Kritische Musterung des Journalismus
Seit nunmehr zehn Jahren nimmt der "Mainzer MedienDisput" die öffentlichen Leitmedien in Deutschland kritisch unter die Lupe. Ob Kampagnenjournalismus oder Schleichwerbung im Fernsehen - hier werden die heißen Themen als erstes angesprochen. Es ist auch einer der wenigen Kongresse, wo Medienvertreter über journalistische Ethik und Werteverfall sprechen.
Kabarettistischer Auszug aus dem Mainzer MedienDisput vor drei Jahren. Auftritt Urban Priol:
"Der kleine Sparer, heute Volks-Aktionär, der sitzt jetzt Abend für Abend am Nachttisch und spricht sein Abendgebet. "Heiliger Dow Jones, der Du bis im Xetra, Dein Dax komme, Dein Value geschehe wie im Parketthandel, so auch bei den Neu-Emissionen. Unseren täglichen Share hold uns heute und vergib uns unsere Rendite, wie auch wir vergeben unsere Opitonsscheine, und führe uns nicht in die Schwankung, sondern erlöse uns von der Krise am Neuen Markt. Amen. Das ist doch ehrlich ..." (Applaus, Gelächter) "Das ist doch nicht mehr normal."
Medienmacher applaudieren und lachen – notgedrungen auch über sich selbst. Denn Stoff fürs abendliche Gebet des Kleinanlegers lieferte lange auch der Börsen-Hype der elektronischen Medien. Die hintergründige Analyse blieb dabei zuweilen auf der Strecke. Die Initiatoren des Mainzer MedienDisputs haben das früher hinterfragt als manche Programmverantwortliche. Thomas Leif, Fernseh-Chefreporter beim SWR in Mainz, hat das Forum vor zehn Jahren gemeinsam mit anderen Journalisten gegründet:
Leif: "Die Bilanz ist kurioserweise zweigespalten. Einerseits ernüchtern, teilweise frustrierend, und andererseits fast euphorisch. Ernüchternd deshalb, weil wir gemerkt haben, dass es ganz schwer ist, intelligentere Positionen auch in einer breiteren Öffentlichkeit zu diskutieren. Manchmal sind die Worte Schall und Rauch: Ich erinnere daran, dass der ZDF-Intendant auf dem Mainzer MedienDisput zum ersten Mal über Schleichwerbung geredet hat, offensiv, und keiner der Medienkritiker hat das wahrgenommen. Das ist sozusagen die negative Seite, wo es verpufft. Die andere Seite ist eine geniale Rede des früheren Bundestagspräsidenten Thierse, der in einer hoch interessanten Weise das Instrument der politischen Rede wieder aktualisiert hat und begeistert hat und gezeigt hat, wie wichtig Analyse und Reflexion ist."
Gestartet ist man 1995 mit 150 Teilnehmern in der Mainzer Altstadt, im Jubiläumsjahr 2005 rechnet man mit 800 Gästen im ZDF- Konferenzzentrum auf dem Mainzer Lerchenberg. Eine Großveranstaltung, organisatorisch getragen unter anderem von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Bundeszentrale für Politische Bildung. "Vom Nischen-Produkt zum bundesweit beachteten Medienkongress" – so beschreibt Mitinitiator Thomas Leif die Entwicklung.
"Das, denke ich, ist tatsächlich so, und das ist dann vielleicht auch die Kehrseite: Es ist zu einem Treffen der wichtigen Menschen in der Medien-Szene geworden und läuft damit natürlich auch Gefahr, a) so zu werden, wie die anderen sind, und zum Zeiten, mehr auf Show und Selbstdarstellung – mehr auf diese Schiene zu kommen, als das eigentlich gewünscht ist."
... sagt die freie Journalistin Gisela Kirschstein, die seit einigen Jahren über den Mainzer MedienDisput berichtet. "Die Tagung gibt Denkanstöße für die eigene Arbeit", sagt sie - über das journalistische Selbstverständnis nachzudenken, komme ja im Alltag oft zu kurz. Die kritische Musterung des Journalismus soll auf den Disputen nicht zum Ritual geraten - das Forum sei, so meint Thomas Leif, deutlicher als andere Medienkongresse auf Kontroverse angelegt:
"Ich glaube, es gibt keinen anderen Kongress in Deutschland, der die Frage der Leitmedien in Deutschland diskutiert und auch die Rolle des "Spiegels" anzweifelt, der aber diese Leute auch auf den Podien hat. Es gibt auch – glaube ich – keinen Kongress, der in einem Forum von 800 Leuten über Ethik redet, über journalistische Ethik redet, und da kommt der Ex-Bild-Chefredakteur zusammen mit Leuten von der Evangelischen Kirche oder anderen, also diese Reibungspunkte sind selten. Und das ist eigentlich das Rezept, und in diesem Bereich wollen wir weiter arbeiten und Impulse setzen, dass diese Mediendemokratie auch Reflexion braucht.."
