Kritik ohne Konsequenz
Franz Müntefering ist gewiss nicht der erste, der sich Sorgen über den "Raubtierkapitalismus" und Gedanken darüber macht, wie dieser zu zügeln ist. Wer wollte ernsthaft der Beobachtung widersprechen, dass die Managergehälter bei den großen Unternehmen sich in den vergangen Jahren fast verdoppelt haben, während Löhne und Gehälter der meisten Bürger bestenfalls den Kaufkraftverlust ausgleichen.
Wohl niemand würde den Chef der Deutschen Bank als Sympathieträger bezeichnen? Fast fünf Millionen Menschen ohne Beschäftigung und bei vielen Arbeitsplatzbesitzern Angst, dies könnte anders werden, überhaupt Zukunftsängste und tiefe Verunsicherung. Ja, die Wirtschaft muss für die Menschen da sein, nicht die Menschen für die Wirtschaft. Unzählige Gründe also, darüber nachzudenken, was schief läuft, in diesem Land und weltweit.
Doch Franz Müntefering ist nicht Journalist und nicht Wissenschaftler, sondern Vorsitzender der großen Regierungspartei SPD. Seine Aufgabe ist nicht, die Welt zu erklären, sondern zu verändern. Deshalb lässt sich die Berechtigung seiner Kapitalismus-Kritik nicht damit begründen, dass sie von seiner Partei lebhaft begrüßt und von den meisten Bundesbürgern geteilt wird. Er muss seine Äußerungen daran messen lassen, welche Wirkung sie erzielen.
Als Vorsitzender kann er es als Erfolg werten, dass er ein Thema gefunden hat, mit dem er seine Partei geschlossen und mobilisiert hat. Das ist vor den wichtigsten Landtagswahlen überhaupt, denen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, machtpolitisch der wichtigste Effekt. Niemand muss PDS oder eine linke Abspaltung der SPD wählen, um seinem Unmut und Unbehagen über die realen Zustände eine Stimme zu geben.
Die meisten Menschen erkennen jedoch die Machtstrategie, die der Kapitalismuskritik des SPD-Vorsitzenden zugrunde liegt. Sie stimmen zu, halten diese jedoch nicht für glaubwürdig. Entsprechend sinken die Sympathiewerte für die SPD weiter, anstatt zu steigen. So beschränkt sich der Erfolg darauf, die eigenen Reihen zu schließen und das heißt, die SPD auf die Oppositionsrolle vorzubereiten. Denn nur von einer Oppositionspartei kann die so weitgehende Kritik an der Marktwirtschaft, dem Wettbewerb und der Globalisierung glaubwürdig sein. Sie widerspricht der Politik, die die SPD als Regierungspartei verfolgt. Die Agenda 2010, das Werben des Kanzlers um Investitionen und die Schelte des Parteivorsitzenden widersprechen einander oder senden doch zumindest widersprüchliche Signale aus.
Das Reformprogramm der rot-grünen Koalition ist aller Ehren wert. Es war überfällig. Das Ziel ist es, den Sozialstaat zu verändern, um ihn zu erhalten. Mehr Eigeninitiative, weniger Staat. Und nun sieht Franz Müntefering die soziale Marktwirtschaft in Gefahr? Einen größeren Widerspruch zwischen Reden und Handeln kann es kaum geben.
Deutschland hat nach dem Krieg mehr als jedes andere Land der Welt von offenen Grenzen, einem freien Warenaustausch und Wettbewerb profitiert. Wir sind amtierender Exportweltmeister. Und ausgerechnet der Vorsitzende der größten Regierungspartei dieses Landes geißelt die Folgen der Globalisierung? Kein Land hat sich aus guten Gründen mehr für die Erweiterung der Europäischen Union engagiert als Deutschland. Und gerade ein Jahr nach der Osterweiterung wird hierzulande in der größten Regierungspartei der Wettbewerb im größeren Europa beklagt? Nichts passt zusammen.
Franz Müntefering macht sich Sorgen um die Demokratie. Doch seine Kritik verstärkt nur die Gefahren, die er beschwört. Er stellt verantwortungslose Manager und internationale Finanzjongleure an den Pranger, stellt Feindbilder auf und verweist auf die Schuldigen für die Lage, die er beklagt. Es ist das unausgesprochene Eingeständnis, dass die SPD selber das Vertrauen aufgegeben hat, die Verhältnisse zu verbessern. Ein Parteivorsitzender macht Stimmung anstatt Politik.
