Kulturgeschichte der Olympischen Spiele

Als Tauziehen noch olympisch war

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"Tauziehen war enorm populär 1908 bei den Spielen von London", meint der Germanist Klaus Zeyringer. © picture alliance / dpa / Urs Flueeler
Klaus Zeyringer im Gespräch mit Christopher Ricke und Anke Schäfer  · 05.08.2016
Sackhüpfen, Angeln oder Kanonenschießen gehörten in den Anfängen zu den olympischen Disziplinen. Der österreichische Germanist Klaus Zeyringer hat eine Kulturgeschichte der Olympischen Spiele verfasst.
"Tauziehen war enorm populär 1908 bei den Spielen von London", sagt der österreichische Germanist Klaus Zeyringer im Deutschlandradio Kultur. Die Olympischen Spiele hätten damals im Rahmen von Weltausstellungen stattgefunden und mit der Organisation der heutigen Sportveranstaltungen nicht viel zu tun. "Da gab es tatsächlich Disziplinen wie Erste Hilfe, Angeln, Auto- und Taxifahren und eben auch Kanonenschießen."

Diskrepanz zwischen Idealen und Realität

Die olympische Bewegung habe von Anfang an eine enorme Diskrepanz zwischen Idealen und Realität erlebt, sagte Zeyringer. Der französische Pädagoge und Sportfunktionär Pierre de Coubertin (1863-1937) habe beispielsweise bei der Gründung in Paris die Deutschen nicht eingeladen, weil sie die siegreichen Kriegsgegner von 1870 gewesen seien. Umgekehrt habe auch der Deutsche Turnerbund zunächst bei der "französischen Erfindung" nicht teilnehmen wollen.

Erbfolge im IOC

Heute seien die Olympischen Spiele die Beute des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), sagte Zeyringer. "Das IOC hat sich ein Monopol angeeignet, hat überhaupt keine demokratischen Strukturen, funktioniert im Grunde wie eine feudale Tafelrunde." Bis 1981 habe es keine Frauen im IOC gegeben und bis heute hätten die Funktionäre einen Diplomatenpass. "Das sind in erster Linie Aristokraten, Generäle, das sind Oligarchen, das sind Funktionäre, die den Sitz vom Vater zum Sohn weitergeben." Diese Strukturen könnten nicht kontrolliert werden. "Wenn die so das Weltkulturerbe verwalten, ist das schon ziemlich problematisch." Trotzdem glaubt der Buchautor, dass die Olympischen Spiele in Rio schöne Spiele werden. Es überwiege dann doch immer die Schönheit und Faszination des Sports.

Klaus Zeyringer, Olympische Spiele. Eine Kulturgeschichte von 1896 bis heute, Fischerverlage, 26,99 Euro

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