Abgesagte Ausstellungen, aber keine sachliche Debatte
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Dem Künstler Jon Rafman wird sexueller Missbrauch vorgeworfen. Nun sagen einige Museen und Galerien seine Ausstellungen ab. Der Kunstkritiker Carsten Probst kritisiert diese Reaktion auf eine "emotionale Welle", die nicht Schule machen dürfe.
Das "Musée d’art contemporain (MAC)" in Montreal, das "Hirshhorn-Museum" in Washington und der Kunstverein Hannover - alle haben ihre Rafman-Ausstellungen abgesagt. Grund dafür ist der Vorwurf, der kanadische Künstler Jon Rafman habe Frauen sexuell missbraucht.
Der Kunstkritiker Carsten Probst kritisiert, dass es keine sachliche Debatte gebe, sondern eine emotionale Welle von einigen Frauen. "Weil es bei den Vorwürfen, die sie äußern, zu keiner Zeit darum geht, dass Rafman etwas handfest Illegales gemacht hat. Dass er Druck ausgeübt hat oder Aufstieg für Sex geboten hat." Man wisse eigentlich nicht genau, worum es überhaupt gehe, so Probst.
"Kriterien nicht verwischen"
"Man muss aufpassen, dass das jetzt nicht Schule macht", warnt der Kunstkritiker. Gerade den wirklichen Missbrauchsopfern, die in der MeToo-Debatte immer wieder Missbrauch beklagten, tue man damit keinen Gefallen, weil man anfange, die Kriterien für die Beurteilung zu verwischen. "Wenn sie damit durchkommen, könnte es passieren, dass jede künstlerische Erfolgsgeschichte in irgendeiner Art von Vorwurf endet", sagt Probst. "Denn mir berichten ständig Künstlerinnen und Künstler, dass sich ihr Bekanntenkreis dramatisch verändert, sobald sie in irgendeiner Weise Erfolg haben."
Die Institutionen, die Rafmans Ausstellungen abgesagt haben, sieht Probst nun in der Pflicht, genau hinzuschauen, was die Kriterien für solche Vorwürfe in Zukunft sein könnten. Die deutsche Galerie Sprüth Magers habe Rafman bisher nicht aus ihrem Programm genommen, obwohl sie einen "dezidiert feministischen Programmhintergrund" hätten.
(mfied)