Kristofer Aström: Songs über Liebe, Leben und Leiden

Deprimierend – aber wunderschön

Kristofer Aström bei einem Konzert auf dem Reeperbahnfestival am 25.09.2010.
Kristofer Aström bei einem Konzert auf dem Reeperbahnfestival 2010. © dpa /picture-alliance
Dirk Schneider im Gespräch mit Mathias Mauersberger |
Unglückliche Liebe, Einsamkeit und Tod – der schwedische Singer-Songwriter Åström schreibt gerne düstere Songs von melancholischer Schönheit. Einige von ihnen hat er nun als "Quadrilogy" neu herausgebracht. Kritiker Dirk Schneider ist begeistert.
Dirk Schneider: Das Tolle ist ihre Intensität, mich hat das wirklich umgehauen, als ich diese Musik gehört habe, dieser Gesang, man hat den Eindruck, der junge Kristofer Åström legt da wirklich sein ganzes Leben rein, seine ganze Existenz. Das hat mich natürlich auch an andere Musik erinnert, die Leute, die mir eingefallen sind, waren die amerikanischen Sänger Elliott Smith und Vic Chesnutt und der Norweger Saint Thomas. Dann fiel mir aber auch gleich auf, wie makaber das ist: Diese drei Leute waren wirklich Musiker, die um ihr Leben musiziert und gesungen haben, und alle drei haben sich das Leben genommen. Ich habe mit Kristofer Åström gesprochen und ihn danach gefragt, und das ist seine Antwort:
Kristofer Åström: Damals habe ich schon über Selbstmord nachgedacht, als Ausweg aus dem Dilemma, in dem ich mich sah. Dabei war mein Leben damals gar nicht so schlecht, wie es mir vorkam. Aber ich glaube nicht, dass ich jemals in der Lage gewesen wäre, einen solchen Plan auszuführen. Ich war noch nicht so tief unten.
Dirk Schneider: Die ist auch noch düster, aber sie klingt anders, sie berührt mich auch nicht so sehr. Es wirkt so, als habe Åström darauf eine viel größere Distanz zu dem, was er singt, und das hat er auch bestätigt:
Kristofer Åström: Darauf befinden sich zwei der düstersten Songs, die ich jemals geschrieben habe, vor allem das Titelstück "Hold On Lioness". Es handelt vom Leben, von Beziehungen, der Familie... Also, kurz gesagt, es handelt von einer Scheidung. Aber ich war selbst nicht in so einer düsteren Verfassung, als ich es geschrieben habe. Heute erzähle ich Geschichten, und natürlich fließen da auch Dinge aus meinem Leben ein, aber ich schreibe nicht mehr nur über mich selbst.
Mathias Mauersberger: Dann kann man also sagen, dass im Fall von Kristofer Åström Leid zu guter Kunst geführt hat. Aber dann können wir uns darüber freuen, dass es dem Mann heute besser geht?

"Das Schwierigste im Leben ist Liebe zu finden"

Dirk Schneider: Ja, und er macht ja immer noch sehr gute Musik. Ich habe ihn gefragt, was für ihn das Schwierigste im Leben ist, und was er am Schönsten findet am Leben. Er hat eine schöne Antwort darauf gegeben, und dabei habe ich noch etwas ganz anderes erfahren:

Kristofer Åström: Ich würde auf beide Fragen antworten: Die Liebe. Es ist das Schwierigste im Leben, Liebe zu finden und sie zu erhalten, sie anzunehmen und zu geben. Aber das ist auch das Schönste, das es gibt. Ich habe vorletztes Wochenende geheiratet, und es war der unglaublichste Tag in meinem Leben. Es ging den ganzen Tag nur um Liebe, es war alles Liebe. Es war viel intensiver, als ich es mir je erträumt hatte, und eigentlich hatte ich so etwas gar nicht erwartet.
Mathias Mauersberger: Also, ein glücklicher Kristofer Åström gibt noch einmal einen Einblick in sein Frühwerk aus unglücklichen Zeiten, "Quadrilogy" heißt die Sammlung von vier EPs, die mein Kollege Dirk Schneider wärmstens empfiehlt,vielen Dank dafür, und wir hören jetzt mal ein ganzes Stück daraus, "Never Gonna Get To You" aus dem Jahr 2004.
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