Kunst aus toten Tieren
"Untiere", "Moderner Wolpertinger" oder "Hundskerle" heißen ihre Ausstellungen, die mal in Berlin, mal in Dresden, Wien, Budapest, Hongkong oder seit Anfang diesen Jahres auch in der Galeria Metropolitana in Barcelona zusehen sind. Und sie alle zeigen eines: Tote Tiere in neuer Form. Denn die Bildhauerin Iris Schieferstein ist Fachfrau in Sachen Fleischverarbeitung.
Iris Schieferstein: " Ich nähe tote Tiere zusammen und mache daraus Fleischobjekte, Fotoplastiken oder Bildplastiken. Ganz unterschiedlich. "
Es riecht merkwürdig in Iris Schiefersteins Atelier. Gewöhnungsbedürftig. Kein Wunder: Auf einem der Tische liegt ein angegammelter Hundekopf.
Iris Schieferstein: " Der wird abgekocht, dann entfleische ich ihn, die Haut liegt im Alkohol und dann, wenn der Kopf abgekocht ist und ich eine Schablone abgenommen habe, dann wird die Haut darüber gezogen. "
Der Hund hat Gesellschaft. In riesigen Glasvitrinen schwimmen Katzen, Hasen, Vögel, Igel und Reptilien - alles Tiere, die die Künstlerin auf Märkten kauft, die man ihr schenkt oder die sie tot vom Straßenrand aufsammelt. Und sie alle warten darauf, zu Kunstwerken verarbeitet zu werden.
Denn sobald die Tiere im Atelier von Iris Schieferstein ankommen, werden sie ausgenommen, gerupft oder rasiert. Hausfrauenarbeit, sei das. Mehr nicht.
Iris Schieferstein: "Klingt eklig, ist es aber nicht! Ich finde, wenn man Fleisch isst, dann muss man damit anderes umgehen können, das gehört mit zum Prozess!"
"Untiere" nennt die Künstlerin ihre bizarr anmutenden Wesen. Denn jedes tote Tier erhält hier eine neue Gestalt. Wird entfremdet, um als eigenständige Figur neu zu entstehen so wie jenes Huhn:
Iris Schieferstein: " Was zwar zwei Beine hat, aber die münden in einen Gänsefuß und der hat rechts und links auf seinen Flügeln jeweils einen Kopf sitzen und die zanken miteinander. Und deswegen heißt die Skulptur "Der Streiter"."
Allzu Menschliches kommt da in tierischer Verpackung daher. Und genau das macht die Arbeit der 38-Jährigen so spannend. Sie will neue Blickwinkel aufzeigen, aufrütteln und gewohnte Sehbilder durchbrechen. Und sie will provozieren. Die toten Tiere dienen dabei als ganz alltägliches Arbeitsmaterial:
Iris Schieferstein: " Wozu etwas nachformen, was schon da ist, was sich optimal nutzen lässt, was man verfremden kann. "
Auf den neusten Fotoplastiken fletschen daher Hunde und Katzenköpfe ihre Zähne. Ihre Leiber fehlen. Stattdessen haben sie nackte Frauenkörpern, die lasziv auf einem roten Teppich knien. Provokant auch das. Wie die Künstlerin selbst. Ihre roten langen Haare stehen im scharfen Kontrast zu ihren braun-grünen Augen und ihre lässig- schicken Klamotten samt rosa Stöckelschuhen wirken aufreizend in der düsteren Atmosphäre ihres Ateliers.
Klein und zierlich wirkt sie. Beim Reden raucht sie viel und scheint jeden Zug zu genießen. Lustvoll. Wie ihre Kunst. Denn je länger man die Werke der Iris Schieferstein betrachtet, umso auffallend ist dabei: Alle ihre Wesen sind nackt. Warum?
