Kultureinrichtung unter Sparzwang
Einerseits sollen die Bibliotheken der Bildungsmisere entgegenwirken, kommunale Kulturzentren sein und ihren Nutzern den Weg in die moderne Medienwelt erleichtern, andererseits werden die Mittel für die Erhaltung und den Ausbau immer stärker gekürzt, obwohl die Besucherzahlen steigen. - "Bibliothek 2007" heißt ein Projekt, das den Einrichtungen neue Wege und Strategien aufzeigen soll. Ein Bereicht anlässlich des Tags der Bibliotheken.
Kaum zu glauben: an diesem Ehrentag wurde ein Leseraum der hannoverschen Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek in einen Kinosaal verwandelt. Auf dem Programm der Blockbuster "The Day After Tomorrow". Aber dieses Hollywood-Opus handelt ja auch von den Segnungen großer Bibliotheken - in ein solches Gebäude fliehen US-Bürger vor der eisigen Naturkatastrophe. Die Bibliothek als Zuflucht und Trutzburg - ein schönes Bild.
Doch hierzulande rührt die äußere Bedrohung nicht von der Natur, es sind - zumal bei öffentlichen Büchereien - Rotstiftstrategen, die für eisige Stimmung sorgen. Schließung oder Zusammenlegung von Zweigstellen, Personalabbau, sinkende Etats zur Buch- und Medienanschaffung bei steigenden Nutzergebühren - so die Bestandsaufnahme, die mit Jammerei nicht verwechselt werden darf. Dabei sind diese Kultur-Einrichtungen doch die meistfrequentierten in den Kommunen. Carola Schelle-Wolff, Bibliotheksdirektorin und Mitherausgeberin der Zeitschrift "Buch und Bibliothek", zu den Spareingriffen:
"Wir haben in Deutschland ein großes Problem: Uns fehlt eine gesetzliche Verankerung der Bibliotheken. Sie gehören in den Kommunen zu den "freiwilligen Aufgaben". Und in Zeiten immer knapper werdender Haushaltsmittel und der Überschuldung von Gemeinden fällt es den Politikern schwer, diese freiwilligen Aufgaben zu realisieren."
Aber begreifen die Stadtväter denn überhaupt, was sie diesen Einrichtungen antun?
"Sonntags lobt man dich bewegt - montags wirst Du abgesägt", so beschreibt Georg Ruppelt, Sprecher des bibliothekarischen Dachverbandes, die Art, wie Politiker mit Büchereien umgehen:
"Diese Verse habe ich tatsächlich einmal in einer frustrierten Stunde geschrieben. Insgesamt wäre es wünschenswert, dass die kommunalen Haushalte verpflichtet werden - wie es in Finnland durch ein Strategiepapier geschieht -, zwischen ein und vier Prozent ihrer Etats in die Bibliotheken fließen zu lassen."
Allerdings ähnelt die immerwährende Hoffnung auf ein deutsches Bibliotheksgesetz dem "Warten auf Godot".
Rund 200 Fördervereine haben sich in Deutschland um einzelne Bibliotheken gebildet, sie helfen bei der Finanzierung von Veranstaltungen, klopfen bei Sponsoren an und schlagen gegebenenfalls Alarm. Dennoch ist der allgemeine Aufschrei angesichts der Schließung von Zweigstellen schon mal lauter gewesen. Schelle-Wolff:
"Wenn man wie in Hannover seit 20 Jahren die Schließung von Bibliotheken gewohnt ist, wird es auf zentraler Ebene nicht mehr soviel Protest geben. Aber unmittelbar vor Ort - das haben wir auch andernorts beobachtet -, in den Kommunen und in den Stadtteilen, protestieren die betroffenen Nutzer sehr stark, und dadurch konnten sogar Büchereien gerettet werden, sie bestehen fort."
