Kritik am Bush-Besuch in Stralsund
Der stellvertretende Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Methling, hat seine Beteiligung an Protesten, die den Besuch von US-Präsident George Bush begleiten, gegen Kritik verteidigt. Auf der zentralen Protestkundgebung in Stralsund spreche er nicht als Vertreter der Landesregierung, sondern als stellvertretender Bundesvorsitzender der Linkspartei.PDS, erklärte Methling.
IChristopher Ricke: Guten Morgen, Herr Methling.
Wolfgang Methling: Schönen guten Morgen.
Ricke: Wissen Sie denn nicht, was sich gehört?
Methling: Ich glaube schon, dass ich weiß, was sich gehört. Trotzdem ist es, denke ich, in einem demokratisch verfassten Land möglich, politisch seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Sonst müsste ich ja die Frage stellen, ab welcher öffentlichen Funktion man seine Meinung nicht mehr sagen darf. Im Übrigen stelle ich fest, dass bei Staatsbesuchen sogar sehr oft die Forderung erhoben wird, dass man sich kritisch zu bestimmten Punkten in der Politik verhält, wenn chinesische Staatschefs, wenn Jelzin zu uns gekommen ist oder wenn Putin zu uns kommt.
Und ich denke, das muss auch möglich sein, wenn Herr Bush kommt, dass man dieses kritisiert. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist Gastgeber, selbstverständlich, der Ministerpräsident empfängt. Und wenn ich zu dieser Demonstration gehe, dann gehe ich natürlich nicht als Vertreter der Landesregierung, sondern unter anderem als stellvertretender Bundesvorsitzender der Linkspartei.PDS.
Ricke: Ja, aber der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei.PDS oder auch der Professor für Tiergesundheitslehre, der ist natürlich nicht so interessant wie der stellvertretende Ministerpräsident. Sie vereinen all diese Funktionen auf sich - oder können Sie das trennen?
Methling: Nein, natürlich ist man nicht schizophren. Und insofern muss man sich dann schon genau überlegen, was man tut und was man nicht tut. Also ich habe die Gelegenheit, und ich nutze sie, dass ich wie andere Menschen auch - Sie haben ja die Anteile der Bevölkerung genannt, wie sie diesen Bush-Besuch einschätzen -, dass ich bei dieser Gelegenheit deutlich machen kann, dass ich an dieser Politik vieles auszusetzen habe. Und ich denke, das ist mein gutes Recht und niemand kann dieses einschränken.
Ich bin sehr erstaunt, dass Menschen erstaunt sind, dass man seine Meinung sagt, unabhängig davon, welche politische Position man hat. Im direkten Gespräch mit Herrn Bush ist mir das nicht möglich. Ich bin auch gar nicht eingeladen zu irgendeiner Veranstaltung. Es ist ja ohnehin ein eigenartiger Besuch: Man lädt ganz ausgewählte Menschen ein. Ich glaube nicht, dass Herr Bush ein genaues Bild von Mecklenburg-Vorpommern bekommt. Eigentlich hätte ich gedacht, er will dieses bekommen. Aber er hat nur handverlesene Menschen dort, die ihm seine Sicht der Geschichte darstellen. Und das ist auch eine ziemlich eingeschränkte Sicht offensichtlich.
Ricke: Herr Methling, es gibt ja noch den Blick in den Terminkalender. Es gibt die aufziehenden Landtagswahlen, Sie sind mitten im Wahlkampf. Und da gibt es natürlich den Verdacht, dass Ihnen das gerade recht kommt, dass Sie sich gerade jetzt gerne schlecht benehmen, sich positionieren, weil das im Wahlkampf Stimmen bringen könnte. Können Sie dieses so einfach entkräften oder stinkt das doch ein klein wenig?
Methling: Also das ist doch geradezu absurd, was ich hin und wieder höre. Sie wiederholen ja nur die Fragen, die sonst aufgeworfen werden, hin und wieder. Also Frau Merkel hat Herrn Bush zum Wahlkampf eingeladen, zur Unterstützung der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Und jetzt diejenigen, die diesen Besuch kritisieren, dafür zu schelten, dass sie nur Wahlkampf machen, also das ist ja das Absurdeste, was man überhaupt schlussfolgern kann.
