Tanz-, Film- und Literaturprogramm mit einem Großaufgebot an internationalen Gästen. Die Eröffnungsausstellung "New York – States of Mind" ist allerdings enttäuschend. Ein nur schwach strukturiertes Sammelsurium von Kunstwerken und Künstlern, deren gemeinsame Idee sich überwiegend darin erschöpft, dass sie alle in New York leben. Hervorstechend sind vielleicht allein die Arbeiten des in Taiwan geborenen Tehching Hsieh, der sein Leben als Obdachloser in New York verarbeitet hat – ein Projekt allerdings bereits aus den 80er Jahren. Sowie die Installation von Jon Kessler, der sich einen Albtraum aus Überwachungskameras und klickenden Schussautomaten zusammengebastelt hat.
Die Stadt, die Welt des 21. Jahrhunderts ist von Kontrolle und Terrorangst geprägt. Eine Entwicklung, die auch das frisch renovierte Haus der Kulturen umtreibt.
" Wir werden das fortsetzen mit einem großen Pogramm zum Mittleren Osten, mit der Frage, was ist aus dem 11. September geworden, was bedeutet er für die Welt. Und natürlich hat er im Mittleren Osten zentral die Gesellschaften verändert. "
Angst und Konfrontation - ein Geist, dem die "freiheitliche" Architektur der Kongresshalle ursprünglich entgegenstand.
Jan Köhler: " Die Kongresshalle war auch eine Halle des Volkes, ein Palast des Volkes, in den ersten zwei, drei Jahren sind hier Hunderttausende Leute hergekommen. Es ist ja offen nach allen Seiten, steht ja für Demokratie, Transparenz, Freiheit, Offenheit (…). Willy Brandt spricht, und da stehn 20. 000 Berliner. Das erreicht man heute ja gar nicht mehr. "
Die "Schwangere Auster" war – und ist - eine Ikone der Moderne und des Aufbruchs. Das "Haus der Kulturen der Welt" sucht nach der baulichen Runderneuerung den inhaltlichen Anschluss an die politischen und kulturellen Veränderungen der Welt.