Es fehlt bei aller Zuspitzung nicht an kühnen Metaphern, wenn es darum geht, die Aufgaben öffentlicher Büchereien zu beschreiben. Dem Pisa-Schock sollen sie entgegenwirken, die Rolle kommunaler Kulturzentren spielen, Orientierung bieten, ja "Navigatoren" sein "auf der Datenautobahn". Mit immer vielfältigeren Medien: CDs, DVDs und Software, mit Büchern im Regal und möglichst vielen Internet-Arbeitsplätzen. Hier Rotstiftzäsur, dort die größtmögliche Erwartung:
"Das ist in der Tat eine große Herausforderung, und die kleinen Einrichtungen sind damit auch partiell überfordert. Viele Bibliothekare sind für die neuen Medien auch gar nicht ausgebildet, sie müssen sich ständig fortbilden, und das kostet Zeit. Und es bedarf der finanziellen Mittel, um diese Medien anschaffen und abspielen zu können."
Trotz aller Probleme kehren die Nutzer den öffentlichen Bibliotheken nicht den Rücken. Die Zahl der Besucher ist zwischen 1997 und 2004 bundesweit gestiegen, die der Entleihungen sogar um ein Viertel, die Etats zum Medienerwerb aber liegen nach einer zwischenzeitlichen Achterbahnfahrt wieder unter dem Stand von 97.
"Bibliothek 2007", so heißt ein Projekt, das den Einrichtungen neue Wege und Strategien eröffnen und sie im Bildungswesen fest verankern soll.
Expertenpapiere und Fachkongresse - was von all dieser Betriebsamkeit wird im Alltag der öffentlichen Büchereien ankommen? Georg Ruppelt:
"Wir haben festgestellt, dass durch die Präsentation von "Bibliothek 2007" die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und auch der Politiker gegenüber Bibliotheken gestiegen ist. Das wird den Einrichtungen in den Kommunen und Ländern zugute kommen."
So fällt zusätzliches Scheinwerferlicht auf diese Einrichtungen. Für sinnvolle Freizeitgestaltung und geistige Entwicklung sind sie unverzichtbar. Nicht ohne Grund stand ein Heinrich-Heine-Zitat über dem jüngsten Deutschen Bibliothekartag: "Geld ist rund und rollt weg, aber Bildung bleibt." Deshalb auch überkommt die Verantwortlichen an der Basis keine Resignation. Schelle-Wolff:
"Nein, verzweifeln will ich nicht. Aber es ist unter den derzeitigen materiellen Bedingungen im Land und in den Gemeinden unsäglich schwer, eine gute Bibliothekspolitik zu machen und die Bedürfnisse der Nutzer und der Bevölkerung zu befriedigen."
Doch hierzulande rührt die äußere Bedrohung nicht von der Natur, es sind - zumal bei öffentlichen Büchereien - Rotstiftstrategen, die für eisige Stimmung sorgen. Schließung oder Zusammenlegung von Zweigstellen, Personalabbau, sinkende Etats zur Buch- und Medienanschaffung bei steigenden Nutzergebühren - so die Bestandsaufnahme, die mit Jammerei nicht verwechselt werden darf. Dabei sind diese Kultur-Einrichtungen doch die meistfrequentierten in den Kommunen. Carola Schelle-Wolff, Bibliotheksdirektorin und Mitherausgeberin der Zeitschrift "Buch und Bibliothek", zu den Spareingriffen:
"Wir haben in Deutschland ein großes Problem: Uns fehlt eine gesetzliche Verankerung der Bibliotheken. Sie gehören in den Kommunen zu den "freiwilligen Aufgaben". Und in Zeiten immer knapper werdender Haushaltsmittel und der Überschuldung von Gemeinden fällt es den Politikern schwer, diese freiwilligen Aufgaben zu realisieren."
Aber begreifen die Stadtväter denn überhaupt, was sie diesen Einrichtungen antun?