Dass man bei dieser Gelegenheit sich artikuliert, ist völlig normal. Ich habe das übrigens schon vor drei Jahren gemacht und da war von Wahlkampf überhaupt nichts zu spüren. Also diesen Zusammenhang, den muss man nicht herstellen. Dass es in diese Zeit fällt und möglicherweise solche Wirkungen hat, das muss man wohl einkalkulieren. Aber ich glaube, das muss auch Frau Merkel einkalkulieren und die Einladung von Herrn Bush wird auch für die CDU Nebenwirkungen haben, die vielleicht nicht so sind, wie sie sich das wünscht.
Ricke: Wenn so viel kalkuliert, wenn so viel nachgedacht wird, wenn kluge Menschen sich die politischen Konsequenzen ihres eigenen Handelns überlegen, dann könnte man ja sagen: Natürlich gibt es Artikel acht des Grundgesetzes, Versammlungsfreiheit; natürlich darf auch der stellvertretende Ministerpräsident auf eine Demo gehen und seine politische Meinung äußern. Aber muss er da sprechen? Gibt es da diesen Qualitätsunterschied? Haben Sie darüber nachgedacht, sich an einer Protestkundgebung zu beteiligen und auf dieser Kundgebung zu sprechen?
Methling: Also ich betone noch einmal: Ich nehme dort nicht als stellvertretender Ministerpräsident teil, nicht als Vertreter der Landesregierung, sondern als Politiker der Linkspartei. Und es treten verschiedene Politiker dort auf. Man hat mich gebeten, auf einer Auftaktkundgebung ein paar Worte zu sagen und dem wollte ich mich nicht entziehen. Ich kann auch qualitativ diesen Unterschied nicht ausmachen. Ich kann mich ja nicht sozusagen dort vergraben und irgendwo im Hintergrund halten nach der Devise: "Hoffentlich sieht keiner, dass ich da bin!" Das macht ja auch keinen Sinn. Also wenn, dann kann man sich auch gleich so bekennen. Ich denke, die Medien werden ohnehin vermerken, dass ich da bin, ob ich spreche oder nicht.
Ricke: Haben Sie denn etwas mit Ihrem Ministerpräsidenten, mit Harald Ringstorff ausgemacht? Ich meine, es sieht ja ein bisschen eigenartig aus: Der eine geht zum Händeschütteln, der andere ballt die Faust. Und nach 36 Stunden ist der Besuch vorbei, dann muss man ja wieder miteinander. Haben Sie da etwas abgesprochen?
Methling: Also es wird ja immer der Eindruck erweckt, als ob es einen furchtbaren Koalitionskrach gäbe. Also den habe ich zumindest nicht wahrgenommen. Natürlich ist der Ministerpräsident informiert über das, was ich mache. Und ich bin einigermaßen informiert über das, was er macht. Er hat eine Einladung bekommen, den amerikanischen Präsidenten gestern zu empfangen, und ist heute in Stralsund dabei, um ihn zu empfangen. Er hat gestern in letzter Minute eine Einladung bekommen zum Grillabend - eine unglaubliche Entgleisung des Protokolls, den Ministerpräsidenten in letzter Minute einzuladen, nachdem die anderen schon Tage und Wochen vorher eingeladen wurden. Wahrscheinlich war ihnen das dann peinlich, die selektive Einladung. Und insofern denke ich, der Ministerpräsident hat seine Rolle zu spielen, die wird er spielen. Und ich habe meine Möglichkeit, dort auf einer Kundgebung zu zeigen, dass ich die Politik des amerikanischen Präsidenten kritisiere. Und ich will diese Punkte wenigstens noch mal benennen ...
Ricke: Ja.
Methling: ... damit wir nicht nur formal sprechen. Also ich kritisiere, dass die Vereinigten Staaten sich in der Rolle sehen als Beherrscher der Welt, der auch kriegerische Mittel durchaus einkalkuliert und diese einsetzt, mit Atomwaffeneinsatz droht, das völlig hemmungslos in vielen Ländern gemacht wird und dass man mit Krieg keinen Terror erfolgreich bekämpfen kann. Das Zweite: Der Umgang mit den Kriegsgefangenen in Guantánamo. Ein Land, das Gralshüter der Demokratie, des Humanismus sein will, darf so mit Kriegsgefangenen nicht ...
Ricke: Herr Methling, bitte die Ansprache, die Sie heute auf der Demo halten, müssen wir jetzt, kurz vor acht, glaube ich, nicht zu Ende hören.