Das mag zum Nutzen der Partei sein, wenn denn Geschlossenheit ein Wert an sich ist, es ist aber zum Schaden des Landes. Denn die Äußerungen Münteferings verbessern gewiss nicht die Neigung deutscher und ausländischer Unternehmer, hier zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Bundesregierung hat gestern, ebenso wie zuvor die führenden deutschen Wirtschafsforschungsinstitute und andere, die Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft für dieses Jahr etwa halbiert. Das Wachstum reicht nicht aus, um das Ziel, die Arbeitslosigkeit deutlich abzubauen, zu erreichen. Die Kapitalismuskritik des SPD-Vorsitzenden dämpft die Wachstumschancen weiter. Denn sie schwächt Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Politik. Der Schaden für das Land ist deutlich größer als es der Nutzen für die Partei sein kann.
Doch Franz Müntefering ist nicht Journalist und nicht Wissenschaftler, sondern Vorsitzender der großen Regierungspartei SPD. Seine Aufgabe ist nicht, die Welt zu erklären, sondern zu verändern. Deshalb lässt sich die Berechtigung seiner Kapitalismus-Kritik nicht damit begründen, dass sie von seiner Partei lebhaft begrüßt und von den meisten Bundesbürgern geteilt wird. Er muss seine Äußerungen daran messen lassen, welche Wirkung sie erzielen.
Als Vorsitzender kann er es als Erfolg werten, dass er ein Thema gefunden hat, mit dem er seine Partei geschlossen und mobilisiert hat. Das ist vor den wichtigsten Landtagswahlen überhaupt, denen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, machtpolitisch der wichtigste Effekt. Niemand muss PDS oder eine linke Abspaltung der SPD wählen, um seinem Unmut und Unbehagen über die realen Zustände eine Stimme zu geben.
Die meisten Menschen erkennen jedoch die Machtstrategie, die der Kapitalismuskritik des SPD-Vorsitzenden zugrunde liegt. Sie stimmen zu, halten diese jedoch nicht für glaubwürdig. Entsprechend sinken die Sympathiewerte für die SPD weiter, anstatt zu steigen. So beschränkt sich der Erfolg darauf, die eigenen Reihen zu schließen und das heißt, die SPD auf die Oppositionsrolle vorzubereiten. Denn nur von einer Oppositionspartei kann die so weitgehende Kritik an der Marktwirtschaft, dem Wettbewerb und der Globalisierung glaubwürdig sein. Sie widerspricht der Politik, die die SPD als Regierungspartei verfolgt. Die Agenda 2010, das Werben des Kanzlers um Investitionen und die Schelte des Parteivorsitzenden widersprechen einander oder senden doch zumindest widersprüchliche Signale aus.
Das Reformprogramm der rot-grünen Koalition ist aller Ehren wert. Es war überfällig. Das Ziel ist es, den Sozialstaat zu verändern, um ihn zu erhalten. Mehr Eigeninitiative, weniger Staat. Und nun sieht Franz Müntefering die soziale Marktwirtschaft in Gefahr? Einen größeren Widerspruch zwischen Reden und Handeln kann es kaum geben.
Deutschland hat nach dem Krieg mehr als jedes andere Land der Welt von offenen Grenzen, einem freien Warenaustausch und Wettbewerb profitiert. Wir sind amtierender Exportweltmeister. Und ausgerechnet der Vorsitzende der größten Regierungspartei dieses Landes geißelt die Folgen der Globalisierung? Kein Land hat sich aus guten Gründen mehr für die Erweiterung der Europäischen Union engagiert als Deutschland. Und gerade ein Jahr nach der Osterweiterung wird hierzulande in der größten Regierungspartei der Wettbewerb im größeren Europa beklagt? Nichts passt zusammen.
Franz Müntefering macht sich Sorgen um die Demokratie. Doch seine Kritik verstärkt nur die Gefahren, die er beschwört. Er stellt verantwortungslose Manager und internationale Finanzjongleure an den Pranger, stellt Feindbilder auf und verweist auf die Schuldigen für die Lage, die er beklagt. Es ist das unausgesprochene Eingeständnis, dass die SPD selber das Vertrauen aufgegeben hat, die Verhältnisse zu verbessern. Ein Parteivorsitzender macht Stimmung anstatt Politik.
Das mag zum Nutzen der Partei sein, wenn denn Geschlossenheit ein Wert an sich ist, es ist aber zum Schaden des Landes. Denn die Äußerungen Münteferings verbessern gewiss nicht die Neigung deutscher und ausländischer Unternehmer, hier zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Bundesregierung hat gestern, ebenso wie zuvor die führenden deutschen Wirtschafsforschungsinstitute und andere, die Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft für dieses Jahr etwa halbiert. Das Wachstum reicht nicht aus, um das Ziel, die Arbeitslosigkeit deutlich abzubauen, zu erreichen. Die Kapitalismuskritik des SPD-Vorsitzenden dämpft die Wachstumschancen weiter. Denn sie schwächt Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Politik. Der Schaden für das Land ist deutlich größer als es der Nutzen für die Partei sein kann.