Kultureller Artenschutz
Ist Kultur schützenswert oder eine freie Ware? Über diese Frage entscheiden hochrangige Vertreter von 191 Staaten auf der UNESCO-Generalkonferenz in Paris: Sie stimmen über die Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt ab. Mit ihrer Entscheidung, die innerhalb der nächsten drei Wochen getroffen wird, beenden die Delegierten eine seit Jahren kontrovers geführte Debatte.
Die stolz und eng aneinander gereihten Flaggen der 191 UNESCO-Mitgliedstaaten sorgen nach außen hin für ein vielfarbiges und harmonisches Bild: 60 Jahre wird die UNESCO alt. Doch hinter der diplomatischen Fassade toben hitzige Debatten. Im Mittelpunkt der Generalkonferenz steht die Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt.
Bis heute ist nicht völlig klar, wie die Konvention in der Endfassung genau heißen wird, bemerkt Hans-Heinrich Wrede, Präsident des Exekutiv-Komitees der UNESCO:
"Der Titel hat sich im Laufe der zweijährigen Verhandlungen immer wieder geändert. Jetzt sieht es so aus - und ich muss vorsichtig sein in der Formulierung - jetzt sieht es so aus, dass diese Konvention den Namen tragen wird: "Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen"."
Drei Wochen haben die Delegierten Zeit, um eine der bedeutendsten Konventionen in der UNESCO-Geschichte zu verabschieden.
"Diese Konvention ist sicherlich wichtig und sie bringt seit langer Zeit mal wieder die UNESCO in die Schlagzeilen. Das geschieht selten, weil die UNESCO eher für langfristige, geduldige Arbeit im Felde bekannt ist. Aber diese Konvention ist wichtig. Gerade weil sie im Zeichen der Globalisierung und eines starken und sicherlich wichtigen Welthandels uns zur Besinnung bringt im Hinblick auf die Bedeutung der Kultur."
130 der 191 UNESCO-Staaten haben die Konvention bereits in einem Vorpapier unterzeichnet. Bei einer Abstimmung im Exekutivrat der UNESCO - kurz vor der Generalversammlung - haben sogar mehr als 90 Prozent der Mitglieder dafür gestimmt. Doch die Gegner sind zwar in der Minderheit, aber von Gewicht. Länder wie Japan, Großbritannien, Australien und Neuseeland sehen in der Konvention eine Schranke für den Freihandel.
Die größten Vorbehalte hegen die USA. Sie betrachten die Konvention als reinen Protektionismus und gefährliche Einmischung beim individuellen Streben nach kulturellem Glück, bemerkt Terry Miller, einer der Unterhändler der USA bei den Verhandlungen:
"Was den möglichen Missbrauch anbetrifft, so befürchten wir, dass die Rechte von Minderheiten durch eine UNESCO-Konvention eingeschränkt werden könnten. Überall auf der Welt gibt es Beispiele dafür, dass die individuellen Rechte im Namen von staatlicher Einheit unterdrückt werden. Das wollen wir verhindern."
Last but not least sehen die USA eine völkerrechtlich verbindliche Konvention als fürchterliche Bedrohung für ihren Kulturexport. Kulturelle Güter stehen beim Export der USA an erster Stelle - noch vor der Landwirtschaft. Doch die übergroße Mehrheit der Länder kämpft inzwischen dafür, dass die Kultur nicht in die neoliberale Freihandels- und Privatisierungswelle der Welthandelsorganisation (WTO) hineingerät. Kultur ist keine Ware, lautet ihr Motto.