Methling: Ja bloß, ich denke, wenn Sie ein Sender sind, der sich mit Kultur beschäftigt, dann sollten doch auch inhaltliche Gründe wichtig sein …
Ricke: Unbedingt. Deswegen sprechen wir miteinander. Vielen Dank, Wolfgang Methling.
Wolfgang Methling: Schönen guten Morgen.
Ricke: Wissen Sie denn nicht, was sich gehört?
Methling: Ich glaube schon, dass ich weiß, was sich gehört. Trotzdem ist es, denke ich, in einem demokratisch verfassten Land möglich, politisch seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Sonst müsste ich ja die Frage stellen, ab welcher öffentlichen Funktion man seine Meinung nicht mehr sagen darf. Im Übrigen stelle ich fest, dass bei Staatsbesuchen sogar sehr oft die Forderung erhoben wird, dass man sich kritisch zu bestimmten Punkten in der Politik verhält, wenn chinesische Staatschefs, wenn Jelzin zu uns gekommen ist oder wenn Putin zu uns kommt.
Und ich denke, das muss auch möglich sein, wenn Herr Bush kommt, dass man dieses kritisiert. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist Gastgeber, selbstverständlich, der Ministerpräsident empfängt. Und wenn ich zu dieser Demonstration gehe, dann gehe ich natürlich nicht als Vertreter der Landesregierung, sondern unter anderem als stellvertretender Bundesvorsitzender der Linkspartei.PDS.
Ricke: Ja, aber der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei.PDS oder auch der Professor für Tiergesundheitslehre, der ist natürlich nicht so interessant wie der stellvertretende Ministerpräsident. Sie vereinen all diese Funktionen auf sich - oder können Sie das trennen?
Methling: Nein, natürlich ist man nicht schizophren. Und insofern muss man sich dann schon genau überlegen, was man tut und was man nicht tut. Also ich habe die Gelegenheit, und ich nutze sie, dass ich wie andere Menschen auch - Sie haben ja die Anteile der Bevölkerung genannt, wie sie diesen Bush-Besuch einschätzen -, dass ich bei dieser Gelegenheit deutlich machen kann, dass ich an dieser Politik vieles auszusetzen habe. Und ich denke, das ist mein gutes Recht und niemand kann dieses einschränken.
Ich bin sehr erstaunt, dass Menschen erstaunt sind, dass man seine Meinung sagt, unabhängig davon, welche politische Position man hat. Im direkten Gespräch mit Herrn Bush ist mir das nicht möglich. Ich bin auch gar nicht eingeladen zu irgendeiner Veranstaltung. Es ist ja ohnehin ein eigenartiger Besuch: Man lädt ganz ausgewählte Menschen ein. Ich glaube nicht, dass Herr Bush ein genaues Bild von Mecklenburg-Vorpommern bekommt. Eigentlich hätte ich gedacht, er will dieses bekommen. Aber er hat nur handverlesene Menschen dort, die ihm seine Sicht der Geschichte darstellen. Und das ist auch eine ziemlich eingeschränkte Sicht offensichtlich.
Ricke: Herr Methling, es gibt ja noch den Blick in den Terminkalender. Es gibt die aufziehenden Landtagswahlen, Sie sind mitten im Wahlkampf. Und da gibt es natürlich den Verdacht, dass Ihnen das gerade recht kommt, dass Sie sich gerade jetzt gerne schlecht benehmen, sich positionieren, weil das im Wahlkampf Stimmen bringen könnte. Können Sie dieses so einfach entkräften oder stinkt das doch ein klein wenig?
Methling: Also das ist doch geradezu absurd, was ich hin und wieder höre. Sie wiederholen ja nur die Fragen, die sonst aufgeworfen werden, hin und wieder. Also Frau Merkel hat Herrn Bush zum Wahlkampf eingeladen, zur Unterstützung der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Und jetzt diejenigen, die diesen Besuch kritisieren, dafür zu schelten, dass sie nur Wahlkampf machen, also das ist ja das Absurdeste, was man überhaupt schlussfolgern kann.
Dass man bei dieser Gelegenheit sich artikuliert, ist völlig normal. Ich habe das übrigens schon vor drei Jahren gemacht und da war von Wahlkampf überhaupt nichts zu spüren. Also diesen Zusammenhang, den muss man nicht herstellen. Dass es in diese Zeit fällt und möglicherweise solche Wirkungen hat, das muss man wohl einkalkulieren. Aber ich glaube, das muss auch Frau Merkel einkalkulieren und die Einladung von Herrn Bush wird auch für die CDU Nebenwirkungen haben, die vielleicht nicht so sind, wie sie sich das wünscht.
