Künstlerin Julia Zwetkowa

Pornografie-Vorwurf gegen russische LGBTQ-Aktivistin

07:08 Minuten
Demonstratin in Moskau fordert die Freilassung der Künstlerin und LGBTQ Aktivistin, Julia Zwetkowa. Eine Frau hält ein Schild, auf dem steht: "Befreit Julia Zwetkowa! Stimmt gegen die Repression von Zeichungen eines Frauenkörpers".
Mit einem Schild fordert eine Demonstratin in Moskau die Freilassung der LGBTQ-Aktivistin Julia Zwetkowa. © TASS/dpa/Valery Sharifulin
Thielko Grieß im Gespräch mit Andrea Gerk · 08.07.2020
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Weil sie Zeichnungen weiblicher Geschlechtsorgane in den sozialen Medien veröffentlicht hat, ist die Künstlerin und LGBTQ-Aktivistin Julia Zwetkowa in die Mühlen der russischen Justiz geraten. Jetzt ist sie auf Unterstützung angewiesen.
"Verbreitung von Pornografie mit verbrecherischer Absicht" - das ist der Vorwurf, dem sich die russische Künstlerin und LGBTQ-Aktivistin Julia Zwetkowa in ihrem Heimatland stellen muss. Die 27jährige, die nördlich von Wladiwostok ein Theater geleitet und Sexualaufklärung unterrichtet hat, hatte Zeichnungen - unter anderem von weiblichen Geschlechtsorganen - in sozialen Netzwerken veröffentlicht.

"Dicker Hammer aus dem russischen Strafgesetzbuch"

Ihre Kunst habe sie dabei mit feministischen Aussagen verbunden und sich gegen den Schönheitswahn gestellt, berichtet unser Russland-Korrespondent Thielko Grieß. Wegen der Zeichnungen werde Zwetkowa nun angeklagt: "Das ist ein dicker Hammer aus dem russischen Strafgesetzbuch. Da kann es bis zu sechs Jahre Haft geben." Inzwischen gebe es noch drei weitere, kleinere Verfahren, so Grieß. Der Vorwurf hier: die "Beförderung nicht-traditioneller Sexualbeziehungen unter Minderjährigen"
Nach einer Umfrage steht rund die Hälfte der russischen Gesellschaft der LGBTQ-Bewegung repressiv gegenüber. Am Wochenende fand in Moskau eine Demonstration zur Unterstützung von Julia Zwetkowa statt. Diese Unterstützung sei wichtig, meint Grieß, um ein mögliches Urteil zu beeinflussen oder gar abzuwenden.

Hoffnung auf ein Leben in Europa

"Man braucht Fürsprecher, möglichst prominent, möglichst viele in sozialen Netzwerken." Das sei der Künstlerin gelungen. "Es gibt inzwischen auch eine Online-Petition, die haben 300.000 Leute unterschrieben." In dieser wird gefordert, dass das Verfahren und die Vorwürfe fallen gelassen werden. Unabhängig vom Urteil wolle Zwetkowa aber nicht aufhören "zu zeichnen, was sie zeichnen möchte", sagt Grieß. Sie hoffe darauf, frei zu bleiben, vielleicht Russland verlassen zu können und in Europa zu leben.
(kpa)
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