Der galoppierenden Liberalisierung soll ein kultureller Riegel vorgeschoben werden: zugunsten von jeweils heimischen Musikproduktionen, Kino- und Fernsehfilmen, subventionierten Tanz-, Theater- oder Opern-Ensembles. Die Konvention soll etwa verhindern, dass nationale Buch- und Film-Industrien in kleinen oder ärmeren Staaten durch unkontrollierte Marktöffnungen einfach innerhalb kürzester Zeit vom Erdboden verschwinden. Für den Botschafter Norwegens an der UNESCO bedeutet die Konvention jedoch für alle Länder einen Zugewinn. Einar Steensnaes:
"Mein Eindruck von den Verhandlungen im Exekutiv-Komitee der UNESCO ist, dass die USA mit ihrer Position allein dastehen. Wir können einige der amerikanischen Vorbehalte verstehen, aber wichtiger ist, dass jedes Land das Recht erhalten wird, seine eigene Kultur zu schützen. Ich denke, auch Norwegen selbst wird von dieser Konvention profitieren. Wir versuchen, kulturelle Vielfalt zu respektieren, aber wir haben beispielsweise das Volk der Samen im Norden, das seine eigene Kultur und Sprache pflegt. Dafür müssen wir in Norwegen Verantwortung tragen. Das ist also nicht nur eine Frage für Entwicklungsländer oder kleine Länder, sondern auch eine große und bedeutende Frage für Industrieländer."
Der völkerrechtliche Schutz der kulturellen Vielfalt stellt die Allmacht der Welthandelsorganisation WTO in Frage. Japan will erreichen, dass die UNESCO-Konvention im Reigen internationaler Verträge keinen Vorrang erhält, sondern lediglich als Ergänzung angesehen wird, kommentiert Japans Repräsentant, Teiichi Sato:
"Wir sind nicht gegen die Konvention, aber wir stehen einigen Artikeln reserviert gegenüber, weil sie sehr weich formuliert worden sind. Wir brauchen also bei einigen Punkten eine Klarstellung. Der wichtigste Punkt für uns lautet: diese Konvention muss komplementär sein zu anderen internationalen Konventionen. Das haben wir ausdrücklich festgehalten. Das ist der einzige Punkt. Wenn das geklärt ist, dann freuen wir uns, wenn diese Konvention auf dieser Generalkonferenz verabschiedet wird."
Kann die Konvention im letzten Moment noch von einigen wenigen Ländern gekippt werden? Wir werden das zu verhindern wissen, so Jean Gueguinou, UNESCO-Botschafter Frankreichs. Er versichert: Wenn keine Einstimmigkeit erzielt wird, dann reicht laut UNESCO-Satzung im Zweifelsfall eine Zweidrittelmehrheit aus.
"Alles deutet meines Erachtens darauf hin, dass die Konvention verabschiedet wird. Nach all diesen zahlreichen Debatten, die wir in den letzten drei Jahren geführt haben. Aber man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor der Bär nicht erlegt worden ist."
Bis heute ist nicht völlig klar, wie die Konvention in der Endfassung genau heißen wird, bemerkt Hans-Heinrich Wrede, Präsident des Exekutiv-Komitees der UNESCO:
"Der Titel hat sich im Laufe der zweijährigen Verhandlungen immer wieder geändert. Jetzt sieht es so aus - und ich muss vorsichtig sein in der Formulierung - jetzt sieht es so aus, dass diese Konvention den Namen tragen wird: "Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen"."
Drei Wochen haben die Delegierten Zeit, um eine der bedeutendsten Konventionen in der UNESCO-Geschichte zu verabschieden.
"Diese Konvention ist sicherlich wichtig und sie bringt seit langer Zeit mal wieder die UNESCO in die Schlagzeilen. Das geschieht selten, weil die UNESCO eher für langfristige, geduldige Arbeit im Felde bekannt ist. Aber diese Konvention ist wichtig. Gerade weil sie im Zeichen der Globalisierung und eines starken und sicherlich wichtigen Welthandels uns zur Besinnung bringt im Hinblick auf die Bedeutung der Kultur."
130 der 191 UNESCO-Staaten haben die Konvention bereits in einem Vorpapier unterzeichnet. Bei einer Abstimmung im Exekutivrat der UNESCO - kurz vor der Generalversammlung - haben sogar mehr als 90 Prozent der Mitglieder dafür gestimmt. Doch die Gegner sind zwar in der Minderheit, aber von Gewicht. Länder wie Japan, Großbritannien, Australien und Neuseeland sehen in der Konvention eine Schranke für den Freihandel.