Kampagnen-Journalismus, der Trend zur Skandalisierung von Politik, zur Inszenierung von Treibjagden und zur gnadenlosen Personalisierung werden vorerst wohl Kernthemen des Disputs bleiben.
"Der kleine Sparer, heute Volks-Aktionär, der sitzt jetzt Abend für Abend am Nachttisch und spricht sein Abendgebet. "Heiliger Dow Jones, der Du bis im Xetra, Dein Dax komme, Dein Value geschehe wie im Parketthandel, so auch bei den Neu-Emissionen. Unseren täglichen Share hold uns heute und vergib uns unsere Rendite, wie auch wir vergeben unsere Opitonsscheine, und führe uns nicht in die Schwankung, sondern erlöse uns von der Krise am Neuen Markt. Amen. Das ist doch ehrlich ..." (Applaus, Gelächter) "Das ist doch nicht mehr normal."
Medienmacher applaudieren und lachen – notgedrungen auch über sich selbst. Denn Stoff fürs abendliche Gebet des Kleinanlegers lieferte lange auch der Börsen-Hype der elektronischen Medien. Die hintergründige Analyse blieb dabei zuweilen auf der Strecke. Die Initiatoren des Mainzer MedienDisputs haben das früher hinterfragt als manche Programmverantwortliche. Thomas Leif, Fernseh-Chefreporter beim SWR in Mainz, hat das Forum vor zehn Jahren gemeinsam mit anderen Journalisten gegründet:
Leif: "Die Bilanz ist kurioserweise zweigespalten. Einerseits ernüchtern, teilweise frustrierend, und andererseits fast euphorisch. Ernüchternd deshalb, weil wir gemerkt haben, dass es ganz schwer ist, intelligentere Positionen auch in einer breiteren Öffentlichkeit zu diskutieren. Manchmal sind die Worte Schall und Rauch: Ich erinnere daran, dass der ZDF-Intendant auf dem Mainzer MedienDisput zum ersten Mal über Schleichwerbung geredet hat, offensiv, und keiner der Medienkritiker hat das wahrgenommen. Das ist sozusagen die negative Seite, wo es verpufft. Die andere Seite ist eine geniale Rede des früheren Bundestagspräsidenten Thierse, der in einer hoch interessanten Weise das Instrument der politischen Rede wieder aktualisiert hat und begeistert hat und gezeigt hat, wie wichtig Analyse und Reflexion ist."
Gestartet ist man 1995 mit 150 Teilnehmern in der Mainzer Altstadt, im Jubiläumsjahr 2005 rechnet man mit 800 Gästen im ZDF- Konferenzzentrum auf dem Mainzer Lerchenberg. Eine Großveranstaltung, organisatorisch getragen unter anderem von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Bundeszentrale für Politische Bildung. "Vom Nischen-Produkt zum bundesweit beachteten Medienkongress" – so beschreibt Mitinitiator Thomas Leif die Entwicklung.
"Das, denke ich, ist tatsächlich so, und das ist dann vielleicht auch die Kehrseite: Es ist zu einem Treffen der wichtigen Menschen in der Medien-Szene geworden und läuft damit natürlich auch Gefahr, a) so zu werden, wie die anderen sind, und zum Zeiten, mehr auf Show und Selbstdarstellung – mehr auf diese Schiene zu kommen, als das eigentlich gewünscht ist."
... sagt die freie Journalistin Gisela Kirschstein, die seit einigen Jahren über den Mainzer MedienDisput berichtet. "Die Tagung gibt Denkanstöße für die eigene Arbeit", sagt sie - über das journalistische Selbstverständnis nachzudenken, komme ja im Alltag oft zu kurz. Die kritische Musterung des Journalismus soll auf den Disputen nicht zum Ritual geraten - das Forum sei, so meint Thomas Leif, deutlicher als andere Medienkongresse auf Kontroverse angelegt:
"Ich glaube, es gibt keinen anderen Kongress in Deutschland, der die Frage der Leitmedien in Deutschland diskutiert und auch die Rolle des "Spiegels" anzweifelt, der aber diese Leute auch auf den Podien hat. Es gibt auch – glaube ich – keinen Kongress, der in einem Forum von 800 Leuten über Ethik redet, über journalistische Ethik redet, und da kommt der Ex-Bild-Chefredakteur zusammen mit Leuten von der Evangelischen Kirche oder anderen, also diese Reibungspunkte sind selten. Und das ist eigentlich das Rezept, und in diesem Bereich wollen wir weiter arbeiten und Impulse setzen, dass diese Mediendemokratie auch Reflexion braucht.."
Kampagnen-Journalismus, der Trend zur Skandalisierung von Politik, zur Inszenierung von Treibjagden und zur gnadenlosen Personalisierung werden vorerst wohl Kernthemen des Disputs bleiben.