Künstlerische Hilfe zur Selbsthilfe für Afrika
Afrika braucht nicht nur medizinische und wirtschaftliche Hilfe, sondern auch der künstlerische Reichtum des Kontinents muss dringend gefördert werden. Das fordert André Heller, der mit seinem Zirkusprojekt „Afrika, Afrika“ diese Kultur in Deutschland präsentieren will. In der Kultur verhalte sich der Westen nach wie vor Kolonialisten, meinte Heller.
Kupferberg: Am 14. Dezember ist es soweit, da findet die Weltpremiere des neuen Zirkusspektakels in Frankfurt am Main statt, Titel: „Afrika, Afrika, das magische Zirkusereignis vom Kontinent des Staunens“. Oberspielleiter des Geschehens und Initiator ist André Heller, der jetzt für Deutschlandradio Kultur kurz die Proben verlassen hat. Schönen guten Tag.
Heller: Guten Tag.
Kupferberg: Welche Assoziationen löst der Begriff Afrika bei Ihnen aus?
Heller: Bei mir war das von ganz früh an, ich würde sagen, so als Fünfjähriger habe ich begonnen, mich dieser Faszination zu unterwerfen, möchte ich beinahe sagen, die Afrika auf mich ausgeübt hat, der Sinnlichkeit, der Rhythmik, der Farbenpracht, der Verrücktheit, der große Einfluss, den ich dann später kennengelernt habe, den afrikanische Kunst auf den Kubismus hatte. Und ich habe dann immer in den Museen geschaut, in den Museen zeitgenössischer Kunst: wo sind da die Afrikaner?
Und wir haben uns da nach wie vor wie die Kolonialisten verhalten, dazu entschlossen, in der westlichen Kultur das Museum Of Modern Art reinzuhalten von Afrikanern. Die haben gefälligst im Völkerkundemuseum stattzufinden.
Und wir geben der afrikanischen Gegenwartskunst wenig Plattformen. Wir reden von der Not, von AIDS, von Krankheit und Korruption, von Verzweiflung, von fürchterlichen Dürre- und Hungerkatastrophen in Afrika, aber gleichzeitig inmitten dieser Not, inmitten dieser äußerst schwierigen, für viele tödlichen Lebensbedingungen, entstehen großartige Kunstwerke, gibt es eine Energie des Tanzes, der Musik, der Akrobatik, die atemberaubend ist und dem möchte ich mal einen würdigen Ort, eine prachtvolle Zirkustheaterbühne zur Verfügung stellen und das Projekt verwirklichen wir jetzt gerade.
Kupferberg: Die Hilfe für Afrika von künstlerischer Seite war in den letzten Monaten ein großes Thema, nachdem zum Beispiel Sir Bob Geldof im Juli seine Live Aid-Konzerte veranstaltete und am letzten Freitag die dazugehörige DVD präsentierte. Sein Projekt war ja nicht ganz umstritten.
Heller: Das war auch bei den Afrikanern sehr umstritten, weil die gesagt haben, wieso kommen wir da nicht vor, warum müssen ununterbrochen westliche Künstler erzählen, was wir denken, wieso dürfen wir es nicht selber sagen, gibt es bei uns nicht genügend begnadete Sänger und Musiker.
Und mein Freund Peter Gabriel hat ja gerade eine Gegenveranstaltung aufgezogen, der da eine ganz große Kompetenz hat, weil er mit seinem World Music-Label seit Jahrzehnten sich darum kümmert, was in der so genannten dritten, vierten, fünften, sechsten Welt an ungewöhnlichen künstlerischen Leistungen herumschwirrt, die wir nicht genügend wahrnehmen. Und er gibt denen Geld und er produziert das und macht das hörbar und sichtbar.