Ricke: Wenn so viel kalkuliert, wenn so viel nachgedacht wird, wenn kluge Menschen sich die politischen Konsequenzen ihres eigenen Handelns überlegen, dann könnte man ja sagen: Natürlich gibt es Artikel acht des Grundgesetzes, Versammlungsfreiheit; natürlich darf auch der stellvertretende Ministerpräsident auf eine Demo gehen und seine politische Meinung äußern. Aber muss er da sprechen? Gibt es da diesen Qualitätsunterschied? Haben Sie darüber nachgedacht, sich an einer Protestkundgebung zu beteiligen und auf dieser Kundgebung zu sprechen?
Methling: Also ich betone noch einmal: Ich nehme dort nicht als stellvertretender Ministerpräsident teil, nicht als Vertreter der Landesregierung, sondern als Politiker der Linkspartei. Und es treten verschiedene Politiker dort auf. Man hat mich gebeten, auf einer Auftaktkundgebung ein paar Worte zu sagen und dem wollte ich mich nicht entziehen. Ich kann auch qualitativ diesen Unterschied nicht ausmachen. Ich kann mich ja nicht sozusagen dort vergraben und irgendwo im Hintergrund halten nach der Devise: "Hoffentlich sieht keiner, dass ich da bin!" Das macht ja auch keinen Sinn. Also wenn, dann kann man sich auch gleich so bekennen. Ich denke, die Medien werden ohnehin vermerken, dass ich da bin, ob ich spreche oder nicht.
Ricke: Haben Sie denn etwas mit Ihrem Ministerpräsidenten, mit Harald Ringstorff ausgemacht? Ich meine, es sieht ja ein bisschen eigenartig aus: Der eine geht zum Händeschütteln, der andere ballt die Faust. Und nach 36 Stunden ist der Besuch vorbei, dann muss man ja wieder miteinander. Haben Sie da etwas abgesprochen?
Methling: Also es wird ja immer der Eindruck erweckt, als ob es einen furchtbaren Koalitionskrach gäbe. Also den habe ich zumindest nicht wahrgenommen. Natürlich ist der Ministerpräsident informiert über das, was ich mache. Und ich bin einigermaßen informiert über das, was er macht. Er hat eine Einladung bekommen, den amerikanischen Präsidenten gestern zu empfangen, und ist heute in Stralsund dabei, um ihn zu empfangen. Er hat gestern in letzter Minute eine Einladung bekommen zum Grillabend - eine unglaubliche Entgleisung des Protokolls, den Ministerpräsidenten in letzter Minute einzuladen, nachdem die anderen schon Tage und Wochen vorher eingeladen wurden. Wahrscheinlich war ihnen das dann peinlich, die selektive Einladung. Und insofern denke ich, der Ministerpräsident hat seine Rolle zu spielen, die wird er spielen. Und ich habe meine Möglichkeit, dort auf einer Kundgebung zu zeigen, dass ich die Politik des amerikanischen Präsidenten kritisiere. Und ich will diese Punkte wenigstens noch mal benennen ...
Ricke: Ja.
Methling: ... damit wir nicht nur formal sprechen. Also ich kritisiere, dass die Vereinigten Staaten sich in der Rolle sehen als Beherrscher der Welt, der auch kriegerische Mittel durchaus einkalkuliert und diese einsetzt, mit Atomwaffeneinsatz droht, das völlig hemmungslos in vielen Ländern gemacht wird und dass man mit Krieg keinen Terror erfolgreich bekämpfen kann. Das Zweite: Der Umgang mit den Kriegsgefangenen in Guantánamo. Ein Land, das Gralshüter der Demokratie, des Humanismus sein will, darf so mit Kriegsgefangenen nicht ...
Ricke: Herr Methling, bitte die Ansprache, die Sie heute auf der Demo halten, müssen wir jetzt, kurz vor acht, glaube ich, nicht zu Ende hören.
Methling: Ja bloß, ich denke, wenn Sie ein Sender sind, der sich mit Kultur beschäftigt, dann sollten doch auch inhaltliche Gründe wichtig sein …
Ricke: Unbedingt. Deswegen sprechen wir miteinander. Vielen Dank, Wolfgang Methling.