Kultur auf Rezept

Montreal verschreibt Museumsbesuche

Ausstellungsbesucher vor der Skulptur "Der Denker" von Auguste Rodin
Ab sofort können Ärzte der Vereinigung Médicins francophones du Canada Rezepte für Kultur ausstellen. © MBAM / Jean-François Brière
Von Kai Clement · 01.11.2018
Durch einen Museumsbesuch können vermehrt Glückshormone ausgeschüttet werden. Davon ist die Vizepräsidentin der kanadischen Ärztevereinigung überzeugt. So gibt es Tickets für das Montrealer Museum für Schöne Künste nun tatsächlich auf Rezept.
"Der Besuch eines Museums ist ein Halt, eine Belohnung, ein Zuspruch. Und eine Möglichkeit für Patienten, ihr Leiden – ob körperlich oder psychisch – zu lindern. Das Projekt tut etwas für die Menschen, die in ihrer Lebensqualität eingeschränkt sind."
Der Gang durchs Museum, die Macht der Bilder, die Kraft der Kreativität – all das auch als Therapie. So beschreibt es Hélène Boyer im Gespräch mit dem französischsprachigen Sender TVA Nouvelles.
"Studien zeigen, dass Kunst sich positiv auf den Menschen auswirkt, physisch und psychisch. Ob man sich ein Kunstwerk anschaut oder selber kreativ wird: beides hilft."
Hélène Boyer ist Vizepräsidentin der Ärztevereinigung Médicins francophones du Canada. Ab sofort können Ärzte dieser Organisation Rezepte für Kultur ausstellen. Für Wilhelm Lembrucks "Badende", Auguste Rodins "Denker" oder auch Gerhard Richters "Landschaft nahe Koblenz". All das gibt es zu sehen im Montrealer Museum für Schöne Künste, kurz MMFA. Die Verschreibung gilt für bis zu zwei Erwachsene und zwei Kinder, der Eintrittspreis von umgerechnet bis zu 15 Euro pro Person entfällt.

Beratergremium für Kunst und Gesundheit im Museum

Nathalie Bondil leitet das Universal-Museum mit seinen mehr als 43.000 Werken am Fuß des Mont Royal. Ihr Haus hat schon jetzt ein eigenes Beratergremium für Kunst und Gesundheit.
"Wir arbeiten mit der Gesundheitsbranche zusammen, von Krankenhäusern bis hin zu Forschungseinrichtungen. Zu so verschiedenen Themen wie Autismus oder Alzheimer. Unsere Mission ist es nicht bloß Ausstellungen zu organisieren und gute Sammlungen aufzubauen, sondern auch, das Leben der Menschen zu verbessern."
Ob klassische Musik für Alzheimer Patienten, ob spezielle Museumsführungen für Demenz-Kranke: die heilende, so beruhigende wie anregende Kraft der Kunst wird schon vielfach genutzt. Das gilt für das Metropolitan Museum in New York genauso wie für das Lehmbruck in Duisburg.
Nach Angaben der Organisatoren aber ist der Museumsbesuch auf ärztliches Rezept eine Premiere. Hélène Boyer, selbst Hausärztin, ist es wichtig, dass die Idee auf wissenschaftlichen Belegen für den Nutzen von Kunsttherapie fußt. So könne etwa durch einen Museumsbesuch vermehrt das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet werden.
"Ein wunderbares Projekt, ein Geschenk für die Patienten. Toll, daran mitzuwirken."
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