Kunst aus dem geteilten Deutschland
Zum ersten Mal wird in den USA Kunst aus den beiden deutschen Nachkriegsstaaten gezeigt und im Gesamtzusammenhang präsentiert. Das Los Angeles County Museum of Art, LACMA, zeigt mehr als 300 Werke von über 120 Künstlern: Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Fotografien, Installationen, Bücher und Videos.
Die Kuratoren aus Berlin und Los Angeles, Eckhart Gillen und Stephanie Barron, lernten sich vor vielen Jahren kennen - durch ihr gemeinsames Interesse an Kunst aus dem geteilten Deutschland. Barron reiste viel durch die DDR und entwickelte vor mehr als 20 Jahren die Idee, vor allem in den USA unbekanntere deutsche Künstler und ihre Werke einem breiteren Publikum vorzustellen. Der zeitliche und räumliche Abstand zur Entstehung der Kunst hat dem Projekt aus ihrer Sicht sehr gut getan:
"Es ist eine Ausstellung, die versucht, einen neuen Blick auf die Kunst aus Ost und West zu werfen. Wegzukommen von der verbreiteten Vorstellung, dass alle deutsche Kunst eine Variante der expressionistischen Malerei ist. Zu zeigen, dass Video, Fotografie, Performance gibt - viele Ausdrucksformen jenseits der expressionistischen Tradition."
Natürlich sind bekannte Namen in der Ausstellung vertreten, darunter Baselitz, Beuys, Immendorf, Kiefer, Penck, Polke und Richter. Doch sie sind nur Teil eines viel weiteren Spektrums, in dem in den USA weitgehend unbekannte Namen präsentiert werden.
Zum Beispiel Hermann Glöckner und dessen in Dresden im Privaten entstandene Modelle für nie verwirklichte Skulpturen. Fotos und Videos der Autoperforationisten, Werke der Fluxus-Künstler und postmoderne Reflektionen von Studentenbewegung, Terrorismus, Rassismus und Sexismus westdeutscher Künstler wie Isa Genzken und Thomas Struth.
Für Kurator Eckhart Gillen von den "Kulturprojekten Berlin" geht es auch darum, zu zeigen, wie Künstler mit Umerziehungs-Strategien von Ost und West umgegangen sind, sie überwunden und unterlaufen haben. Dass dabei die Grenze zwischen den beiden Teilen Deutschlands oft verschwimmt, ist Teil des Ausstellungskonzepts.
"Auch zu verunsichern: Diese klaren Grenzen zwischen den ahnungslosen Künstlern in der DDR und den anderen, die international und frei waren, Dinge zwischen Realismus und Abstraktion, lassen sich hier studieren. Dass es ähnliche Haltungen gab gegen die Aufbau-Euphorie oder die Wirtschaftswunder-Euphorie. Das sind dann eher dunkle Bilder. Ob abstrakt oder figurative, das spielt gar keine so grosse Rolle."
Die Ausstellungsmacher versuchen nicht, eine umfassende Darstellung deutscher Kunst aus 44 Jahren zu erreichen. Bewusst soll es auch keine Präsentation von Höhepunkten der Kunst des Kalten Krieges sein, sondern ein Blick darauf, wie die gemeinsame Geschichte vor 1945 die Kunst beeinflusste, genauso wie die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen politischen Systemen und Ideologien der Nachkriegszeit.
Die Künstler Ralf Kerbach und Via Lewandowski entdecken durch das Ausstellungskonzept und die Konfrontation ihrer Gemälde mit anderen Werken ihrer Zeit neue Aspekte der eigenen Kunst. Kerbachs "Der Dichter" aus dem Jahr 1986 zeigt den später als Stasi-Spitzel entlarvten Dichter Sascha Anderson nach dessen Übersiedlung in den Westen.
"Es ist ein merkwürdiges Bild, der Dichter wird von schwarzen Vögeln zerhackt. Ein Bild des Immigranten, was ich malerisch umsetzen wollte. Was daraus noch geworden ist, da staune ich nun darüber, was da passiert ist."
Lewandowskis "gefrorene Glieder brechen leicht" entstand 1989, genau am Bruch der deutschen Geschichte, und ist auch für den Dresdner nun nicht nur unter künstlerischen Aspekten interessant, sondern auch als Zeitdokument.
"Ich frage mich dann schon, wie ich darauf gekommen bin, in so einer Situation so eine Idee zu formulieren. Was muss man wissen oder fühlen, um so eine Arbeit zu machen - die etwas prognostiziert, das tatsächlich ein halbes, ein Jahr später passiert?"
Die Kuratoren strukturieren die Ausstellung in Zeitabschnitten: Formalismusdebatte und Expressionismus 1945 bis 1950, Abstrake Kunst, sozialistischer Realismus und Konstruktivismus in den 50ern, Experimentieren mit Material, Form und Technologie sowie Auseinandersetzung mit Auschwitz-Prozessen, Mauerbau und Kaltem Krieg in den 60ern und 70ern und schließlich immer stärkere Politisierung der Kunst und die Bildung loser Netzwerk zwischen Künstlern beider Staaten in den 80er Jahren.
Die Bedeutung dieser Entwicklung laesst sich bei einem Besuch der Ausstellung kaum erfassen. Ein umfassender Katalog, ergänzende Vorträge und Filme werden interessierten Besuchern beim Verständnis helfen. Besonders in den USA ist ein wenig Nachhilfe notwendig, gibt Kunstkritikerin Suzanne Muchnic von der Los Angeles Times zu:
"Wir sind ziemlich ignorant, was diese Kunst betrifft. Wir kennen die Stars, die in der internationalen Szene für Furore sorgten, deren Werke man überall sehen kann. Darüber hinaus wissen wir nicht sehr viel."