Iris Schieferstein: " Nackt sein ist das, was den Menschen ausmacht, na gut, jeder hat Haare auf den Armen oder an den Beinen oder sonst wo, aber tendenziell sieht man ja vor allem Haut und das ist, was die Brücke schlägt zu meiner Arbeit, dass die Tiere keine Haare haben oder Federn. "
Schon als Kind ist Iris Schieferstein von toten Tieren fasziniert. Sie untersucht sie ausführlich. Untypisch für eine Siebenjährige. Doch was ist schon typisch für ein Mädchen, dass ein äußerst unstetes Leben führt, viel umzieht und reist. Zur Ruhe kommt die damals 21-Jährige erst, als sie beginnt in Kassel Kunst zu studieren. 1990 kommt die angehende Bildhauerin nach Berlin. An die Kunsthochschule Weißensee:
Iris Schieferstein: " Gleichzeitig aber habe ich damals schon nebenher eben mit Hühner und Fischen gearbeitet. Das fanden die nicht so toll. Ich habe ihnen das dann irgendwann mal gezeigt, da waren sie relativ schockiert meine Lehrer, haben sich aber irgendwann mit eingefunden und mit abgefunden vor allen Dingen. "
Trotzdem: Iris Schieferstein macht weiter. Sie nimmt sogar an einem Sezierkurs der Mediziner teil. Von Ekel keine Spur. Fasziniert beobachtet sie die Abtragung der verschiedenen Hautschichten. Befühlt die Hautfasern. Und merkt: Jede Haut fasst sich anders an.
Iris Schieferstein: " Vögel haben eine sehr dünne und filigrane Haut. Die nähen sich auch total unterschiedlich. Ich habe ein Arsenal von verschieden dicken Nadeln und eine Schweinehaut lässt sich sehr schwer nähen, ist sehr porös sehr brüchig, weil die so fettgetränkt ist. Das ist sehr unterschiedlich! "
1993 hat Iris Schieferstein schließlich ihre erste Ausstellung: In der Berliner Auferstehungskirche präsentiert sie ihre Installation "Geschichte des Fisches". In 13 Glasvitrinen schwimmen sezierte Fische. Das Konzept kommt an. Es folgen Ausstellungen in Dresden, Wien, Budapest, Bern und Hongkong. Immer mit großem Erfolg: Schreiend weggelaufen sei noch niemand, erzählt die Berlinerin lachend.
Iris Schieferstein: " Manche sind schon schockiert, gucken sich aber trotzdem alles an und es gibt viele, die ihr anfängliches Vorurteil revidieren und sagen, ist doch ganz spannend. "
Es riecht merkwürdig in Iris Schiefersteins Atelier. Gewöhnungsbedürftig. Kein Wunder: Auf einem der Tische liegt ein angegammelter Hundekopf.
Iris Schieferstein: " Der wird abgekocht, dann entfleische ich ihn, die Haut liegt im Alkohol und dann, wenn der Kopf abgekocht ist und ich eine Schablone abgenommen habe, dann wird die Haut darüber gezogen. "
Der Hund hat Gesellschaft. In riesigen Glasvitrinen schwimmen Katzen, Hasen, Vögel, Igel und Reptilien - alles Tiere, die die Künstlerin auf Märkten kauft, die man ihr schenkt oder die sie tot vom Straßenrand aufsammelt. Und sie alle warten darauf, zu Kunstwerken verarbeitet zu werden.
Denn sobald die Tiere im Atelier von Iris Schieferstein ankommen, werden sie ausgenommen, gerupft oder rasiert. Hausfrauenarbeit, sei das. Mehr nicht.
Iris Schieferstein: "Klingt eklig, ist es aber nicht! Ich finde, wenn man Fleisch isst, dann muss man damit anderes umgehen können, das gehört mit zum Prozess!"
"Untiere" nennt die Künstlerin ihre bizarr anmutenden Wesen. Denn jedes tote Tier erhält hier eine neue Gestalt. Wird entfremdet, um als eigenständige Figur neu zu entstehen so wie jenes Huhn:
Iris Schieferstein: " Was zwar zwei Beine hat, aber die münden in einen Gänsefuß und der hat rechts und links auf seinen Flügeln jeweils einen Kopf sitzen und die zanken miteinander. Und deswegen heißt die Skulptur "Der Streiter"."