Also in der Show, für die ich im Augenblick gerade arbeite, wird eigentlich von Afrikanern gemacht, worauf es ankommt. Der Hauptregisseur ist ein wunderbarer afrikanischer Choreograph, Georges Momboye, ich habe mich beraten lassen von einem der brillantesten afrikanischen Intellektuellen, dem Mann, der in der UNO Rassismusbeauftragter ist, sozusagen der Weltminister für Rassismus ist, Dudu Dien. Ich wollte eigentlich nur Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellen und mit meinen Möglichkeiten die Gelder auftreiben und die Arbeitsplattform hergeben.
Kupferberg: Sie erklären das Engagement für Afrika auch zum klaren Bestandteil der Zirkusshow. Wie muss denn die Entwicklungshilfe aussehen, die Afrika zurzeit wirklich braucht?
Heller: Ich glaube, dass es an allen Ecken und Enden brennt und wenn wir darüber sprechen, dass es billige Medikamente geben muss – natürlich ist es richtig, wenn wir darüber sprechen, dass es Hilfe zur Selbsthilfe geben muss, aber unabhängig davon muss es auch Hilfe zur Selbsthilfe für künstlerische Projekte geben. Es ist nicht einzusehen, dass an hunderten afrikanischen Orten nicht das geringste Budget für ein Bühnenbild, für den Ankauf eines Musikinstruments, für die Herstellung eines Kostüms, für das Schreiben eines Drehbuchs oder das Kaufen von Videomaterial, um einen Film herzustellen, vorhanden ist. Und das ist auch ernstzunehmen. Wenn wir solche Barbaren wären, dass wir sagen, die Kultur hat keinen Stellenwert mehr, dann sind wir sowieso verloren.
Kupferberg: Die Schirmherrschaft hat die Unesco für dieses Projekt übernommen und ein Euro von jeder verkauften Eintrittskarte geht zurück nach Afrika. Wohin genau fließt der so genannte Afrika-Euro?
Heller: Zunächst einmal bin ich selig, dass wir einen Financier gefunden haben, der bereit ist, dieses Geld herzugeben, denn normalerweise wollen ja Financiers am freien Markt immer erst ihr Geld zurückverdienen, ehe sie sich großzügig oder gönnerhaft oder mäzenhaft erweisen wollen. Aber in unserem Fall hat dieser Matthias Hoffmann, so heißt der Herr, gesagt: Okay, von der ersten verkauften Karte an geht ein Euro an Kulturprojekte.
Da ich keine Ahnung habe, wer in Mali, wer in Guinea derzeit ein herrliches Projekt hat, für das er 15 oder 20 oder 40.000 Euro braucht, haben wir uns gesagt, wir verbünden uns mit den Goethe-Instituten. Die sind vor Ort, die haben Einblick in das, was dort geschieht und in Abstimmung mit den Goethe-Instituten, die ja quasi über ganz Afrika verteilt sind, werden wir dann die Projekte aussuchen, die wir fördern.
Aber ein Euro ist sehr viel, das könnte im Jahr, wenn wir Glück haben und wenn die Show geliebt wird von den Zuschauern, bis zu 800- 900.000 Euro sein und das ist eine enorme Summe für Kultur in Afrika, denn die meisten Länder, das müssen Sie sich vorstellen, haben in ihren Budgets überhaupt kein Kulturbudget ausgewiesen. Das heißt, 80 Prozent der afrikanischen Länder haben de facto kein Kulturbudget.
Wenn wir sehen, was wir alles haben und was uns immer noch nicht zufrieden macht, und wenn man sieht, was die alles nicht haben und wie sie sich selig fühlen, wenn sie endlich einmal das ausdrücken können, was ihr Talent ausdrücken will, da können wir uns wirklich hinten anstellen mit unserer Blasiertheit.
Kupferberg: Wie kompliziert oder einfach war es, die richtigen Künstler für Ihre Show zu finden, wo haben Sie da gezielt gesucht?
