Kunst im Weltall

Geniale Idee – oder nur Weltraumschrott?

Silhouette einer Frau unter einem Sternenhimmel in den Bergen
Sternenhimmel: Einer der Lichtpunkte könnte in Zukunft auch der "Orbital Reflector" sein. © imago
Ulrich Woelk im Gespräch mit Dieter Kassel · 06.09.2018
US-Künstler Trevor Paglen will einen Satelliten ins All schicken. Der soll keinen anderen Nutzen haben als Sonnenlicht zu spiegeln. Für Astronomen ist das ein Problem, denn im All fliegt schon genug herum – und mehr künstliches Licht wollen sie auch nicht.
Im November soll ein Satellit ins All geschossen werden, der keinen anderen Zweck hat als zum Nachdenken anzuregen. Der "Orbital Reflector" sammelt keine Wetterdaten und hilft nicht beim Navigieren auf der Erde: Er soll lediglich Sonnenlicht spiegeln, auf der Erde sichtbar sein.
Das Projekt des US-Künstlers Trevor Paglen ist schwer umstritten, Wissenschaftler treibt die Sorge um, dass es Schule machen könnte. Astronomen seien "gebeutelte und gebrannte Kinder", sagt der Schriftsteller und Astrophysiker Ulrich Woelk im Deutschlandfunk Kultur.
Früher habe man die Sterne noch in der Nähe von Städten beobachten können, heute müsse man die entlegendsten Stätten aufsuchen, weil überall künstliches Licht sei: "Wenn wir nun auch noch anfangen, künstliche Lichtquellen im Weltall zu installieren, dann wird es irgendwann für die Forschung sehr eng."

Kilometerlange Werbebanner im Weltall

"Man kann auch jetzt schon hochschauen und sieht eine ganze Menge", betont Woelk. Zugleich räumt er aber ein, dass die Wissenschaft sehr pragmatisch denke. Die Forscher seien nicht bereit, sich die Frage zu stellen, ob eine solche Aktion für das Bewusstsein der Menschheit nicht doch einen Sinn habe.
Der Widerstand aus der Wissenschaft entstehe auch aus dem Gedanken heraus, dass damit solchen Vorhaben Tür und Tor geöffnet werde, betonte der Autor. Das Objekt, das Paglen ins All schießen will, wird Woelk zufolge nach einigen Monaten verglühen. Als Nächstes könnten Unternehmen aber auf die Idee kommen, kilometerlange Banner ins Weltall zu schicken, die dann von der Erde aus zu sehen seien. In der Science-Fiction-Literatur gebe es solche Szenarien bereits, sagte Woelk.
Doch vielleicht wird der Astronomen-Ärger auch bald abebben und das Projekt von Paglen erledigt sich von selbst. Erstens müssen die amerikanischen Behörden den Start noch genehmigen; und zweitens braucht der Künstler 1,3 Millionen Dollar, um seinen Satelliten loszuschicken. Ein Spendenaufruf brachte aber gerade mal 76.000 Dollar ein. (ahe)
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