Kunst in Nahost

Ägypten als korrupter Gottesstaat

Von Adelheid Wedel · 02.12.2013
Die FAZ stellt einen ägyptischen Science-Fiction-Roman vor, der ein satirischer Spiegel des heutigen Ägypten ist. Die "Welt" stellt junge syrische Künstler in ihrem Beiruter Exil vor. Und die "Taz" erinnert an den großen Kabarettisten Wolfgang Neuss, der heute 90 Jahre alt geworden wäre.
Ägypten im Jahr 2048 wird im Science Fiction Roman "Die 33. Hochzeit der Donia Nour" von einem jungen Ägypter beschrieben.
"Das Buch spielt in einem futuristischen Gottesstaat - Ähnlichkeiten mit der Realität sind durchaus beabsichtigt", erfahren wir vorab aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
"Nicht aber den Namen des Autors, der ein Pseudonym verwendet: H.Z. Ilmi. Seine unterhaltsame Abrechnung mit dem Islamismus kann den Autor den Kopf kosten", schreibt Tomas Avenarius in der "Süddeutschen". Ilmis Erstlingsroman stellt alles infrage, was den Muslimen seit 1.400 Jahren lieb und teuer ist:
"Allah ist eine tyrannisches Hirngespinst, aus kruden Männerphantasien geboren. Der Islam ist dienstbar beim Bau einer Diktatur. Die Prediger und Koran-Politiker sind geldgierige, ewig lüsterne Böcke. Das ist keine große Literatur, aber so unterhaltsam wie realitätsnah", urteilt der Rezensent. Der Roman zeige, wie das wirkliche Ägypten sei: "korrupt, bigott, zerrissen und dabei doch so fromm".
Tomas Avenarius lässt keinen Zweifel daran:
"In Ägypten und der gesamten islamischen Stratosphäre kann so ein Roman gefährlich werden. Und Ilmi schreibt mit der Abrissbirne. Er dekonstruiert Religion nicht, er zertrümmert sie, so wie der Prophet Mohammed die Götzenbilder in Mekka.
Die Zeitung informiert weiter: Ilmi schreibt jetzt an seinem zweiten Roman über eine utopische Gesellschaft, die frei ist von den Geißeln: Glauben, Schuld und Ehre.
Unter der Überschrift: "Die Tagelöhner von gestern sind die Kreativen von heute",berichtet Andrea Backhaus in der Tagezeitung DIE WELT, wie junge syrische Künstler nach Beirut fliehen und dort die Kunst- und Galerieszene kräftig aufmischen. Shadi Abosada, Jahrgang 1983, kam vor eineinhalb Jahren in die libanesische Hauptstadt.
"Als Flüchtling führt er in Beirut ein Schattendasein. Als Künstler findet er hier sein größtes Publikum. Und so ist Beirut für ihn ein Ort, an dem Träume wahr werden."
Die Galerie Artlab im Szeneviertel Gemmayzeh ist so etwas wie seine zweite Heimat geworden, hier zeigte er mit seiner ersten Soloausstellung "seine Antwort auf das syrische Martyrium: zum Schrei verzerrte Münder, Mauern, die den Betrachter zu zerquetschen drohen".
Wir erfahren: Gut eine Million Flüchtlinge hat der Libanon mit seinen vier Millionen Einwohnern aufgenommen.
"Die syrischen Künstler, die mehr als tausend Maler, Schriftsteller, Musiker, die seit einiger Zeit die Beiruter Cafés, Bühnen und Konzerthäuser bevölkern, zeigen, Beirut hat sich zum lebhaften Dorado der syrischen Intelligenz entwickelt."
"Die Kunstgeschichte muss korrigiert werden. Die Sammlung Gurlitt wird kein Einzelfall bleiben",sagt Rolf Jessewitsch, Leiter des Kunstmuseums Solingen mit dem Schwerpunkt "Verfemte Künste" und profunder Kenner der sogenannten "entarteten Kunst". Andreas Rossmann stellt dem Gespräch in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG voran:
"Kein deutsches Museum hat den Bildersturm der Nationalsozialisten gegen die Moderne so dezidiert und konsequent zu einem Programm der kritischen Aufarbeitung und Rehabilitierung gewendet."
1999 hat es erstmals die Sammlung Gerhard Schneider mit Werken verfemter Künstler gezeigt und sie so vor dem Vergessen bewahrt. 2004 wurde in Solingen die "Bürgerstiftung für verfemte Künstler mit der Sammlung Gerhard Schneider gegründet. 1280 Werke gehören zum jüngsten Schwabinger Bilderfund. Im FAZ-Gespräch ist die Rede von insgesamt 20.000 noch immer verschollenen Bildern.
An diesem Dienstag wäre Wolfgang Neuss 90 Jahre alt geworden. In der Berliner Tageszeitung TAZ erinnert Mathias Bröckers an den "Unruhestifter, Aussteiger und Meister-Kabarettisten der Nachkriegszeit", nicht ohne der"trostlosen Comedy-Inflation unserer Tage"eine Maxime des Altmeisters ins Gedächtnis zu rufen:
"Heute mach ich mir kein Abendbrot, heut mach ich mir Gedanken".