Heller: Ich habe fünf Mitarbeiter mit Videokameras ein Jahr lang durch Afrika geschickt, dort wieder sich andocken lassen an Verbündete, die wir in Afrika hatten, dann auch wieder verschiedenste Kulturinstitute, die die Unesco oder auch Goethe-Institute empfohlen hatten. Wir werden alle sechs, sieben Monate, wenn das halbwegs erfolgreich wird, eine neue Show machen, so dass sehr viele Künstler auch drankommen und die Möglichkeit haben, hier Geld zu verdienen und ihre Kunst zu perfektionieren.
Hinweis:
Nähere Informationen zu André Hellers Zirkusprojekt finden sie auf der Website von Afrika! Afrika!.
Heller: Guten Tag.
Kupferberg: Welche Assoziationen löst der Begriff Afrika bei Ihnen aus?
Heller: Bei mir war das von ganz früh an, ich würde sagen, so als Fünfjähriger habe ich begonnen, mich dieser Faszination zu unterwerfen, möchte ich beinahe sagen, die Afrika auf mich ausgeübt hat, der Sinnlichkeit, der Rhythmik, der Farbenpracht, der Verrücktheit, der große Einfluss, den ich dann später kennengelernt habe, den afrikanische Kunst auf den Kubismus hatte. Und ich habe dann immer in den Museen geschaut, in den Museen zeitgenössischer Kunst: wo sind da die Afrikaner?
Und wir haben uns da nach wie vor wie die Kolonialisten verhalten, dazu entschlossen, in der westlichen Kultur das Museum Of Modern Art reinzuhalten von Afrikanern. Die haben gefälligst im Völkerkundemuseum stattzufinden.
Und wir geben der afrikanischen Gegenwartskunst wenig Plattformen. Wir reden von der Not, von AIDS, von Krankheit und Korruption, von Verzweiflung, von fürchterlichen Dürre- und Hungerkatastrophen in Afrika, aber gleichzeitig inmitten dieser Not, inmitten dieser äußerst schwierigen, für viele tödlichen Lebensbedingungen, entstehen großartige Kunstwerke, gibt es eine Energie des Tanzes, der Musik, der Akrobatik, die atemberaubend ist und dem möchte ich mal einen würdigen Ort, eine prachtvolle Zirkustheaterbühne zur Verfügung stellen und das Projekt verwirklichen wir jetzt gerade.
Kupferberg: Die Hilfe für Afrika von künstlerischer Seite war in den letzten Monaten ein großes Thema, nachdem zum Beispiel Sir Bob Geldof im Juli seine Live Aid-Konzerte veranstaltete und am letzten Freitag die dazugehörige DVD präsentierte. Sein Projekt war ja nicht ganz umstritten.
Heller: Das war auch bei den Afrikanern sehr umstritten, weil die gesagt haben, wieso kommen wir da nicht vor, warum müssen ununterbrochen westliche Künstler erzählen, was wir denken, wieso dürfen wir es nicht selber sagen, gibt es bei uns nicht genügend begnadete Sänger und Musiker.
Und mein Freund Peter Gabriel hat ja gerade eine Gegenveranstaltung aufgezogen, der da eine ganz große Kompetenz hat, weil er mit seinem World Music-Label seit Jahrzehnten sich darum kümmert, was in der so genannten dritten, vierten, fünften, sechsten Welt an ungewöhnlichen künstlerischen Leistungen herumschwirrt, die wir nicht genügend wahrnehmen. Und er gibt denen Geld und er produziert das und macht das hörbar und sichtbar.
Also in der Show, für die ich im Augenblick gerade arbeite, wird eigentlich von Afrikanern gemacht, worauf es ankommt. Der Hauptregisseur ist ein wunderbarer afrikanischer Choreograph, Georges Momboye, ich habe mich beraten lassen von einem der brillantesten afrikanischen Intellektuellen, dem Mann, der in der UNO Rassismusbeauftragter ist, sozusagen der Weltminister für Rassismus ist, Dudu Dien. Ich wollte eigentlich nur Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellen und mit meinen Möglichkeiten die Gelder auftreiben und die Arbeitsplattform hergeben.
