Künstler Jonas Burgert

"Man muss stark werden, um empfindlich sein zu können"

Der Maler Jonas Burgert posiert vor seinem Werk "Luft nach Schlag".
Der Maler Jonas Burgert posiert vor seinem Werk "Luft nach Schlag". © dpa picture alliance/ Lukas Schulze
Moderation: Klaus Pokatzky · 18.04.2018
Ruhm hat er schon, eine Professur will er nicht: Jonas Burgert ist einer der erfolgreichsten Maler Deutschlands und braucht für seine oft großformatigen Werke "viel Ruhe", wie er sagt. Denn nur dann spürt er jene "Empfindlichkeit", aus der heraus seine Bilder kraftvoll werden.
Der Maler Jonas Burgert lebte jahrelang in einer zum Atelier ausgebauten Doppelgarage am Rande des Existenzminimums, hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und malte ohne zu verkaufen.
Das änderte sich von einem Tag auf den anderen, als zwei seiner Bilder auf einer Gruppenausstellung in Berlin-Kreuzberg entdeckt wurden. Als ihn der damalige Leiter der Hamburger Kunsthalle anrief, um eines seiner Bilder für sein Museum zu erwerben, glaubte der damals noch völlig unbekannte Maler zunächst an einen Scherz – an einen Freund, der ihn mit verstellter Stimme auf den Arm nehmen wollte.
"Im Endeffekt war es aber tatsächlich so, und dann habe ich meinen ersten Bildverkauf an eines der drei, vier großen Häuser in Deutschland gemacht."

In grellen Farben gemalte Menschen- und Tiergruppen

Es folgte eine Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle, dann ging alles sehr schnell. Plötzlich wollten einige der wichtigsten Kunstsammler seine in grellen Farben gemalten Menschen- und Tiergruppen haben, internationale Galeristen boten an, auf einen Schlag alles zu kaufen, was in seinem Atelier stand. Heute gehört Jonas Burgert zu den erfolgreichsten bildenden Künstlern Deutschlands, er stellt auf der ganzen Welt aus und erzielt hohe Summen für seine Arbeiten.
Mit dem Erfolg änderte sich auch die Malumgebung: Vor einigen Jahren hat Jonas Burgert ein altes Fabrik-Gebäude in Berlin-Weißensee gekauft, in dem heute auch andere Künstler arbeiten, und malt dort an seinen meist großformatigen Bildern. Allein sein Atelier hat eine Größe von 800 Quadratmetern.
"Ich habe immer schon das Bedürfnis gehabt, Platz zu haben über meinem Kopf. Ich wollte nie eine niedrige Decke, ich weiß auch nicht warum. Es ist natürlich auch manchmal anstrengend – ich male ja manchmal sehr große Bilder und brauche dann auch den Platz – aber es ist nie eine bewusste Aktion gewesen, dass ich jetzt unbedingt alles riesig machen muss. Es ist eine Proportion von einem selbst. Ich liebe das. Ich liebe Platz. Ich liebe es, wenn überm Kopf und in die Weite einfach Raum ist."
Der 49-Jährige, selbst Sohn eines Malers, hatte zunächst gar nicht vor, Kunst zu studieren. Stattdessen nahm er in Berlin ein Philosophiestudium auf und setzte sich vor allem mit der Arbeit Friedrich Nietzsches auseinander.
"Ich habe gedacht, das muss ich machen. Philosophie ist die Basis. Dass es die Basis ist, diese Gedankengebilde zu entwickeln. Habe dann aber gemerkt, dass meine Veranlagung nicht so intellektuell ist. Ich wollte die Atmosphäre, das Konglomerat dieser Theorie haben, und habe mich dann dabei erwischt, dass ich immer die Gedichte gelesen habe, aber nicht die Texte."

Von Nietzsche immer nur die Gedichte gelesen

Zwei Jahre dauerte es, bis sich Jonas Burgert, der immer schon gemalt hatte, klar darüber wurde, dass die Malerei sein Ausdrucksmittel ist.
"Ich bin zu den Philosophen gegangen, habe mir das angeschaut, bin dann noch zu den Psychologen gegangen, weil ich das auch hochinteressant fand, und habe dann aber gemerkt, dass ich eigentlich ein ganz anderes Medium brauche. Ich ging dann immer nach Hause und dachte: Eigentlich müsste man das jetzt irgendwie malen können, und habe das aber als sehr naiv für mich empfunden. Irgendwann habe ich aber gemerkt, das ist das Medium. Mir fehlt das Visuelle. Ich muss es sehen."
Ein Bild und sein Künstler: Jonas Burgert neben einem seiner Werke
Ein Bild und sein Künstler: Jonas Burgert neben einem seiner Werke© Peter Rigaud
Heute malt er etwa zwanzig Bilder pro Jahr. Eine Professur anzunehmen, wie sie ihm schon mehrfach angeboten wurde, kann er sich nicht vorstellen. Dazu hänge er zu sehr an seiner Arbeit, die seine ganze Konzentration erfordere. Es brauche viel Ruhe, sagt Jonas Burgert, um überhaupt in den Zustand zu kommen, die er für seine Bilder benötige.
"Wenn ich ins Atelier komme, sitze ich dort zwei Stunden herum, bevor ich überhaupt anfange zu arbeiten. Die ganzen normalen Wertigkeiten des Lebens muss man eigentlich weglassen und in die Empfindlichkeit gehen. Also man muss einen großen Aufwand betreiben, um wirklich empfindlich sein zu können. Ich glaube, ich habe zehn Jahre gebraucht, um so stark zu sein, dass ich mich traue, so empfindlich zu sein. Und dann werden die Bilder interessant. Wenn ich eine klare Struktur habe, werden die Bilder eigentlich ein Schema. Ein Schemabild. Dann kann man es nochmal in grün oder in rot machen. Aber ich will ja auf die Empfindlichkeit hinaus."
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