Kritik an Schonfrist für Insolvenzen

Warum Zombiefirmen gefährlich sind

05:56 Minuten
Ein Mitarbeiter einer Reinigungsfirma
Oft sind es kleinere Unternehmen, beispielsweise eine Reinigungsfirma, die nicht mitbekommen, dass ihr Auftraggeber schon längst pleite ist. © picture-alliance/Keystone
Christoph Niering im Gespräch mit Ute Welty  · 19.08.2020
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Wegen Corona versucht die Bundesregierung Insolvenzen hinauszuzögern und überlegt eine entsprechende Schonfrist zu verlängern. Insolvenzverwalter Christoph Niering hält das für den falschen Weg. Er rät zur frühzeitigen Sanierung von Pleitefirmen.
Eigentlich müssen Unternehmen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können oder überschuldet sind, einen Antrag auf Insolvenz stellen. Wegen der Coronakrise wurden die Firmen seit dem 1. März per Gesetz vorerst bis Ende September von dieser Pflicht befreit.
Rund 500.000 Betriebe sind eigentlich pleite, tauchen aber dadurch nicht mehr in der Statistik auf. Nun gibt es Forderungen, diese Schonfrist für hoch verschuldete Zombieunternehmen noch weiter zu verlängern.
"Das schadet vor allem den Gläubigern, das heißt den Lieferanten, den Vermietern, die befürchten müssen durch die Insolvenz eines solchen Zombiebetriebes auf ihren Forderungen sitzen zu bleiben, ihr Geld nicht zu bekommen", sagt Christoph Niering. Er ist Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter in Deutschland.

Warten hilft nicht

Man könne nur schwer feststellen, welche Pleite durch Corona zustande gekommen sei. Gleich zu Beginn der Pandemie habe es zunächst viele Insolvenzen von Unternehmen gegeben, die schon auf einem schwierigen Kurs gewesen seien, erklärt Christoph Niering. Da habe die Pandemie dazu beigetragen, dass die Insolvenz der einzige Ausweg gewesen sei. Ganz deutlich sei das bei Veranstaltern oder Reiseunternehmen.
"Es entsteht ein wenig der falsche Eindruck, dass durch das Zuwarten sich die Situation verbessert", kritisiert Niering die Überlegungen, diese Frist zu verlängern. Ein Hinausschieben, wie es die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) jetzt vorhabe, bis März 2021 werde nicht ausreichen.
"Denn bis dahin werden wir wohl leider noch keinen Impfstoff haben, der die Situation deutlich verbessert", so der Insolvenzverwalter.
Es stehe ein schwieriger Winter bevor, in dem das Zusammenleben und das Zusammenarbeiten nochmal erschwert sei.
"Die Insolvenz bedeutet nicht, dass ein Unternehmen dann zugemacht werden muss, sondern ermöglicht durch verschiedene Instrumentarien, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, dass man ein Unternehmen auch neu aufstellen kann", sagt Christoph Niering. Je später man das tue, desto geringer seien die Chancen auf Erfolg.
(gem)
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