"Sonntags lobt man dich bewegt - montags wirst Du abgesägt", so beschreibt Georg Ruppelt, Sprecher des bibliothekarischen Dachverbandes, die Art, wie Politiker mit Büchereien umgehen:
"Diese Verse habe ich tatsächlich einmal in einer frustrierten Stunde geschrieben. Insgesamt wäre es wünschenswert, dass die kommunalen Haushalte verpflichtet werden - wie es in Finnland durch ein Strategiepapier geschieht -, zwischen ein und vier Prozent ihrer Etats in die Bibliotheken fließen zu lassen."
Allerdings ähnelt die immerwährende Hoffnung auf ein deutsches Bibliotheksgesetz dem "Warten auf Godot".
Rund 200 Fördervereine haben sich in Deutschland um einzelne Bibliotheken gebildet, sie helfen bei der Finanzierung von Veranstaltungen, klopfen bei Sponsoren an und schlagen gegebenenfalls Alarm. Dennoch ist der allgemeine Aufschrei angesichts der Schließung von Zweigstellen schon mal lauter gewesen. Schelle-Wolff:
"Wenn man wie in Hannover seit 20 Jahren die Schließung von Bibliotheken gewohnt ist, wird es auf zentraler Ebene nicht mehr soviel Protest geben. Aber unmittelbar vor Ort - das haben wir auch andernorts beobachtet -, in den Kommunen und in den Stadtteilen, protestieren die betroffenen Nutzer sehr stark, und dadurch konnten sogar Büchereien gerettet werden, sie bestehen fort."
Es fehlt bei aller Zuspitzung nicht an kühnen Metaphern, wenn es darum geht, die Aufgaben öffentlicher Büchereien zu beschreiben. Dem Pisa-Schock sollen sie entgegenwirken, die Rolle kommunaler Kulturzentren spielen, Orientierung bieten, ja "Navigatoren" sein "auf der Datenautobahn". Mit immer vielfältigeren Medien: CDs, DVDs und Software, mit Büchern im Regal und möglichst vielen Internet-Arbeitsplätzen. Hier Rotstiftzäsur, dort die größtmögliche Erwartung:
"Das ist in der Tat eine große Herausforderung, und die kleinen Einrichtungen sind damit auch partiell überfordert. Viele Bibliothekare sind für die neuen Medien auch gar nicht ausgebildet, sie müssen sich ständig fortbilden, und das kostet Zeit. Und es bedarf der finanziellen Mittel, um diese Medien anschaffen und abspielen zu können."
Trotz aller Probleme kehren die Nutzer den öffentlichen Bibliotheken nicht den Rücken. Die Zahl der Besucher ist zwischen 1997 und 2004 bundesweit gestiegen, die der Entleihungen sogar um ein Viertel, die Etats zum Medienerwerb aber liegen nach einer zwischenzeitlichen Achterbahnfahrt wieder unter dem Stand von 97.
"Bibliothek 2007", so heißt ein Projekt, das den Einrichtungen neue Wege und Strategien eröffnen und sie im Bildungswesen fest verankern soll.
Expertenpapiere und Fachkongresse - was von all dieser Betriebsamkeit wird im Alltag der öffentlichen Büchereien ankommen? Georg Ruppelt:
"Wir haben festgestellt, dass durch die Präsentation von "Bibliothek 2007" die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und auch der Politiker gegenüber Bibliotheken gestiegen ist. Das wird den Einrichtungen in den Kommunen und Ländern zugute kommen."
So fällt zusätzliches Scheinwerferlicht auf diese Einrichtungen. Für sinnvolle Freizeitgestaltung und geistige Entwicklung sind sie unverzichtbar. Nicht ohne Grund stand ein Heinrich-Heine-Zitat über dem jüngsten Deutschen Bibliothekartag: "Geld ist rund und rollt weg, aber Bildung bleibt." Deshalb auch überkommt die Verantwortlichen an der Basis keine Resignation. Schelle-Wolff:
"Nein, verzweifeln will ich nicht. Aber es ist unter den derzeitigen materiellen Bedingungen im Land und in den Gemeinden unsäglich schwer, eine gute Bibliothekspolitik zu machen und die Bedürfnisse der Nutzer und der Bevölkerung zu befriedigen."