Die Ausstellung ist bis zum 19. April in Los Angeles zu sehen. Ab dem 23. Mai wird sie unter dem Titel "Kunst und Kalter Krieg. Deutsche Positionen 1945 - 1989" im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg präsentiert, ab dem 3. Oktober im Deutschen Historischen Museum in Berlin.
"Es ist eine Ausstellung, die versucht, einen neuen Blick auf die Kunst aus Ost und West zu werfen. Wegzukommen von der verbreiteten Vorstellung, dass alle deutsche Kunst eine Variante der expressionistischen Malerei ist. Zu zeigen, dass Video, Fotografie, Performance gibt - viele Ausdrucksformen jenseits der expressionistischen Tradition."
Natürlich sind bekannte Namen in der Ausstellung vertreten, darunter Baselitz, Beuys, Immendorf, Kiefer, Penck, Polke und Richter. Doch sie sind nur Teil eines viel weiteren Spektrums, in dem in den USA weitgehend unbekannte Namen präsentiert werden.
Zum Beispiel Hermann Glöckner und dessen in Dresden im Privaten entstandene Modelle für nie verwirklichte Skulpturen. Fotos und Videos der Autoperforationisten, Werke der Fluxus-Künstler und postmoderne Reflektionen von Studentenbewegung, Terrorismus, Rassismus und Sexismus westdeutscher Künstler wie Isa Genzken und Thomas Struth.
Für Kurator Eckhart Gillen von den "Kulturprojekten Berlin" geht es auch darum, zu zeigen, wie Künstler mit Umerziehungs-Strategien von Ost und West umgegangen sind, sie überwunden und unterlaufen haben. Dass dabei die Grenze zwischen den beiden Teilen Deutschlands oft verschwimmt, ist Teil des Ausstellungskonzepts.
"Auch zu verunsichern: Diese klaren Grenzen zwischen den ahnungslosen Künstlern in der DDR und den anderen, die international und frei waren, Dinge zwischen Realismus und Abstraktion, lassen sich hier studieren. Dass es ähnliche Haltungen gab gegen die Aufbau-Euphorie oder die Wirtschaftswunder-Euphorie. Das sind dann eher dunkle Bilder. Ob abstrakt oder figurative, das spielt gar keine so grosse Rolle."
Die Ausstellungsmacher versuchen nicht, eine umfassende Darstellung deutscher Kunst aus 44 Jahren zu erreichen. Bewusst soll es auch keine Präsentation von Höhepunkten der Kunst des Kalten Krieges sein, sondern ein Blick darauf, wie die gemeinsame Geschichte vor 1945 die Kunst beeinflusste, genauso wie die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen politischen Systemen und Ideologien der Nachkriegszeit.
Die Künstler Ralf Kerbach und Via Lewandowski entdecken durch das Ausstellungskonzept und die Konfrontation ihrer Gemälde mit anderen Werken ihrer Zeit neue Aspekte der eigenen Kunst. Kerbachs "Der Dichter" aus dem Jahr 1986 zeigt den später als Stasi-Spitzel entlarvten Dichter Sascha Anderson nach dessen Übersiedlung in den Westen.
"Es ist ein merkwürdiges Bild, der Dichter wird von schwarzen Vögeln zerhackt. Ein Bild des Immigranten, was ich malerisch umsetzen wollte. Was daraus noch geworden ist, da staune ich nun darüber, was da passiert ist."
Lewandowskis "gefrorene Glieder brechen leicht" entstand 1989, genau am Bruch der deutschen Geschichte, und ist auch für den Dresdner nun nicht nur unter künstlerischen Aspekten interessant, sondern auch als Zeitdokument.
"Ich frage mich dann schon, wie ich darauf gekommen bin, in so einer Situation so eine Idee zu formulieren. Was muss man wissen oder fühlen, um so eine Arbeit zu machen - die etwas prognostiziert, das tatsächlich ein halbes, ein Jahr später passiert?"
Die Kuratoren strukturieren die Ausstellung in Zeitabschnitten: Formalismusdebatte und Expressionismus 1945 bis 1950, Abstrake Kunst, sozialistischer Realismus und Konstruktivismus in den 50ern, Experimentieren mit Material, Form und Technologie sowie Auseinandersetzung mit Auschwitz-Prozessen, Mauerbau und Kaltem Krieg in den 60ern und 70ern und schließlich immer stärkere Politisierung der Kunst und die Bildung loser Netzwerk zwischen Künstlern beider Staaten in den 80er Jahren.
Die Bedeutung dieser Entwicklung laesst sich bei einem Besuch der Ausstellung kaum erfassen. Ein umfassender Katalog, ergänzende Vorträge und Filme werden interessierten Besuchern beim Verständnis helfen. Besonders in den USA ist ein wenig Nachhilfe notwendig, gibt Kunstkritikerin Suzanne Muchnic von der Los Angeles Times zu:
"Wir sind ziemlich ignorant, was diese Kunst betrifft. Wir kennen die Stars, die in der internationalen Szene für Furore sorgten, deren Werke man überall sehen kann. Darüber hinaus wissen wir nicht sehr viel."
Die Ausstellung ist bis zum 19. April in Los Angeles zu sehen. Ab dem 23. Mai wird sie unter dem Titel "Kunst und Kalter Krieg. Deutsche Positionen 1945 - 1989" im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg präsentiert, ab dem 3. Oktober im Deutschen Historischen Museum in Berlin.