Allzu Menschliches kommt da in tierischer Verpackung daher. Und genau das macht die Arbeit der 38-Jährigen so spannend. Sie will neue Blickwinkel aufzeigen, aufrütteln und gewohnte Sehbilder durchbrechen. Und sie will provozieren. Die toten Tiere dienen dabei als ganz alltägliches Arbeitsmaterial:
Iris Schieferstein: " Wozu etwas nachformen, was schon da ist, was sich optimal nutzen lässt, was man verfremden kann. "
Auf den neusten Fotoplastiken fletschen daher Hunde und Katzenköpfe ihre Zähne. Ihre Leiber fehlen. Stattdessen haben sie nackte Frauenkörpern, die lasziv auf einem roten Teppich knien. Provokant auch das. Wie die Künstlerin selbst. Ihre roten langen Haare stehen im scharfen Kontrast zu ihren braun-grünen Augen und ihre lässig- schicken Klamotten samt rosa Stöckelschuhen wirken aufreizend in der düsteren Atmosphäre ihres Ateliers.
Klein und zierlich wirkt sie. Beim Reden raucht sie viel und scheint jeden Zug zu genießen. Lustvoll. Wie ihre Kunst. Denn je länger man die Werke der Iris Schieferstein betrachtet, umso auffallend ist dabei: Alle ihre Wesen sind nackt. Warum?
Iris Schieferstein: " Nackt sein ist das, was den Menschen ausmacht, na gut, jeder hat Haare auf den Armen oder an den Beinen oder sonst wo, aber tendenziell sieht man ja vor allem Haut und das ist, was die Brücke schlägt zu meiner Arbeit, dass die Tiere keine Haare haben oder Federn. "
Schon als Kind ist Iris Schieferstein von toten Tieren fasziniert. Sie untersucht sie ausführlich. Untypisch für eine Siebenjährige. Doch was ist schon typisch für ein Mädchen, dass ein äußerst unstetes Leben führt, viel umzieht und reist. Zur Ruhe kommt die damals 21-Jährige erst, als sie beginnt in Kassel Kunst zu studieren. 1990 kommt die angehende Bildhauerin nach Berlin. An die Kunsthochschule Weißensee:
Iris Schieferstein: " Gleichzeitig aber habe ich damals schon nebenher eben mit Hühner und Fischen gearbeitet. Das fanden die nicht so toll. Ich habe ihnen das dann irgendwann mal gezeigt, da waren sie relativ schockiert meine Lehrer, haben sich aber irgendwann mit eingefunden und mit abgefunden vor allen Dingen. "
Trotzdem: Iris Schieferstein macht weiter. Sie nimmt sogar an einem Sezierkurs der Mediziner teil. Von Ekel keine Spur. Fasziniert beobachtet sie die Abtragung der verschiedenen Hautschichten. Befühlt die Hautfasern. Und merkt: Jede Haut fasst sich anders an.
Iris Schieferstein: " Vögel haben eine sehr dünne und filigrane Haut. Die nähen sich auch total unterschiedlich. Ich habe ein Arsenal von verschieden dicken Nadeln und eine Schweinehaut lässt sich sehr schwer nähen, ist sehr porös sehr brüchig, weil die so fettgetränkt ist. Das ist sehr unterschiedlich! "
1993 hat Iris Schieferstein schließlich ihre erste Ausstellung: In der Berliner Auferstehungskirche präsentiert sie ihre Installation "Geschichte des Fisches". In 13 Glasvitrinen schwimmen sezierte Fische. Das Konzept kommt an. Es folgen Ausstellungen in Dresden, Wien, Budapest, Bern und Hongkong. Immer mit großem Erfolg: Schreiend weggelaufen sei noch niemand, erzählt die Berlinerin lachend.
Iris Schieferstein: " Manche sind schon schockiert, gucken sich aber trotzdem alles an und es gibt viele, die ihr anfängliches Vorurteil revidieren und sagen, ist doch ganz spannend. "