Kulturkritik des Bademantels

Ein schmieriges Textil?

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Playboy Hugh Hefner verbrachte den Tag gern im Morgenmantel, um seinen Reichtum herauszustellen. © picture-alliance/ dpa / Keystone USA v45
Matthias Dell im Gespräch mit Gesa Ufer · 08.01.2018
Was haben der Fall Weinstein und der Fall Wedel gemeinsam? Unter anderem wohl: dass beide ihre Belästigungsopfer gern im Bademantel empfingen. Für unseren Autor Matthias Dell ein Anlass, nach der Verbindung von Mann und Bademantel in Film, TV und Musik zu suchen.
"Bademäntel sind das nächste große Ding", orakelte die Frauenzeitschrift "Elle" Ende 2016. Doch spätestens die MeToo-Debatte um sexuelle Belästigung und Missbrauch hat dem einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn Männern wie Harvey Weinstein, Dieter Wedel & Co. wird nachgesagt, sie hätten ihre Opfer gern im Bademantel empfangen.

James Bond trug ihn auch ganz gern

Statt Trendkleidungsstück Bademantel müsste es insofern eher heißen: "Hüte dich vor Männern in Bademänteln!", meint Matthias Dell. Doch ist der Bademantel wirklich nur ein schmieriges Textil? Das sei die große Frage, meint unser Autor, der sich auf die Spur des Bademantels in der TV-, Film- und Musikgeschichte begeben hat.
Dort finde man nämlich erstaunlich viele Bademäntel. Zum Beispiel, "wenn einem plötzlich auffällt, wie häufig James-Bond-Figuren in einem Zwischenteil des Filmes im Bademantel sind und meistens dann auf eine Frau treffen".
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Der österreichische Sänger und Komponist Udo Jürgens während seiner Tournee "Der ganz normale Wahnsinn" am 10.11.2012 in der o2 World in Berlin.© picture alliance / dpa / Revierfoto
Oder wenn der Sänger Udo Jürgens "ein Markenzeichen daraus gemacht hat, bei seinen letzten Zugaben immer schon im Bademantel wieder auf die Bühne zu kommen", sagt Dell. Bei Udo Jürgens sei er ein Kleidungsstück der Vermittlung zwischen zwei Sphären: der privaten, intimen – "und dann leitet quasi der Bademantel über in die Welt des Repräsentativen".

Etwas für die, die nicht arbeiten müssen...

Auch Hugh Hefner habe aus dem Morgenmantel eine Marke gemacht - mit der Botschaft, da sei jemand so reich, "dass er angeblich nicht arbeiten muss und deswegen eben den ganzen Tag im Morgenmantel verbringen kann".
Mit einem ähnlichen Motiv spielte Bernd Begemann in seiner Neunziger-Jahre-Fernsehshow "Bernd im Bademantel", in der er so gekleidet musikalische Gäste empfing. "Der Bademantel ist für Figuren wie Bernd Begemann prototypisch, weil die quasi nicht zu Arbeit gehen müssen."
Oder für die, die nicht zur Arbeit können, wie der Arbeitslose Dittsche aus der gleichnamigen Fernsehshow, gespielt von Olli Dittrich.
"Wenn man dann irgendwie versteht, dass praktisch das Accessoire, der Bademantel, für Harvey Weinstein oder Dieter Wedel ein total schmieriges ist in dem Fall, dann kann man ja sagen: eigentlich sehen sie dann genauso lächerlich aus wie Dittsche ist. Und dann kann man verstehen, dass Macht nur ein zeitweiser Zustand ist", sagt Dell. "Also, man soll dem Bild der Lächerlichkeit eigentlich folgen, statt zu glauben, die Macht würde diesen Bademantel, den Frotteebademantel im Hotel, irgendwie aufwerten."
(uko)
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