Kupferberg: Sie erklären das Engagement für Afrika auch zum klaren Bestandteil der Zirkusshow. Wie muss denn die Entwicklungshilfe aussehen, die Afrika zurzeit wirklich braucht?
Heller: Ich glaube, dass es an allen Ecken und Enden brennt und wenn wir darüber sprechen, dass es billige Medikamente geben muss – natürlich ist es richtig, wenn wir darüber sprechen, dass es Hilfe zur Selbsthilfe geben muss, aber unabhängig davon muss es auch Hilfe zur Selbsthilfe für künstlerische Projekte geben. Es ist nicht einzusehen, dass an hunderten afrikanischen Orten nicht das geringste Budget für ein Bühnenbild, für den Ankauf eines Musikinstruments, für die Herstellung eines Kostüms, für das Schreiben eines Drehbuchs oder das Kaufen von Videomaterial, um einen Film herzustellen, vorhanden ist. Und das ist auch ernstzunehmen. Wenn wir solche Barbaren wären, dass wir sagen, die Kultur hat keinen Stellenwert mehr, dann sind wir sowieso verloren.
Kupferberg: Die Schirmherrschaft hat die Unesco für dieses Projekt übernommen und ein Euro von jeder verkauften Eintrittskarte geht zurück nach Afrika. Wohin genau fließt der so genannte Afrika-Euro?
Heller: Zunächst einmal bin ich selig, dass wir einen Financier gefunden haben, der bereit ist, dieses Geld herzugeben, denn normalerweise wollen ja Financiers am freien Markt immer erst ihr Geld zurückverdienen, ehe sie sich großzügig oder gönnerhaft oder mäzenhaft erweisen wollen. Aber in unserem Fall hat dieser Matthias Hoffmann, so heißt der Herr, gesagt: Okay, von der ersten verkauften Karte an geht ein Euro an Kulturprojekte.
Da ich keine Ahnung habe, wer in Mali, wer in Guinea derzeit ein herrliches Projekt hat, für das er 15 oder 20 oder 40.000 Euro braucht, haben wir uns gesagt, wir verbünden uns mit den Goethe-Instituten. Die sind vor Ort, die haben Einblick in das, was dort geschieht und in Abstimmung mit den Goethe-Instituten, die ja quasi über ganz Afrika verteilt sind, werden wir dann die Projekte aussuchen, die wir fördern.
Aber ein Euro ist sehr viel, das könnte im Jahr, wenn wir Glück haben und wenn die Show geliebt wird von den Zuschauern, bis zu 800- 900.000 Euro sein und das ist eine enorme Summe für Kultur in Afrika, denn die meisten Länder, das müssen Sie sich vorstellen, haben in ihren Budgets überhaupt kein Kulturbudget ausgewiesen. Das heißt, 80 Prozent der afrikanischen Länder haben de facto kein Kulturbudget.
Wenn wir sehen, was wir alles haben und was uns immer noch nicht zufrieden macht, und wenn man sieht, was die alles nicht haben und wie sie sich selig fühlen, wenn sie endlich einmal das ausdrücken können, was ihr Talent ausdrücken will, da können wir uns wirklich hinten anstellen mit unserer Blasiertheit.
Kupferberg: Wie kompliziert oder einfach war es, die richtigen Künstler für Ihre Show zu finden, wo haben Sie da gezielt gesucht?
Heller: Ich habe fünf Mitarbeiter mit Videokameras ein Jahr lang durch Afrika geschickt, dort wieder sich andocken lassen an Verbündete, die wir in Afrika hatten, dann auch wieder verschiedenste Kulturinstitute, die die Unesco oder auch Goethe-Institute empfohlen hatten. Wir werden alle sechs, sieben Monate, wenn das halbwegs erfolgreich wird, eine neue Show machen, so dass sehr viele Künstler auch drankommen und die Möglichkeit haben, hier Geld zu verdienen und ihre Kunst zu perfektionieren.
Hinweis:
Nähere Informationen zu André Hellers Zirkusprojekt finden sie auf der Website von Afrika! Afrika!.