Kritik an Arbeit des FBI

Von Marcus Pindur · 22.04.2013
Von den Brüdern, die das Attentat auf den Boston Marathon verübten, war der Ältere zwei Jahre vor dem Anschlag im Visier des FBI. US-Politiker, Demokraten wie Republikaner, fordern von der Bundespolizei lückenlose Aufklärung, warum der in die USA immigrierte Tamerlan Zarnajev damals laufen gelassen wurde.
Viele Fragen, weitaus mehr Fragen als Antworten gibt es drei Tage nach der Festnahme eines der Attentäter auf dem Boston Marathon. Präsident Obama stellte die drängendste Frage bereits kurz, nachdem der Täter aufgespürt worden war.

"Warum wurden junge Männer so gewalttätig, die hier als Teil unserer Gemeinden und unseres Landes aufgewachsen sind und hier studiert haben? Wie haben sie diesen Anschlag geplant und ausgeführt? Und: Haben sie dabei Unterstützung bekommen? Die Familien derjenigen, die sinnlos getötet wurden, haben Antworten verdient."

Eine der Antworten scheint zu sein, dass besonders der ältere der beiden Brüder eine Radikalisierung durchlaufen hat, die ins islamistisch-extremistische Milieu verweist. Der 26-Jährige war nach einem Hinweis russischer Sicherheitsbehörden bereits 2011 vom FBI verhört worden – wegen angeblicher Kontakte zu radikalen Islamisten.

Tamerlan Zarnajev verbrachte die ersten sechs Monate des vergangenen Jahres in Dagestan. Nach seiner Rückkehr richtet er eine Facebook-Seite ein, auf der er Videos eines bekannten tschetschenischen Dschihadisten platzierte. Woran sich wieder eine ganze Reihe neuer Fragen anschließt.

"Er radikalisierte sich in diesen sechs Monaten. Wo war das und wie genau geschah das? Das Verhalten des FBI ist hier wichtig. Denn er ist auf ihrem Radarschirm aufgetaucht, und sie haben ihn laufen gelassen. Warum hat man ihn nicht genauer unter die Lupe genommen? Ich würde auch gerne wissen, was genau die Russen über ihn wissen. Denn ich gehe davon aus, dass sie ihn beobachtet haben, als er in Russland war."

… so der Vorsitzende des Heimatschutzausschusses im Repräsentantenhaus, der Republikaner Michael McCaul.

Die Frage, warum das FBI den älteren Zaranayev-Bruder nicht genauer beobachtete, wird auch von Demokraten gestellt, so von Senator Charles Schumer aus New York.

"Es müssen eine Menge Fragen beantwortet werden. Er ist einmal vom FBI befragt worden. Was haben sie herausgefunden, was ist ihnen entgangen? Dann ist er nach Russland, nach Tschetschenien gereist. Warum wurde er nicht verhört, als er zurückkam? Ganz sicher müssen da Fragen beantwortet werden."

Antworten anderer Art hat bereits kurz nach der Festnahme Peter King, republikanischer Abgeordneter aus New York und ehemaliger Vorsitzender des Heimatschutzausschusses, gegeben. Man müsse die geplante Reform der Immigrationsgesetze noch einmal neu überdenken und die Sicherheitsüberprüfungen neuer Einwanderer verschärfen.

Doch dies trifft auf scharfe Ablehnung bei den republikanischen Senatoren, die gemeinsam mit demokratischen Kollegen eine Immigrationsreform ausgearbeitet haben. Der republikanische Senator Lindsey Graham lehnt die Verzögerungstaktik seiner konservativen Parteifreunde strikt ab.

"Ich habe mich jetzt acht Jahre damit beschäftigt. Und wir müssen aufhören darüber zu reden und handeln. Wir haben jetzt eine sehr gute Lösung erreicht. Sie kann diskutiert werden, man kann dafür oder dagegen stimmen. Aber das darf kein Vorwand sein, die Einwanderungsreform zu stoppen."

Wann gegen den überlebenden Attentäter Anklage erhoben wird, ist unklar. Das hänge auch von seinem Gesundheitszustand ab, hieß es von den Justizbehörden. Wenn ihm ein Prozess vor einem Bundesgericht gemacht wird, dann droht dem 19-jährigen Dschokhar Zarnajew die Todesstrafe.

Dieser Beitrag lief auch in den "Informationen am Morgen" des Deutschlandfunks.