Kritik an Deutscher Presse-Agentur

Warum eine genaue Wortwahl wichtig ist

07:32 Minuten
Menschen bei einer Mahnwache gegen Rassismus halten ein Plakat mit der Aufschrift "Kein Platz für Rassismus".
Wächtersbacher Bürger bei einer Mahnwache gegen Rassismus einen Tag nach dem Mordanschlag auf einen eritreischen Mann. © dpa/ Andreas Arnold
Henning Otte im Gespräch mit Vladimir Balzer · 24.07.2019
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Die Deutsche Presse-Agentur wird dafür kritisiert, dass sie bei ihrem Bericht über den Mordanschlag in Wächtersbach den Begriff "Fremdenfeindlichkeit" von der Staatsanwaltschaft übernahm. Dpa-Politikchef Henning Otte räumt anfängliche Fehler ein.
Nach dem Mordanschlag auf einen Eritreer in der hessischen Kleinstadt Wächtersbach sprach die zuständige Staatsanwaltschaft von einem mutmaßlich "fremdenfeindlichen" Motiv. Die Deutsche Presse-Agentur (DPA) habe diesen Begriff zunächst übernommen, weil es sich um ein Zitat handelte, sagt DPA-Politikchef Henning Otte. Dennoch wurde sie dafür in den sozialen Medien deutlich kritisiert. Hier hieß es, die Tat sei rassistisch motiviert gewesen.
"Wir haben in diesem Fall die Behörde zitiert, weil wir im ersten Moment die genauen Umstände der Tat nicht kannten", sagt Otte. "Und als Nachrichtenagentur können wir ein Zitat eben nicht einfach so ändern, weil es uns dann besser gefällt."

Fehlende Trennschärfe wurde korrigiert

Otte räumt aber ein, dass die Agentur es in diesem Fall versäumt hat, auch in einer Überschrift das Wort "fremdenfeindlich" als Zitat zu markieren. "Wir unterscheiden bei uns zwischen den Begriffen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Aber auch bei uns arbeiten nur Menschen und im ersten Moment hat da die Trennschärfe gefehlt, aber wir haben das dann korrigiert."
Grundsätzlich werde bei der Arbeit in einer Nachrichtenagentur vermieden, Geschehnisse zu werten. "Es gibt aber klare Definitionen zur Berichterstattung bei so einer Tat wie in Wächtersbach. Dazu gibt es auch ein internes Handbuch, wie wir diese oben genannten Begriffe voneinander abgrenzen."

Zurückhaltung bei Wertungen

Der Begriff "Fremdenfeindlichkeit" stamme aus der Tätersperspektive und definiere das Opfer durch die negative Sicht des Täters. Diese Sicht wolle man sich nicht zu eigen machen, so Otte. Den Begriff "rassistisch" würde man bei der dpa aber nicht wählen, wenn zum Beispiel ein niederländischer Tourist in Deutschland angegriffen würde. "Da wäre es legitim, von Fremdenfeindlichkeit zu sprechen. Da man aber dem Tourist auf den ersten Blick nicht ansehen kann, ob er niederländisch ist, halten wir uns anfangs mit solchen Einordnungen und Wertungen zurück."
Wenn die Agentur - wie im Fall Wächtersbach - kritisiert werde, nehme man das ernst, sagt Otte. Er begrüße deswegen die Debatte in den sozialen Medien über solche Begriffe:
"Wir schauen uns das an und überlegen, ob wir das gemäß unseren Richtlinien richtig gemacht haben oder ob da nachgearbeitet werden muss, ob unsere Definitionen neu angepasst werden müssen. Solche Dinge geschehen bei uns regelmäßig, und es gibt auch Absprachen mit anderen Agenturen, wenn es um grundsätzliche Fragen geht."
(rja)
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