Die größten Vorbehalte hegen die USA. Sie betrachten die Konvention als reinen Protektionismus und gefährliche Einmischung beim individuellen Streben nach kulturellem Glück, bemerkt Terry Miller, einer der Unterhändler der USA bei den Verhandlungen:
"Was den möglichen Missbrauch anbetrifft, so befürchten wir, dass die Rechte von Minderheiten durch eine UNESCO-Konvention eingeschränkt werden könnten. Überall auf der Welt gibt es Beispiele dafür, dass die individuellen Rechte im Namen von staatlicher Einheit unterdrückt werden. Das wollen wir verhindern."
Last but not least sehen die USA eine völkerrechtlich verbindliche Konvention als fürchterliche Bedrohung für ihren Kulturexport. Kulturelle Güter stehen beim Export der USA an erster Stelle - noch vor der Landwirtschaft. Doch die übergroße Mehrheit der Länder kämpft inzwischen dafür, dass die Kultur nicht in die neoliberale Freihandels- und Privatisierungswelle der Welthandelsorganisation (WTO) hineingerät. Kultur ist keine Ware, lautet ihr Motto.
Der galoppierenden Liberalisierung soll ein kultureller Riegel vorgeschoben werden: zugunsten von jeweils heimischen Musikproduktionen, Kino- und Fernsehfilmen, subventionierten Tanz-, Theater- oder Opern-Ensembles. Die Konvention soll etwa verhindern, dass nationale Buch- und Film-Industrien in kleinen oder ärmeren Staaten durch unkontrollierte Marktöffnungen einfach innerhalb kürzester Zeit vom Erdboden verschwinden. Für den Botschafter Norwegens an der UNESCO bedeutet die Konvention jedoch für alle Länder einen Zugewinn. Einar Steensnaes:
"Mein Eindruck von den Verhandlungen im Exekutiv-Komitee der UNESCO ist, dass die USA mit ihrer Position allein dastehen. Wir können einige der amerikanischen Vorbehalte verstehen, aber wichtiger ist, dass jedes Land das Recht erhalten wird, seine eigene Kultur zu schützen. Ich denke, auch Norwegen selbst wird von dieser Konvention profitieren. Wir versuchen, kulturelle Vielfalt zu respektieren, aber wir haben beispielsweise das Volk der Samen im Norden, das seine eigene Kultur und Sprache pflegt. Dafür müssen wir in Norwegen Verantwortung tragen. Das ist also nicht nur eine Frage für Entwicklungsländer oder kleine Länder, sondern auch eine große und bedeutende Frage für Industrieländer."
Der völkerrechtliche Schutz der kulturellen Vielfalt stellt die Allmacht der Welthandelsorganisation WTO in Frage. Japan will erreichen, dass die UNESCO-Konvention im Reigen internationaler Verträge keinen Vorrang erhält, sondern lediglich als Ergänzung angesehen wird, kommentiert Japans Repräsentant, Teiichi Sato:
"Wir sind nicht gegen die Konvention, aber wir stehen einigen Artikeln reserviert gegenüber, weil sie sehr weich formuliert worden sind. Wir brauchen also bei einigen Punkten eine Klarstellung. Der wichtigste Punkt für uns lautet: diese Konvention muss komplementär sein zu anderen internationalen Konventionen. Das haben wir ausdrücklich festgehalten. Das ist der einzige Punkt. Wenn das geklärt ist, dann freuen wir uns, wenn diese Konvention auf dieser Generalkonferenz verabschiedet wird."
Kann die Konvention im letzten Moment noch von einigen wenigen Ländern gekippt werden? Wir werden das zu verhindern wissen, so Jean Gueguinou, UNESCO-Botschafter Frankreichs. Er versichert: Wenn keine Einstimmigkeit erzielt wird, dann reicht laut UNESCO-Satzung im Zweifelsfall eine Zweidrittelmehrheit aus.
"Alles deutet meines Erachtens darauf hin, dass die Konvention verabschiedet wird. Nach all diesen zahlreichen Debatten, die wir in den letzten drei Jahren geführt haben. Aber man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor der Bär nicht erlegt worden ist."