Kritik nach Suizid von Jaber al-Bakr

"Offensichtlich war die Überwachung unzureichend"

Ein Insasse der Justizvollzugsanstalt (JVA) Leipzig blickt durch die Gitterstäbe
Der Terrorverdächtige al-Bakr saß in der JVA Leipzig ein. In seiner Zelle strangulierte er sich mit seinem Hemd, teilten die sächsischen Behörden mit. © picture alliance / dpa/ Sebastian Willnow
13.10.2016
Der Terrorverdächtige Jaber al-Bakr ist tot. Nach Angaben der sächsischen Staatskanzlei beging der 22-jährige Syrer Selbstmord. Sein Anwalt Alexander Hübner kritisierte die Behörden: "Offensichtlich war die Überwachung unzureichend. Sonst wäre das ja nicht passiert."
Der Terrorverdächtige Jaber al-Bakr hat sich nach Angaben des sächsischen Justizministers Gemkow durch Strangulation selbst getötet. Man habe ihn gestern Abend an seinem Hemd erhängt gefunden, sagte Gemkow auf einer Pressekonferenz in Dresden. Reanimierungsmaßnehmen seien erfolglos geblieben. Der Tod sei gegen 20.15 Uhr festgestellt worden.
Die Leiche des 22-Jährigen werde zurzeit obduziert. Gemkow betonte, dass bei dem Gefangenen keine akute Suizidgefahr festgestellt worden sei. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Leipzig, Jacob, erklärte, al-Bakr sei zunächst im Intervall von 15 Minuten in seiner Zelle kontrolliert worden. Später sei dann entschieden worden, die Abstände auf 30 Minuten zu verlängern. Aufgrund der Gefährlichkeit des Syrers habe man sich für eine Einzelunterbringung in einem Haftraum mit Zwischengitter entschieden.

"Ich bin einigermaßen fassungslos"

Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen sagte dessen Anwalt Alexander Hübner im Deutschlandfunk, er sei davon ausgegangen, dass aufgrund der Gesamtumstände eine besondere Beobachtung seines Mandanten stattfinde. "Offensichtlich war die Überwachung unzureichend. Sonst wäre das ja nicht passiert."
Die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag, Katja Meier, schrieb bei Twitter: "Wenn ein unter Dauerbeobachtung stehender Terrorist offenbar Suizid begeht, dann läuft in der sächsischen JVA gewaltig was schief." Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Steffi Lemke, forderte eine zügige Aufklärung. Der SPD-Politiker Nils Annen kommentierte, er sei sprachlos.

Maaßen: Anschlag kurzfristig möglich gewesen

Al-Bakr war am Montag in Leipzig festgenommen worden. Er hatte zuvor aus Chemnitz fliehen können, wo die Polizei in einer Wohnung hochexplosiven Sprengstoff fand. In Leipzig sprach er Landsleute an, die ihn zunächst aufnahmen, dann überwältigten und festhielten, bis die Polizei kam.
Ihm wird vorgeworfen, einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen geplant zu haben. Das sei binnen Tagen möglich gewesen, sagte Behördenpräsident Hans-Georg Maaßen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Kontakte zum IS

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat den Fall mit den Anschlägen in Paris und Brüssel verglichen, bei denen im November und März insgesamt mehr als 160 Menschen ums Leben kamen. Nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz unterhielt der 22-Jährige Beziehungen zur Terrormiliz IS.
In seinen Vernehmungen hat er nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur die drei Syrer der Mitwisserschaft bezichtigt. Inwieweit diese Aussage als glaubhaft eingestuft wurde, blieb zunächst unklar. Als mutmaßlicher Komplize sitzt der Mieter der Chemnitzer Wohnung in Untersuchungshaft, in der al-Bakr seine Anschlagsvorbereitungen laut Verfassungsschutz getroffen haben soll.
(mhi / jcs/hba/sh)
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